Geheime Facebook-App erlaubt Anonymität

Pseudonyme für Diskussionen über sensible Themen

Pseudonyme und Fantasienamen? Nicht bei Facebook. Die Klarnamenpflicht ist einer der Eckpfeiler des sozialen Netzwerks. Nun scheint Facebook dieses Prinzip zu überdenken und arbeitet an einer App, mit der die Nutzer anonym diskutieren können. Die Idee ist allerdings kopiert.

Facebook-Chef Zuckerberg: „Nicht mehr alles mit echter Identität tun.“ (Bild: AFP)
Facebook-Chef Zuckerberg: „Nicht mehr alles mit echter Identität tun.“ (Bild: AFP)


Hans Wurst und Malena Mustermann haben kein langes Facebook-Leben. Sobald das Netzwerk solche Fantasienamen aufspürt, löscht es die Profile. Eine der wichtigsten Leitlinien ist, dass jeder unter seinem richtigen Namen agiert. So grenzt sich Facebook ab von der anonymen Welt des Internet. Doch dieses Prinzip könnte nun ins Wanken geraten – allerdings nicht innerhalb des Netzwerks selbst.

Mit mehreren Pseudonymen diskutieren

Facebook arbeitet an einer eigenständigen App, mit der die Nutzer anonym kommunizieren können. Das berichtet die „New York Times“ und beruft sich auf zwei an dem Projekt beteiligte Mitarbeiter, die anonym bleiben möchten. Die Nutzer sollen verschiedene Pseudonyme anlegen und so Themen diskutieren können, über die sie mit ihren echten Namen nicht in der Öffentlichkeit des Internets sprechen möchten oder sollten. Gerade bei Themen wie Finanzen oder Gesundheit kann es ratsam sein, dies nicht unter dem richtigen Namen zu tun.

Unklar ist, ob die App auch das anonyme Teilen von Fotos und Videos erlaubt und wie die Interaktion zwischen Freunden funktioniert. Ebenfalls offen ist die Frage, ob die neue App in irgendeiner Weise mit Facebook verbunden sein wird. Spannend ist auch, wie Facebook bei anonymen Nutzern bei Verstößen gegen die Netiquette umgehen wird und wie dies verhindert werden soll.

Das Projekt wird geleitet von Josh Miller, dessen Start-up Branch erst im Frühjahr von Facebook gekauft worden ist. Miller arbeitete bereits an einer App für anonyme Diskussionsforen. Weder Facebook noch Miller wollten laut der Times zu den Informationen Stellung beziehen.

Ärger über Klarnamenzwang

Der Klarnamenzwang brachte Facebook in jüngster Zeit Probleme ein. Vor allem in den USA herrschte Aufruhr, als das Unternehmen Profile von Dragqueens löschte, weil diese unter ihrem Pseudonym angemeldet waren. Mittlerweile hat Facebook sich dafür entschuldigt und Pseudonyme in Ausnahmen erlaubt.

Bereits im Frühjahr hatte CEO Mark Zuckerberg im Interview mit der „Bloomberg Businessweek“ bekannt gegeben, auch anonyme Angebote bereit stellen zu wollen. „Ich denke, wir sind an einem Punkt, wo man nicht alles mit der echten Identität machen muss“, erklärte Zuckerberg. Diese Aussage widerspricht seinen bisherigen Ansichten. Noch vor wenigen Jahren hatte Zuckerberg gegenüber David Kirkpatrick, Autor von „Der Facebook-Effekt“, es als Mangel an Integrität bezeichnet, zwei Identitäten zu besitzen.

Mit der neuen App würde Facebook dem Wunsch der Nutzer nach Anonymität Rechnung tragen. Neu ist die Idee allerdings nicht. Facebook bedient sich lediglich eines Modells, das sich bereits bewährt hat. Apps wie Secret, Yik Yak und Whisper erlauben es ihren Nutzern bereits seit längerem, anonym zu kommunizieren. Die Nutzerzahlen steigen rasant. Es wäre nicht das erste Mal, dass Facebook erfolgreiche Apps der Konkurrenz kopiert. So wollte sich Facebook mit Poke und Slingshot gegenüber der Messaging-Anwendung Snapchat positionieren. Bisher blieben die Kopien allerdings erfolglos.