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Ist der BVB unter Bosz nur ein Scheinriese?

Gegen ebenbürtige Teams tut sich der BVB unter Trainer Peter Bosz noch schwer

Der Chef fehlte beim wöchentlichen Auslaufen am Sonntagmorgen. Peter Bosz zog sich in sein Trainerbüro zurück. Während die Assistenten Hendrie Krüzen und Albert Capellas mit acht Feldspielern und drei Torhütern leichte Spielformen übten, analysierte Bosz Videos der bitteren 2:3-Niederlage vom Samstagabend gegen RB Leipzig.

Das 2:3 war nicht nur Boszs erste Bundesligapleite. Zugleich riss am Samstagabend die unfassbare Serie von 41 Liga-Heimspielen ohne Niederlage. Letztlich war das Spiel auch die erste echte Standortbestimmung für die Borussia in dieser Bundesliga-Saison. Und die Borussia bekam ihre Grenzen aufgezeigt.

Leipzig deckt Probleme schonungslos auf

Wie bisher kein anderer Bundesliga-Gegner deckten die Sachsen schonungslos die Probleme des BVB-Spiels auf.

Es wurde deutlicher denn je: Peter Boszs Spielidee, im kompakten 4-3-3-System den Gegner stetig unter Druck zu setzen, zu Fehlern zu zwingen und dann blitzartig umzuschalten, birgt gegen ebenso pressstarke Gegner erhebliche Gefahren. Und weil RB den BVB von Anfang an selbst unter Druck setzte und Dortmund ungewohnte eigene Fehler machte, hebelte sich das Bosz-System im Ligabetrieb erstmals selbst aus.

Dieser Fakt führt – vor allem im Kontext der beiden ähnlich zustande gekommenen Niederlagen in der Champions League gegen Tottenham und Real Madrid – unweigerlich zur Frage: Ist der BVB in den Duellen gegen namhafte Konkurrenz also nur ein Scheinriese?

BVB zu schwach für Top-Gegner?

Eine abschließende Antwort ist in dieser jungen Saison gewiss noch nicht zu finden. Erste Tendenzen sprechen aber für diese These. In erster Linie gäbe es da diese drei besagten Spiele gegen Tottenham, Real und Leipzig. Alle drei Gegner verfügen über eine überdurchschnittliche individuelle Klasse – alle drei Gegner stellten den BVB vor enorme Probleme.

 

Das galt besonders für Leipzig. Nur ganz selten konnte der BVB sein so gefürchtetes Offensivspiel effektiv vortragen. Weil die Gäste die Räume effektiv zuliefen, das kleinteilig-schnelle BVB-Spiel damit auseinanderrissen und den Schwarzgelben so den Spielaufbau komplett zerstörten.

 

Nicht umsonst landeten viele der Dortmunder Angriffe nach ungewohnt vielen Zwischenstationen wieder beim eigenen Torwart Roman Bürki. Knapp 75 Ballbesitzphasen registrierten die Statistiker für den Schweizer Torhüter. In der Regel pendeln sich Bürkis Werte in dieser Spielzeit um die 60 ein.

Zu den Problemen mit dem gegnerischen Spielsystem gesellten sich darüber hinaus eigene individuelle BVB-Fehler oder -Fahrlässigkeiten. Rechtsverteidiger Jeremy Toljan entfachte weder den offensiven Druck noch bewies er die defensive Stabilität des verletzten Lukasz Piszczek.

Aubameyang allein auf weiter Flur

Nuri Sahin zeigte im defensiven Mittelfeld eine unterdurchschnittliche Leistung. Immer wieder früh attackiert, wusste der 29-Jährige das Spiel nicht zu ordnen und ging komplett unter. Folgerichtig ersetzte ihn Bosz in der Halbzeitpause durch den pressingresistenteren Julian Weigl.

 

Und in vorderster Front entwickelten außer dem - fast schon unheimlich - treffsicheren Pierre-Emerick Aubameyang weder Andrey Yarmolenko noch Maximilian Philipp die Gefahr, Schnelligkeit und Durchschlagskraft der letzten Wochen.

Zahlreiche Rückkehrer machen BVB stärker

Mut macht dem BVB, dass jeder dieser Spieler schon bewiesen hat, dass er es deutlich besser machen kann. Dazu dürfen die zuletzt arg verletzungsgebeutelten Dortmunder schon bald auf die Rückkehr neuer Stammplatz-Alternativen hoffen.

 

Marcel Schmelzer, Raphael Guerreiro und Andre Schürrle trainierten am Sonntagmorgen wieder mit der Mannschaft und werden wohl bald in den Spielbetrieb zurückkehren. Der Kader - das ist unbestritten - hat eine seit Jahren beim BVB nicht mehr da gewesene Tiefe und Qualität.

Und da ist ja noch Peter Bosz: Der akribische Niederländer wird bei seiner Video-Analyse wahrscheinlich genug Ansätze gefunden haben, um den BVB besser zu machen und die Schwachstellen auszumerzen. Damit der BVB gar nicht erst in Verdacht gerät, zum Scheinriesen zu mutieren.

Im Video: RB erstürmt BVB-Festung