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Borowski-"Tatort": Was sind Incels und Pick-up-Artists?

"Tatort: Borowski und die Angst der weißen Männer": Mario (Joseph Bundschuh) flirtet mit Meike (Johanna Dost) im "Paradise". (Bild: NDR/Christine Schroeder)
"Tatort: Borowski und die Angst der weißen Männer": Mario (Joseph Bundschuh) flirtet mit Meike (Johanna Dost) im "Paradise". (Bild: NDR/Christine Schroeder)

Der Kiel-Krimi "Tatort: Borowski und die Angst der weißen Männer" (7.3., 20:15 Uhr, das Erste) von Regisseurin und Grimme-Preisträgerin Nicole Weegmann (geb. 1966, "Ihr könnt Euch niemals sicher sein") konfrontiert die Zuschauer mit einem Phänomen, das vielen neu sein dürfte: den Frauenhass junger weißer Männer im Internet.

Recherchiert hat die Regisseurin mit Unterstützung der Drehbuchautoren Peter Probst (63, "Luis Trenker") und Daniel Nocke (geb. 1968, "Silberhochzeit") unter anderem in geschlossenen Chatgruppen, die "in tiefe menschliche Abgründe blicken" ließen, wie Weegmann dem NDR sagt. "Diese Onlineforen sind ein Sammelbecken für verlorene Gestalten, die sich irgendwie auf den Antifeminismus als kleinsten gemeinsamen Nenner geeinigt haben."

Was sind Incels?

Im Zentrum des Krimis steht der Außenseiter Mario (Joseph Bundschuh), der sich im Internet radikalisiert. Er ist der prototypische Fall eines Incels, also eines Mannes, der in einem "unfreiwilligen Zölibat" ("involuntary celibacy", kurz Incel) lebt. "Ich wollte die Figur mit Empathie erzählen, ihn spürbar machen. Auf der anderen Seite wollte ich ihn nicht verharmlosen. Er ist nicht das liebe Kind, das leider kein Mädchen gefunden hat, sondern eine tickende Zeitbombe", erklärt die Regisseurin.

Mario handele als Einzeltäter, aber ohne die Nestwärme im Netz, das gegenseitige Bestätigen, das Aufhetzen in den rechten Foren würde er keine Gewaltaktionen ausüben, glaubt Weegmann. "Ich halte diese zügellosen, komplett unkontrollierten Parallelwelten, in die Mario abtaucht, für ein ernstes Problem."

"Die Attentäter von Halle, Hanau, Christchurch und Anders Breivik aus Norwegen. Das waren alle Incels", heißt es im "Tatort" über ebenjene Männer, die sich von den Frauen abgelehnt fühlen und im Netz radikalisieren. "Der weiße Incel-Mann überträgt seine Wut von den Frauen auf bereits stigmatisierte Gruppen und richtet sie gegen Migranten, Juden, Muslime, Schwule oder Liberale", ergänzt Schauspieler Axel Milberg (64) im Gespräch mit dem Sender zur Ideologie der Subkultur.

Was sind Pick-up-Artists?

Incel-Expertin Veronika Kracher erklärt die Ideologie genauer: "Die Incels glauben, sie hätten in der 'genetischen Lotterie' den Kürzeren gezogen. Sie seien viel zu unansehnlich, um den oberflächlichen weiblichen Vorstellungen von Attraktivität zu genügen", sagt sie dem Sender NDR. Frauen würden ausschließlich groß gewachsene und muskulöse 'Alphamänner' begehren, weshalb für Incels keine Frauen übrigblieben, so Kracher weiter. "Als Lösung schlagen sie eine staatliche Zuteilung von Frauen vor, was natürlich vollkommen lächerlich ist."

Dahinter verberge sich aber auch eine gefährliche Ideologie, nach der Frauen nichts anderes seien als Sexobjekte, die dem Mann untertan gemacht werden müssten. Und hier kommen die Pick-Up-Artists (dt. Aufreiß-Künstler) ins Spiel. Sie verbreiten diese Weltanschauung und geben in Videos und Seminaren Tipps, wie man Frauen aufreißt, manipuliert und kontrolliert - im "Tatort" verkörpert Arnd Klawitter (52) den Pick-Up-Artist und selbsternannten "Männerrechtler" Hank Massmann.

Schauspielerin Almila Bagriacik (30) erhofft sich von dem Krimi, "unser Publikum anzuregen, sich mit dem Thema Incel überhaupt auseinanderzusetzen"...