"Brüssel kann sie haben": Orbán fordert neue Gesetze zur Bekämpfung der Migration

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán sagte am Freitag auf dem Cernobbio-Forum in Norditalien, dass Migration die Europäische Union auseinanderreißen werde. Er forderte neue Gesetze zur Eindämmung des Zustroms. "Wenn man von 2014 bis heute zurückblickt, ist diese Periode eine Periode des Auflösungsprozesses der Europäischen Union", sagte er.

Der ungarische Regierungschef ist seit langem für seine lautstarke Anti-Migrantionhaltung unter Beschuss. Er hat diese als "Gift" und "nicht notwendig" bezeichnet. Während der Diskussion redete er über seine drei Prioritäten während der sechsmonatigen ungarischen EU-Ratspräsidentschaft: Wettbewerbsfähigkeit, der Krieg in Europa und Migration.

Die Migration sei - ebenso wie Genderpolitik, Beschäftigung und Sicherheit - ein "existenzielles Thema", mit dem die EU konfrontiert sei, sagte er. Mit Blick auf die ungarische Herangehensweise an die Migration und im Vergleich zur großzügigen deutschen Asylpolitik sagte er: "Wir lassen sie nie rein."

Nach seiner Rede auf der Konferenz bekräftigte Orbán diese Aussagen. Diese Ansicht bekräftigte er in einem Beitrag auf X: "Lasst Ungarn und andere aus der gemeinsamen Migrationspolitik aussteigen."

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"Brüssel kann sie haben"

Ein hochrangiger ungarischer Beamter schloss sich diesen Äußerungen an. Er erklärte, die einwanderungsfeindliche Regierung meine es ernst mit der Umsetzung eines Plans, der Asylbewerbern eine kostenlose Reise nach Brüssel ermöglicht.

Auf einer Pressekonferenz in der Hauptstadt Budapest sagte Staatssekretär Bence Rétvári, die EU wolle Ungarn zwingen, "illegale Migranten" über seine Grenzen zu lassen. Er bekräftigte, das Land werde "diesen illegalen Migranten freiwillig und kostenlos eine einfache Fahrt nach Brüssel anbieten".

Rétvári sagte, die Reise werde "nach der Umsetzung des europäischen Verfahrens" durchgeführt. Er ging aber nicht näher darauf ein, welchen Status die Asylsuchenden nach dem Transport haben würden. Er äußerte sich vor einer Reihe von Passagierbussen mit beleuchteten Schildern mit der Aufschrift "Röszke-Brüssel". Die Reiseroute, die die Menschen von Ungarns südlicher Grenze zu Serbien in das Herz der EU bringen würde.

"Wenn Brüssel illegale Migranten will, kann Brüssel sie haben", sagte er.

Fast wörtlich wiederholte Rétvári die Worte des für das Büro des Staatspräsidenten zuständigen Ministers Gergely Gulyás, der Ende August sagte: "Wenn Brüssel Migranten will, wird es sie bekommen".

Reaktion auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs

Die provokanten Vorschläge waren eine Reaktion auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Juni. Dieses hatte Ungarn wegen anhaltender Verstöße gegen die Asylvorschriften der EU zu einer Geldstrafe in Höhe von 200 Millionen Euro verurteilt, sowie zu einer zusätzlichen Zahlung von 1 Million Euro pro Tag, bis das Land seine Politik mit dem EU-Recht in Einklang bringt.

Die EU beanstandet, dass Budapest Menschen, die internationalen Schutz suchen, dazu zwingt, die ungarischen Botschaften in Serbien oder der Ukraine aufzusuchen, um eine Reisegenehmigung zu beantragen. Dies verstößt gegen EU-Vorschriften, die alle Mitgliedsländer zu gemeinsamen Verfahren für die Gewährung von Asyl verpflichten.

Orbáns Regierung kündigte an, sie werde wegen der Geldbußen rechtliche Schritte gegen die EU einleiten. Sie hat auch eine Entschädigung für die Milliarden gefordert, die sie nach eigenen Angaben für den Grenzschutz ausgegeben hat, einschließlich des Baus von Zäunen mit Stacheldraht an den südlichen Grenzen zu Serbien und Kroatien.

Milliardenbeträge für die ungarische Regierung eingefroren

Die EU hat Milliardenbeträge für die ungarische Regierung eingefroren, weil sie gegen die Rechtsstaatlichkeits- und Demokratiestandards der EU verstoßen hat. Einige EU-Gesetzgeber haben beantragt, Ungarn das Stimmrecht in der Exekutivkommission der EU zu entziehen.

Die ungarische Regierung hat die erste September-Frist für die Zahlung der vom Europäischen Gerichtshof angeordneten 200 Millionen Euro Strafe verpasst und damit den Weg für einen möglichen weiteren Konflikt mit Brüssel geebnet.

Vereinfachte Einreise für Russen und Belarussen nach Ungarn

Die Europäische Kommission ist alarmiert über Ungarns neue Visaregelung für Bürger aus Russland und Belarus. In Brüssel sind dadurch Befürchtungen über Spionage und die Umgehung von Sanktionen laut geworden.

Mit der Regelung der "Nationalen Karte" können ausgewählte Staatsangehörige einfacher eine Arbeitserlaubnis und die Möglichkeit einer Familienzusammenführung erlangen. Sie gilt für zwei Jahre und kann um drei weitere Jahre verlängert werden, was einen langfristigen Aufenthalt wahrscheinlicher macht.

Im Juli weitete Ungarn die ursprünglich für serbische und ukrainische Staatsangehörige geltende Arbeitserlaubnis auf vier weitere EU-Beitrittskandidaten (Bosnien-Herzegowina, Republik Moldau, Nordmazedonien und Montenegro) sowie auf Belarus und Russland aus.