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Gefährliches Phänomen „Sexting”: Wenn eigene Nacktbilder im Internet landen

Gefährlicher Trend unter Jugendlichen: „Sexting" (Bild: ddp images)
Gefährlicher Trend unter Jugendlichen: „Sexting" (Bild: ddp images)

Es ist der Alptraum nach dem Beziehungsende: Plötzlich tauchen Nacktfotos von einem selbst im Internet auf. Dabei hatte man sie doch nur dem Freund als Liebesbeweis geschickt, damals, als man sich noch geliebt hat. Doch als alles vorbei war, hat der Ex die Bilder aus Rache ins Internet gestellt. Und Schuld ist man sogar selbst. „Sexting" heißt dieses Phänomen, das immer mehr zunimmt. Jugendliche verschicken freizügige Fotos von sich über Handy oder veröffentlichen sie in sozialen Netzwerken. Datenschützer warnen: Die Bilder sind kaum aus dem Internet zu entfernen, werden manchmal geklaut und landen sogar auf Pornoseiten.

Wie naiv Kinder und Jugendliche mit ihren persönlichen Daten und freizügigen Aufnahmen umgehen, zeigt eine vierwöchige Untersuchung der Internet Watch Foundation (IWF). Sie hat 12.224 Bilder und Videos auf 68 Webseiten untersucht, die Jugendliche von sich zuvor ins Internet gestellt haben. Die Aufnahmen zeigen die Jugendlichen in anzüglichen Posen oder sogar beim Geschlechtsverkehr. Das Ergebnis: 10.776 dieser Dokumente haben die Forscher später auf Porno-Webseiten und anderen anstößigen Seiten gefunden. Denn längst gibt es Dienste, die gezielt Aufnahmen aus sozialen Netzwerken klauen und weiterverbreiten.

Die Konsequenzen werden oft falsch eingeschätzt

„Bei jungen Menschen ist die Abschätzung der Folgen, was solche digitalen Fotos anrichten können, nicht vorhanden", sagt Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar. Eine weitere Gefahr neben der Veröffentlichung in Blogs, in sozialen Netzwerken und auf Webseiten sei die digitale Gesichtserkennung, die immer besser wird. So ist es dann möglich, Personen zu erkennen und gezielt zu suchen. „Diese Art von Bildern ist eine Steilvorlage für Mobbing und Ausgrenzung", meint Caspar. Erst vor einigen Wochen hatte sich die 15-jährige Amanda Todd aus den USA umgebracht. Zuvor wurde sie offenbar wegen eines Nacktbildes in der Schule gehänselt.

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Die Jugendlichen selbst nehmen das Problem offenbar kaum ernst. Eine US-Studie fand heraus, dass jeder vierte Teenager schon einmal ein Nacktbild von sich verschickt hatte. Eine weitere Untersuchung ergab, dass auch junge Erwachsene im Alter von 18 bis 24 Jahren, die mit dem Internet aufgewachsen sind, zu Sexting neigen.

Wenn dann aber Bilder von einem im Internet stehen, könne man nur wenig dagegen tun, sagt Caspar. Man müsse die einzelnen Portale anschreiben und um Löschung bitten. Diese Arbeit übernehmen auch sogenannte „Reputation Defender". Sie versuchen, den guten Ruf einer Person im Internet wieder herzustellen. Notfalls kann ein Anwalt beauftragt werden. Aber: „Wenn die Portale nicht in Deutschland ansässig sind, wird es schwer", erklärt Johannes Caspar. Der Datenschützer rät: „Man muss dafür sorgen, dass die Bilder erst gar nicht in Umlauf kommen. Im Internet verliert man die Kontrolle über die Dinge. Und das Internet vergisst nicht." Einmal im Internet gelandete Aufnahmen bleiben nahezu für immer online. Man solle auch vorsichtig sein, was man dem eigenen Partner schicke, sagt Caspar. Denn viele Beziehungen enden wieder. Der Datenschützer appelliert auch an die Empfänger freizügiger Aufnahmen, mit diesen verantwortungsbewusst umzugehen.

Soziales Umfeld verleitet zum sorglosen Umgang

Aber warum verschickt man Nacktbilder von sich überhaupt? Wegen des Drucks im Freundeskreis, sagen Experten. In manchen Cliquen gilt der Versand freizügiger Aufnahmen als Freundschafts- und Liebesbeweis.

Hamburgs Datenschützer Caspar nimmt nun die Schulen in die Pflicht. „Die Aufklärung ist unterirdisch. Wir brauchen die Themen Datenschutz- und Medienkompetenz im Unterricht", sagt er. Viele Kinder würden Zuhause nicht aufgeklärt werden, da die Eltern meist schlechter informiert seien als die Sprösslinge. Doch die Gefahren des digitalen Wandels betreffen alle.