Alarm um gefährliches Gift: Was ist Rizin?

In Köln wurde ein Mann verhaftet, nachdem er Rizinus-Samen aus dem Internet bestellte. (Bild: dpa)
In Köln wurde ein Mann verhaftet, nachdem er Rizinus-Samen aus dem Internet bestellte. (Bild: dpa)

Biowaffen-Alarm in Deutschland: In der Wohnung eines Tunesiers in Köln-Chorweiler wurden mehrere Behälter mit den Samen von Rizinuspflanzen gefunden. Der Verdacht: Der Mann wollte damit das hochgefährliche Gift Rizin herstellen und einen Terroranschlag planen.

Neben den Samen wurden auch Substanzen zur Herstellung von Sprengstoff in der Wohnung gefunden. Gegen den Tunesier, der IS-Sympathisant sein soll, wurde ein Haftbefehl erlassen. „Es handelt sich dabei um das größte Gefahrenpotential, das jemals in Europa gefunden wurde“, zitiert die „Bild“ einen Anti-Terror-Ermittler.

Die Rizinuspflanze ist auch als „Wunderbaum“ bekannt, aus dem ebenso Rizinusöl gewonnen wird – einer nicht giftigen Substanz, die für Arzneimittel und Kosmetikprodukte verwendet wird. In den Samenkörnern der Pflanze ist das Gift Rizin nur in minimalen Dosen enthalten und somit ungefährlich. Bei der Gewinnung von Rizinusöl wird es durch Extraktion und Hitzeinaktivierung entfernt. Isoliert man Rizin aber, wird es zur chemischen Waffe.

Bei Rizin handelt es sich um ein Gift, das schon in Kleinstdosen zum Tod führen kann: Laut den Angaben in der Literatur, die jedoch teilweise ganz erheblich schwanken, soll bereits eine Menge von 0,5 mg Rizin für eine Person mit einem Körpergewicht von 70 kg tödlich wirken. Das Gift kann dabei oral aufgenommen, inhaliert oder injiziert werden. Nach der Aufnahme einer tödlichen Dosis tritt der Tod nach 36 bis 72 Stunden ein. Nach möglichen anfänglichen Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall erfolgt der Tod durch Lähmung von Steuerzentren im Gehirn, besonders des Atemzentrums. Dabei hat die Verwendung von Rizin eine lange Historie.

Die Rizinuspflanze ist auch als Wunderbaum bekannt. (Bild: imv/Getty Images)
Die Rizinuspflanze ist auch als Wunderbaum bekannt. (Bild: imv/Getty Images)

Rizin als Kriegswaffe

Im Ersten Weltkrieg wurde es von den Vereinigten Staaten für Kampfeinsätze untersucht. Der Plan war es, rizinbeschichtete Munition und Sprengkörper herzustellen. Außerdem dachten die USA daran, das Gift über Staubwolken zu verbreiten. Letztere Idee konnte nie zu Ende entwickelt werden, die Verwendung des Gifts für Sprengkörper hätte gegen die Verordnungen der Haager Landkriegsordnung verstoßen. Auch im Zweiten Weltkrieg erwogen die USA und Kanada rizinbeschichtete Munition, entschieden sich allerdings für den kostengünstigeren Einsatz von Phosgen.

Attentate und Anschläge mit Rizin

Rizin kam auch immer wieder bei Attentaten zum Einsatz. So wurde der bulgarische Journalist und Systemgegner Georgi Markow 1978 in London von bulgarischen Geheimdienstagenten mit einem rizinbeschichteten Regenschirm attackiert und verstarb wenig später an Kreislaufversagen – eine Folge des Giftes.

Auch für Terroranschläge wurde Rizin immer wieder genutzt. 1991 wurde eine Gruppe von Rechtsradikalen verhaftet, weil sie ein Rizin-Attentat auf die Polizei planten – mit einer hergestellten Menge, die rund 100 Menschen das Leben hätte kosten können. Auch in islamistischen Kreisen kommt das Gift immer wieder vor: So sollen im November 2001 in mehreren verlassenen Al-Qaida-Gebäuden in Kabul Herstellungsanleitungen für das Gift gefunden worden sein.

Mehrmals gab es mit Rizin verseuchten Briefen auch Attentatsversuche auf Politiker: 2013 wurde ein an Barack Obama adressierter Rizin-Brief abgefangen, im selben Jahr sollte auch der amtierende New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg einen solchen Brief erhalten. Die Absenderin der Briefe konnte ermittelt werden: Es war die US-amerikanische Schauspielerin Shannon Guess Richardson, die unter anderem eine kleine Rolle in „The Walking Dead“ spielte. Richardson gestand und wurde zu 18 Jahren Haft sowie einer Geldstrafe von 367.222 Dollar (rund 310.700 Euro) verurteilt.

Apropos TV-Serien: Fans von „Breaking Bad“ dürfte Rizin ebenfalls ein Begriff sein. In der Serie wollte Chemielehrer/Drogendealer Heisenberg (gespielt von Bryan Cranston) zwei Rizin-Attentate verüben: Einmal auf Tuco Salamanca, einmal auf den Oberschurken Gustavo Fring. Beide Attentate missglückten – wie zum Glück auch im echten Leben der vermeintliche und in Köln vorbereitete Rizin-Anschlag.