Bob Ross starb vor 25 Jahren: Darum verehrt die Welt diesen Kitschmaler

Er tupfte "happy little clouds" über immergrüne Naturidylle - Kitsch wäre eine höfliche Untertreibung. Vor 25 Jahren starb der Maler und TV-Kursleiter Bob Ross. Warum wird der Menschenfreund mit der Afrofrisur noch heute so kultisch verehrt?

Das Studio ist schwarz, die Leinwand ist weiß. Den Mann, der gütig "welcome back" schnurrt, muss man wohl einen Schöpfer nennen. Die Welt wäre ohne Frage ein Paradies geworden, hätte der amerikanische Maler Bob Ross sie mit seinem berühmten "two-inch-brush" erschaffen, mit einem Klecks Titanium White hier, ein wenig Dark Sienna dort und dazu einem Tupfer Midnight Black. Bob Ross hat den Kitsch zur Kunst erhoben, und unzählige Verehrer haben diese Kitschkunst zum Kult erhoben. Hierzulande verwaltet der Sender ARD-alpha den verblüffenden Nachruhm des profanen Meisters, der am 4. Juli 1995 einem Krebsleiden erlag.

Zum 25. Todestag lässt der Bildungskanal in der "Großen Bob Ross-Nacht" (ab 3. Juli, 23.45 Uhr) bis in die frühen Morgenstunden Werke wie "Mystic Mountain", "Silent Forest" und "Evergreen Valley" vor den Augen seiner Zuschauer in ungezählter Wiederholung auf die Leinwand zaubern. "The Joy of Painting" hat der Idylle-Enthusiast diesen TV-Malkurs genannt. Es sind weihevolle Stunden der Innerlichkeit. "Nicht nur die Maltechnik, auch die sanfte Stimme des Malers, die Geräusche des Pinsels und das Kratzen des Spachtels auf der Leinwand tragen zu diesem Erfolg bei", sagt der Programmbereichsleiter Andreas Bönte. "Sie bauen Stress ab und beruhigen. Das ist bestes Slow-TV."

Tatsächlich lässt sich die Popularität dieser bis an die Schmerzgrenze verkitschten Naturmalerei ohne die Wirkung ihres Schöpfers nicht erklären. Bob Ross hat in seinen Sendungen die freundliche Aura eines Narkosemittels, und er trägt eine Frisur, von der man annehmen möchte, dass sich zur Not auch mit ihr ein paar "happy little clouds" auf den Malgrund bringen ließen. Kaum zu glauben, dass sich der aus Florida stammende Sohn eines Zimmermanns mit 18 Jahren der US Air Force anschloss. Er habe auf diesem Weg die Welt kennenlernen wollen, gab er rückblickend zu Protokoll.

Tiefenentspannter Humanismus mit dem Zwei-Zoll-Pinsel

Ab 1981 ging Ross mit einer von ihm selbst entwickelten Nass-in-Nass-Technik auf Tournee durch die USA, ab 1983 präsentierte er sie in insgesamt 31 Staffeln der TV-Show "The Joy of Painting". Der Künstler, der sich wahrlich nicht für ein Genie hielt, ermunterte die Zuseher zur Nachahmung. Doch selbst wer nie auf die Idee kommen würde, ein von der "Bob Ross Inc." vermarktetes Mal-Set oder Lehrvideo zu ordern, kann aus dem 403-teiligen TV-Seminar viel Lebensanschauliches mitnehmen. Bob Ross ist ein Prediger der gestalterischen Freiheit. "Uns passieren keine Fehler, nur kleine, glückliche Missgeschicke", insistierte er samtstimmig. Ein "happy little tree" ist einer, der nicht alleine steht. Und: Man müsse "mutige Entscheidungen" treffen - mit dem Pinsel natürlich. Aber darauf muss man diesen tiefenentspannten Humanismus ja nicht beschränken.

Es kann kein Zufall sein, dass Bob Ross 25 Jahre nach seinem Tod noch solche Verehrung zuteilwird. Zehntausende Studenten tauschen sich in Online-Fangruppen aus. Die noch immer prosperierende "Bob Ross Inc." verkauft neben Pinseln und Leinwänden inzwischen auch Boxershorts, Socken, Waffeleisen und Müsli. Es sind Weltflucht-Fan-Artikel für Menschen, deren hektische Realität immer weniger mit "stillen Wäldern" und "immergrünen Tälern" gemein hat.

Wer am Todestag des Innerlichkeits-Apostels den Blick nach oben wendet, findet immerhin vielleicht noch eine "happy little cloud", die den Anschein erweckt, Bob Ross habe sie an den Himmel gemalt. Bestimmt sitzt der Menschenfreund auf der Wolke drauf und schaut mit Gnade und Mitleid auf uns aufgescheuchte Hühner herunter. Wir gackern in tiefer Zuneigung: God bless, my friend!