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Warum der BND spionieren muss

Deutschlands Auslandsgeheimdienst habe Freunde belauscht. Nun ja. Warum eigentlich nicht? (Bild: AFP)
Deutschlands Auslandsgeheimdienst habe Freunde belauscht. Nun ja. Warum eigentlich nicht? (Bild: AFP)


Das Gejammer ist groß: Deutschlands Auslandsgeheimdienst habe Freunde belauscht. Nun ja. Warum eigentlich nicht? Ein Blick auf unsere Freunde.



Ein Kommentar von Jan Rübel

Wir empören uns gern, darin sind wir jedenfalls eine Großmacht. Der US-Geheimdienst NSA zum Beispiel, der hat es mittlerweile in Deutschland zu einem Popstar gebracht: Sein Logo findet sich auf T-Shirts und Tragetaschen, immer mit satirischem Unterton. Hören die uns doch ab, die Bösen.

Klar geht das massenhafte Abfischen jeglicher elektronischer Kommunikation durch die NSA weltweit, wie es die Snowden-Affäre ans Licht gebracht hat, gar nicht. Umso toller konnten wir uns zurücklehnen und meinen: Mit den Schmuddelkindern aus den USA, mit denen haben wir nichts zu tun. Wir sind moralisch erhaben.

Dieses etwas hochnäsige Selbstbild hat am vergangenen Wochenende nun einen Knacks erhalten. Nicht nur wurden die Telefonate von zwei US-Außenministern durch den Bundesnachrichtendienst (BND) abgefangen, sondern die deutschen Schlapphüte nehmen auch Natopartner Türkei unter die Lupe. Die Linke scheit schon vom „Staat im Staate“ – dabei ist diese Reaktion so schräg wie das stete Richten unserer Zeigefinger auf Andere.

Viel Lärm um nichts

Was sollen Geheimdienste eigentlich tun? Hat der BND sich falsch verhalten? So gehe Geheimdienstarbeit auf Großmachtniveau, attestiert „Spiegel-Online“. Eine Übertreibung, schließlich machen die nur ihren Job. Und die Aufregung darüber ist ein Sturm im Wasserglas. Was ist denn tatsächlich passiert?

Die Telefonate der US-Außenminister wurden belauscht, als diese eine Krisenregion überflogen haben sollen, in denen der BND grundsätzlich seine Ohren aufgestellt hat. Das dürfen die Damen und Herren aus Pullach. Vorausgesetzt, die Darstellung stimmt, gilt solch ein Fang als „Beifang“. Hillary Clinton und John Kerry wurden nicht zielgerichtet angegangen, und ihre Gespräche wurden später gelöscht. So what. Die NSA dagegen betreibt Massenfischfang, da fahren Tanker und Segeljolle. Dass Amerikaner jetzt die deutschen Aktivitäten benutzen, um ihre eigene Geheimdienstarbeit zu rechtfertigen, ist ein eher plumper Versuch der Selbstreinwaschung.

Und die Türkei? Ganz ehrlich: Würde der BND sich nicht um die Türkei kümmern, um wen sonst? Jährlich geben wir Steuerzahler Millionen von Euro für den BND aus. Sollte er sich darauf beschränken, Zeitungsartikel auszuschneiden, könnten wir ihn günstiger kriegen. Aber Geheimaufklärung, also Informationen, die der Bundesregierung zur Einschätzung sensibler Lagen dienen sollen, tut in der Türkei Not: Der Nato-Partner (übrigens lediglich eine Entscheidung des Kalten Krieges, um seinerzeit die Sowjetunion einzukreisen) ist nicht wie Dänemark oder die Niederlande. In der Türkei werden nach wie vor Regierungsgegner weggesperrt, herrschen in den südöstlichen Regionen teilweise Kriegszustände. In der Türkei agiert die kurdische Gruppe PKK, die in Deutschland unter den Kurden nicht gerade sanft Gelder einsammelt. Und die Türkei war bis vor kurzem Hauptransferland für alle terrorwilligen Dschihadisten aus westlichen Ländern, um in Syrien und im Irak sich das erträumte Paradies zu erkämpfen. Erst durch Druck, und da werden Geheimdienstinformationen eine Rolle gespielt haben, hat die türkische Regierung ihren Kurs geändert und lässt Dschihad-Gruppen nicht mehr so frei agieren wie Tourismusagenturen.

Ein starker BND braucht eine starke Kontrolle

Die Diskussion über den BND ist also lästig. Sie führt nicht zu konstruktiven Ergebnissen, denn da wird Beifang mit Massenlausche verwechselt, Freund mit Partner. Man könnte ja einmal diskutieren, ob ein Staat ganz grundsätzlich ohne Schlapphüte auskommen könnte. Aber dieser Diskurs fände schnell ein Ende und den Konsens, dass man derweil wohl doch braucht.

Aber was wir noch mehr brauchen, ist ein klarer, kritischer und differenzierender Blick auf Geheimdienstarbeit. Was immer der BND treibt, die politische Kontrolle ist ein Witz. Dass der BND tatsächlich Dienstleister der Exekutive ist, welche wiederum der Legislative Rechenschaft schuldig ist – das vergisst so mancher in Pullach allzu gern. Das Parlament muss also mehr mitkriegen, mehr eingreifen. Und dann kann der BND auch gern auf Beifang gehen, oder in den kurdischen Bergen von Dorf zu Dorf.