Wie eine Bremer Kauffrau Liebesbetrüger im Netz bekämpft

Immer mehr Frauen fallen sogenannten "Romance Scammern" zum Opfer, die unter falscher Identität große Gefühle vorspielen, um an Geld zu gelangen. Helga Grotheer aus Bremen lockt die Täter in die Falle.

Helga Grotheer (rechts) kämpft gemeinsam mit vielen anderen Frauen gegen die Liebesbetrüger.
Helga Grotheer (rechts) kämpft gemeinsam mit vielen anderen Frauen gegen die Liebesbetrüger.

Vier Frauen sitzen in einer Hotellobby, drei von ihnen sind verhüllt, tragen Sonnenbrille und Maske. Vor ihnen liegt der ausgedruckte Plan eines Bahnhofvorplatzes. Ihre Mission: einen Straftäter überführen. Was nach US-amerikanischer Krimiserie klingt, ist Wirklichkeit in der ZDF-Reportage "Liebesfalle Internet - Die Maschen der Online-Betrüger". Für ihren Film begleiteten Jochen Schulze und Oliver Koytek die "Romance Scambaiters" (etwa: Liebesbetrugs-Köder), eine Gruppe von Frauen, die es sich zum Ziel gemacht hat, sogenannte Liebesbetrüger zu stellen.

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Helga Grotheer, die als Einzige ohne Maskierung und unter echtem Namen vor die Kamera tritt, ist der Kopf der Aktion. Vor zwölf Jahren gründete die heute 59-jährige Kauffrau aus Bremen ein Online-Forum, in dem sich Opfer von "Romance Scammers" austauschen können. Liebesbetrug nennt Grotheer die Masche, bei der Männer im Internet mit geklauten Fotos und gefälschten Profilen alleinstehende Frauen anschreiben, um sich durch gespielte Zuneigung Geld zu erschleichen. Oft ist der finanzielle Schaden für die Opfer groß, der emotionale meist noch mehr. "Ich habe kein Geld gezahlt, aber meine Seele hat schon einen Knacks gekriegt", berichtet auch Helga Grotheer, die selbst vor vielen Jahren auf einen solchen Betrug hineinfiel.

Nachdem Helga Grotheer vor vielen Jahren selbst einem
Nachdem Helga Grotheer vor vielen Jahren selbst einem

Die Täter sprechen von "Kundinnen"

Die betroffenen Frauen sind Architektinnen, Managerinnen, Controllerinnen. Die meisten von ihnen fühlen sich einsam, haben Scheidung, Trennung oder den Tod ihres Partners hinter sich. Internet-Betrüger nutzen die Sehnsucht ihrer Opfer nach Liebe und Zuneigung aus, erklärt die Diplom-Psychologin Stephania Lanzillotta-Reichstein im Film.

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Deutlich wird das auch im Gespräch mit zwei jungen Männern in Ghana. Sie verdienen ihr Geld damit, Frauen in Deutschland die große Liebe vorzugaukeln. Dafür klauen sie Identitäten, oft geben sie sich als Soldaten aus. Sie sprechen von "Kunden", das Wort "Opfer" lehnen sie ab: "Das klingt nicht gut." Als Verbrechen sehen sie die Masche nicht, ihre Online-Bekanntschaften sind für sie "Geschäftspartner". Als einer der beiden von einer Frau per Videochat angerufen wird, hält er die Kamera zu. Ihr erklärt er, das Gerät sei kaputt. Bevor er auflegt, sagt er: "Ich liebe dich."

Wie die Diplom-Psychologin Stephania Lanzillotta-Reichstein erklärt, nutzen die Täter meist die Verletzlichkeit ihrer Opfer aus.  (Bild: ZDF/Jochen Schulze)
Wie die Diplom-Psychologin Stephania Lanzillotta-Reichstein erklärt, nutzen die Täter meist die Verletzlichkeit ihrer Opfer aus. (Bild: ZDF/Jochen Schulze)

"Alle Frauen sollten gemeinsam gegen solche Menschen kämpfen"

Meist folgen auf derartige Liebesbekundungen schon innerhalb kürzester Zeit Forderungen nach finanzieller Unterstützung. Viele Frauen zahlen - und erkennen die Masche erst, wenn es längst zu spät ist. Die Polizei kann oft nicht helfen: Die meisten Täter befinden sich in Westafrika, Ermittlungen dorthin verlaufen meist im Sand.

Aus diesem Grund hat es sich Helga Grotheer zur Lebensaufgabe gemacht, "der Polizei unter die Arme zu greifen". Mit Erfolg! Rund 50 Festnahmen haben sie und ihre Mitstreiterinnen bereits veranlasst. In etwa genauso viele Frauen sind bei den "Romance Scambaiters" aktiv, jede von ihnen schreibt im Schnitt mit zwei bis drei Betrügern gleichzeitig. Tatsächlich gefasst werden in den meisten Fällen nur die Mittelsmänner, die sich mit den vermeintlichen Opfern verabreden, um hohe Bargeldbeträge für die angeblich in eine Notsituation geratenen Liebhaber im Ausland einzusammeln.

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Grotheer organisiert und koordiniert solche Treffen in ganz Deutschland, um die Täter in die Falle tappen zu lassen. Ihre Arbeit sei erst getan, wenn die Zahl der Betrüger wieder zurückgehe. Sie findet: "Alle Frauen sollten gemeinsam gegen solche Menschen kämpfen."

"Liebesfalle Internet - Die Maschen der Online-Betrüger" ist ab Samstag, 15. Mai, in der ZDF-Mediathek verfügbar. Auf ZDFinfo ist der Film am Freitag, 21. Mai, 20.15 Uhr, zu sehen.

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