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Rübels Übeltäter: Erika Steinbach fleddert das Ansehen Helmut Schmidts

Wieder einmal im Ton vergriffen: Erika Steinbach von der CDU
Wieder einmal im Ton vergriffen: Erika Steinbach von der CDU

Alle Welt trauert um den Altkanzler. Alle? Nein, eine denkt gleich nach vorn: Erika Steinbach (CDU) versucht aus den Lobeshymnen für den gestern verstorbenen Helmut Schmidt politisches Kapital für ihre Flüchtlingshetze zu schlagen. Verdorbener geht es kaum.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Erika Steinbach ist konsequent, das muss man ihr lassen. Wo immer der Politikbetrieb mal zur Ruhe kommt, haut sie in die Tasten ihres Smartphones hinterlässt Tweets wie ein platzender Ballon beim Mittagsschlaf. Oder beim Nachdenken. Oder beim Trauern. Erika Steinbach ist die Nervensäge der deutschen Politik.

Dass sie dabei auch jeden Anstand vermissen lässt und sie um der Aufmerksamkeit willen über sprichwörtliche Leichen geht, bewies die CDU-Bundestagsabgeordnete und langjährige Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV) am Dienstagnachmittag:

„Altkanzler Helmut Schmidt ist tot. Wir haben in unserer Fraktionssitzung seiner in Respekt gedacht", schrieb Steinbach auf Twitter. Nunja. Dann ging es los, sie stellte dazu ein Zitat des SPD-Politikers aus dem Jahre 1981. „Wir können nicht mehr Ausländer verdauen, das gibt Mord und Totschlag“, hatte Schmidt 1981 auf einer Veranstaltung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) gesagt, so berichtet es unter anderem Schmidt-Biograf Theo Sommer in seinem 2010 erschienenen Buch „Unser Schmidt: Der Staatsmann und der Publizist“.

Steinbach hat den Riecher

Was will uns Steinbach damit sagen? Hält sie diese Worte für das wichtigste Vermächtnis Schmidts? Der in seinen 96 Jahren vieles sagte, auch vielen Unsinn, dessen Spitzname „Schmidt Schnauze“ war? Sie hätte auch aus den allein elf Werken des Altkanzlers aus den vergangenen sechs Jahren zitieren können, aber Steinbach hat den Riecher eines Jagdhunds. Ihre politische Formel ist banal: Sie hat eine politische Überzeugung - das mit den Flüchtlingen ist ihr womöglich zu viel, das muss wohl gestoppt. Und da man ihr schon längst nicht so viel Gehör schenkt, wie sie sich das wünscht, bemüht sie sich eines Kronzeugen für ihre Anti-Flüchtlings-Mission: Helmut Schmidt. Scham kennt ihr Wortschatz wohl nicht.

Und nun wird es interessant, warum Schmidt sowas sagte, auch wenn das Jahr 1981 nun kaum vergleichbar mit dem Jahr 2015 ist: Laut dem langjährigen „Zeit“-Journalisten Sommer habe der Kanzler damals geahnt, dass die Mehrheit der Deutschen die Einwanderung besonders aus der Türkei ablehnte. Die Begründung für seine Haltung lieferte er später nach Angaben von „Spiegel-Online“ auf einem Parteitag der Hamburger SPD hinterher. „Es gibt so eine unterschwellige Neigung bei Millionen Bürgern, auch Arbeitnehmern, den Ausländern für alles die Schuld zu geben“ - wie einst den Juden, fügte Schmidt hinzu. „Lasst uns das um Gottes Willen nicht mitmachen.“

Man könnte also sagen, Schmidt kam zu seiner Aussage aus Angst vor Leuten wie Steinbach. Mutig war das nicht vom damaligen Kanzler, und auch „verdauen“ ist als Ausdruck recht daneben, aber Schmidts Grundkonstante war immer, dem eigenen Volk zu misstrauen: Das zeigt sich bei seinem Einsatz für das Mehrheitswahlrecht, gegen Volksabstimmungen, gegen die Herabsetzung der Volljährigkeit auf 18 Jahre und vieles mehr.

Eine prima Menschenrechtsbeauftragte

Was Schmidt von Steinbach indes unterscheidet: Über seine Aussagen ließ sich stets diskutieren, sie hatten Gewicht. Steinbach dagegen zwitschert Unsinn, oft bösen Unsinn. Hat es Mord und Todschlag durch die Einwanderungen der so genannten „Gastarbeiter“ gegeben? Nein. Lassen sich historische Prozesse einfach über einen Kamm scheren? Nein.

Steinbach ist Sprecherin für Menschenrechte und humanitäre Hilfe der Unionsfraktion im Bundestag. Weiß der Himmel, wie sie zu dieser Aufgabe kam. Der Union können Menschenrechte nicht allzu wichtig sein, wenn sie diese Steinbach überlassen, da macht man gleich den Bock zum Gärtner. Der Fauxpas der Politikerin ist nur einer von vielen, seit Jahren geht das so. Daher ist jetzt auch keine Rücktrittsforderung angebracht, sie würde auch ohne Amt weiter wursteln. Es gibt nur einen Wunsch: Das man einfach nicht mehr hinhört.

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