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Facebook-Debüt: Bundesregierung geht auf Daumenfang

Kabinett stellt sich der Meinung von Wählern und Trollen

Elf Jahre nach der Gründung von Facebook hat nun auch die Bundesregierung das soziale Netzwerk für sich entdeckt. Seit einigen Tagen informiert das Bundespresseamt direkt über die Aktivitäten der Volksvertreter. Von der Eröffnung einer Landebahn im Kongo über Ukraine-Krise bis hin zu Verschwörungstheorien: So liefen die ersten Tage bei Facebook.

„Einen Blick in die Zukunft“ will die Facebook-Redaktion hier ausmachen (Bild: Facebook/Bundesregierung/Guido Bergmann)
„Einen Blick in die Zukunft“ will die Facebook-Redaktion hier ausmachen (Bild: Facebook/Bundesregierung/Guido Bergmann)


Austausch, guter Dialog, konstruktive Diskussionen: Bei der Beschreibung der gewünschten Kommunikation auf Facebook kann sich die Social-Media-Redaktion noch nicht ganz vom steifen Duktus des Bundespresseamts lösen. Wenigstens verirrt sich durchaus auch mal ein zwinkernder Smiley in einen Post. Denn wie heißt es so passend im „Netiquette“-Hinweis der Regierung: „Sarkasmus und Ironie führen in virtuellen Gesprächen schnell zu Missverständnissen.“ Und das will man weder bei Krisengipfeln mit Wladimir Putin noch bei Supertrollen im Internet.

Am 20. Februar um 4.40 Uhr hat die Facebook-Redaktion im Dienste des Kabinetts ihren Dienst aufgenommen. Regierungssprecher Steffen Seibert hieß die Besucher eigens in einem Begrüßungsvideo willkommen – direkt aus den Räumen der Social-Media-Redaktion. „Wir wollen Sie mit unserem Facebook-Auftritt so nah wie möglich an die Bundesregierung heranbringen“, versprach der ehemalige Nachrichtensprecher.

Ob sich diese angekündigte Nähe als tatsächlicher Mehrwert erweist oder lediglich in der Platzierung weniger schlagzeilenträchtigen Ereignissen besteht, bleibt abzuwarten. Gleich am ersten Tag berichtete die Facebook-Redaktion, dass Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in der Demokratischen Republik Kongo eine Landebahn eingeweiht hat. Fotos vom Besuch Bundeskanzlerin Angela Merkels (CDU) in einem bayerischen Siemens-Roboterwerk wurden bedeutungsschwanger mit „Ein Blick in die Zukunft“ eingeleitet. Statt Ehrfurcht vor dem fortschrittlichen Industriestandort Deutschland regten sich die Kommentatoren dann aber vor allem über den Abbau von Arbeitsplätzen durch die Automatisierung auf.

Der unweigerliche Nazi-Vergleich

Beleidigungen, gewaltverherrlichende oder rassistische Kommentare werden von der Facebook-Seite gelöscht. Einige Nutzer wollen jedoch massenhafte Löschungen ausgemacht haben und halten mit Verschwörungstheorien nicht hinter dem Berg. Es war nur eine Frage der Zeit, bis vermeintliche Verteidiger der Meinungsfreiheit die Bundesregierung mit der Nazi-Diktatur verglichen. Die Social-Media-Redakteure gehen angenehm gelassen mit solchen Anfeindungen um, verweisen auf die zahlreichen kritischen Meinungsäußerungen auf der Seite und schließen mit dem demokratischen Rat „Viel Spaß beim Diskutieren“.

Nicht immer fallen die Antworten so individuell aus. Manchmal erinnern sie auch an die standardisierten Textbausteine aus dem Kundenchat von Onlinehändlern. Beim heiklen Thema Ostukraine etwa wird gern auf die Aussage „Die Bundesregierung wird die Ukraine auf ihrem demokratischen Weg unterstützen“ zurückgegriffen. Dafür haben die Facebook-Redakteure in den Anfangstagen eine hohe Antwortfrequenz geschafft und die Chronik mit multimedialen Elementen wie etwa kurzen Videos aufgelockert. Die reißen den Zuschauer nicht immer vom Hocker. Dann aber ist man tatsächlich mal hautnah im Cockpit dabei, wie der Kanzler-Airbus zu Merkels Papst-Audienz in Rom landet.

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