Apple, eine Religion?

Der iGod: Wenn der verstorbene Steve Jobs ein Telefon zückte, spielten die Apple-Fans verrückt. (Bild: dpa)
Der iGod: Wenn der verstorbene Steve Jobs ein Telefon zückte, spielten die Apple-Fans verrückt. (Bild: dpa)

Jubelarien, Schreie, Umarmungen. Wenn Apple ein neues iPhone vorstellt, flippen Fans weltweit aus. Und wenn sie das Spielzeug dann in den Händen halten, kennt die Begeisterung keine Grenzen mehr. Sie haben ja extra stundenlang in der Kälte gewartet, um dann hunderte Euro für ein Handy ausgeben zu dürfen. Was für die einen übertriebene Hysterie ist, finden andere selbstverständlich. Die Verehrung des Logos mit dem angebissenen Apfel hat nie dagewesene Ausmaße angenommen. Wissenschaftler vergleichen Apple nun sogar mit Religion und Kirche.

Bei den Anhängern der wertvollsten Marke der Welt spricht man längst von Apple-Jüngern, die in die Shops pilgern. Dem Unternehmen wird ein Kult zugestanden, der verstorbene Chef Steve Jobs galt als Messias, als iGod, an den fest geglaubt wurde, ebenso wie an die Produkte, die sowieso die besten überhaupt sind. Weltweit huldigen abertausende dem Apfel-Gott. Und eine britische Studie belegte auch noch, dass Apple-Produkte bei den Fans religiöse Gefühle auslösen.

iGod Steve Jobs: der Messias mit dem angebissenen Apfel

Ist Apple also eine Religion? „Nein. Aber es gibt Ähnlichkeiten", sagt Kai-Uwe Hellmann, Leiter des Instituts für Konsum- und Markenforschung in Berlin. Bei der Zuordnung und Begründung von Religionen und Kirchen gebe es meist jemanden, der großes charismatisches Potenzial besitze, namentlich die Propheten. Bei Apple war dies bis zu seinem Tod 2011 Steve Jobs, seitdem versucht der neue CEO Tim Cook sein Bestes um in Jobs überdimensionale Fußstapfen zu treten.
„Zwischen Jobs und den Apple-Jüngern gab es eine Art von Führer-Gefolgschafts-Verhältnis", sagt Hellmann und erwähnt die perfekt inszenierten Produktvorstellungen. Bei diesen Veranstaltungen, sagt die kanadische Anthropologin Kirsten Bell, würden die Redner die Anwesenden auf die Marke, auf den Glauben einschwören. Die Versammlungen glichen religiösen Treffen. Das Apfel-Logo vergleicht Bell mit heiligen Symbolen. Apple verkaufe mehr als ein Produkt, sagt die Forscherin, eine ganze Lebenseinstellung. Auch Religionen versprechen ein besseres Leben.

Was Apple mit einer Sekte gemein hat

Apple habe aber auch Gemeinsamkeiten mit einer Sekte, sagt Hellmann. Manche Nutzer würden sich mitsamt ihrer Lebensführung der Apple-Ideologie unterwerfen. „Es gibt schon besessene Apple-User, die ihr Leben maßgeblich durch die Apple-Brille sehen", so Hellmann. Eine Religion aber sei Apple keineswegs. „Apple hat keine universale Ideologie, keine Antworten auf die zentralen Fragen des Lebens", sagt der Wissenschaftler. „Das ist perfektes Marketing, keine Religion." Man könne Apple eher mit der Sekte Scientology vergleichen, der ja eine beängstigende Strategie der Gehirnwäsche nachgesagt wird.

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Auch die Anthropologin Bell sagt: Religion wolle dem Leben einen Sinn geben und die Berufung der Menschen erklären. Der Vergleich der Computermarke mit Religion sei nur hilfreich, um die Begeisterung um die Firma zu verstehen. Denn klar ist auch: Den Apple-Managern geht es weniger um die Menschen als um das Geld, das diese in die Firmenkassen spülen. Nicht wenige Experten sind der Ansicht, das Unternehmen beute seine Kunden finanziell aus mit überteuerten Produkten. Man zahlt fürs Image, fürs Dazugehören.

Das Image der Marke habe in den vergangenen Jahren erheblich gelitten, sagt Hellmann. Wegen der Produktionsbedingungen, der Zensur eingereichter Apps oder der strategisch intendierten Inkompatibilität mit anderen Marken, was wiederum zu einer gewissen Abhängigkeit führe. Selbst der mittlerweile verstorbene, deutsche Apple-Experte Manfred J. Heinze wollte von dem Religionsvergleich nichts wissen. Apple sei einfach eine gute Lösung für einen Teil des Lebens.