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Obama und Putin treffen sich: Warum das Häuptlings-Powwow große Folgen für Deutschland und die Flüchtlinge haben wird

Wladimir Putin und Barack Obama 2012 bei einem G20-Gipfel. (Bild: dpa)

Großes Kino in New York: Am Rande des UN-Gipfels beraten die Präsidenten Amerikas und Russlands über die Zukunft Syriens. Das ist ein wichtiger Meilenschritt. Das heutige Gespräch könnte ein Anfang vom Ende der syrischen Flüchtlingsbewegungen sein.

Eine Analyse von Jan Rübel

Jetzt wollen alle miteinander reden. Barack Obama mit Wladimir Putin, Angela Merkel mit Baschar al-Assad. Die Präsidenten der USA und Russlands bringen endlich Bewegung in einen Konflikt, an den wir uns allzu sehr gewöhnt haben: den syrischen Bürgerkrieg. Sie wollen sich für eine Begrenzung des Leids dort einsetzen. Das wird auch für Deutschland wichtig sein.

Seit 2011 zerfällt das Land in der Levante. Es ist kein kleines Land, ein wichtiger Player im verästelten Nahen Osten. Das Leid der Kämpfe zwischen Regime, freier Opposition und fanatischen Gotteskriegern wie dem „Islamischen Staat“ (IS) hat eine große Flüchtlingsbewegung ausgelöst. Tatenlos hat auch unsere Bundesregierung dabei zugesehen – die Flüchtlinge waren weit weg. Die meisten gelangten zum Beispiel ins Nachbarland Libanon und damit 1,5 Millionen Flüchtlinge auf vier Millionen Einwohner. Schon vor Monaten zeterten einige Landräte in Deutschland, die Kapazität zur Aufnahme von Asylbewerbern sei erschöpft – was sollen ihre libanesischen Amtskollegen dann sagen?

Nun erreicht diese Flüchtlingsbewegung auch Deutschland. Und nur deshalb kommt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf die Idee, man müsse mit Syriens Diktator Assad reden, um das Problem in seinem Land anzugehen. Sie hat Recht, aber es bleibt zynisch, dass für ein Ende der westlichen Passivität so viele Menschen sterben mussten.

Die Rechnung ist einfach: Enden die Kämpfe in Syrien, werden viele Flüchtlinge sich nicht weiterhin auf den Weg nach Europa machen, sondern ihr Heimatland wieder aufbauen wollen.

Gemeinsame Interessen können gefunden werden

Obama und Putin haben indes unterschiedliche Interessen. Der US-Präsident muss eingestehen, dass es nicht ausgereicht hat, einige Rebellengruppen zu bewaffnen. Und Putin fürchtet um den einzigen Mittelmeervorposten der russischen Marine – in Syrien, geschützt vom Assad-Regime. Diese Interessen können durchaus gebündelt werden: Vor allem gegen den IS, denn den mögen weder Amerikaner noch Russen. Mit Assad dagegen ist das so eine Sache: Der ist gar nicht so ein unerbittlicher Gegner des IS, wie er vorgibt zu sein. Seine Soldaten und die mit ihm verbundenen Privatschärgen haben in den vergangenen Jahren um den IS einen großen Bogen gemacht und genüsslich dabei zugesehen, wie dieser die freien Rebellen in Syrien angriff. Assad kann also kein richtiger Partner sein. Er hat nur im Kopf, seinen Kopf zu retten. Dem würde er alles unterordnen. Auch sein Land und dessen Einwohner.

Deshalb muss jetzt das geschehen: Die Kämpfe des Westens und Russlands gegen den IS müssen koordiniert werden. Die Kurden, vor allem die PKK, müssen in diese Strategie eingebunden werden. Der türkischen Regierung darf also kein Handlungsspielraum erlaubt werden, sich auf Kosten der Kurden vermeintlich gegen den IS zu engagieren. Will Assad da mitmachen – okay. Aber viel mehr gibt es nicht zu bereden.

Um den IS zu bekämpfen, braucht es keine Fassbomben gegen Zivilpersonen in Aleppo und anderen Städten. Assads Luftwaffe gehört mit Waffengewalt endlich an den Boden gefesselt. Das sollte Obama mit Putin besprechen.

Denn dann würde von allein eine Lösung langsam am Horizont erscheinen. Assad ist kein Herrscher, auf den alles in seinem Land zuläuft. Er vertritt Kreise, Regionen, eine Konfession. Und die Zeit wird kommen, in der all diese von ihm „Vertretenen“ davon überzeugt sind, ohne ihn besser über die Runden zu kommen.

Alte und neue Strukturen müssen sich vereinen

Daher ist es richtig, nicht auf die völlige Zerstörung der staatlichen Strukturen in Syrien zuzuarbeiten. Die Behörden und die Machtzweige der Baath-Partei wären notwendig, um irgendwann die Syrer ihr Land selbst regieren zu lassen – und das sollte doch das Ziel sein. Die Fehler im Irak könnten somit vermieden werden: Nach dem Krieg des Westens 2003 wurde alles zerschlagen, was nur nach altem Staat roch – und so verwandelten die Amerikaner den Irak in Qaidaland.

Syrer können angesichts des internationalen Theaters um ihr Land nur weinen. Aber nichts ist zu spät, denn das Leiden ist auch jetzt. Deshalb ist es wichtig, dass Obama und Putin heute zu einem gemeinsamen Weg in Sachen Syrien finden. Und dass sie Assad dabei nicht tätscheln; das wäre weder notwendig noch hilfreich. Die Alternative jedenfalls zu all diesem Gerede und Engagement ist klar: Noch viel mehr Flüchtlinge, die sich aufmachen nach Europa.

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