Brexit-Behördenpanne: 101-Jähriger wird wieder zum Einjährigen

Giovanni Palmiero lebt seit 1966 in London und weil er auch nach der Übergansphase noch in Großbritannien bleiben möchte, hat er nun einen entsprechenden Antrag gestellt. Das Innenministerium bat den 101-Jährigen daraufhin, seine Identität von seinen Eltern bestätigen zu lassen.

Das britische Innenministerium machte aus einem 101-Jährigen kurzerhand einen Einjährigen. (Symbolbild: Getty Images)
Das britische Innenministerium machte aus einem 101-Jährigen kurzerhand einen Einjährigen. (Symbolbild: Getty Images)

Am 31. Januar 2020 ist Großbritannien aus der Europäischen Union ausgetreten. Welche Nachwehen diese Saga, die mit dem Referendum am 23. Juni 2016 begann, noch für die Wirtschaft und die Politik bringen wird, das ist noch immer ungewiss. Sicher ist aber, dass schon jetzt viele einzelnen Menschen ihren Aufwand und Ärger mit dem Austritt haben. So wie Giovanni Palmiero. Wie alle anderen 3,5 Millionen EU-Ausländer auch, muss der 101-Jährige spätestens bis zum 31. Dezember 2020 sein Aufenthaltsrecht beantragen.

Maas zum Brexit: “Null Dumping und null unfairer Wettbewerb”

Der Antrag, der eigentlich eine Formalie sein sollte, sich aber schon in mehreren Fällen zum bürokratischen Irrsinn entwickelt hat, kann ausschließlich über eine App gestellt werden. Über die so genannte EU-Status-App wurden nun also alle angeforderten Daten von Palmiero hochgeladen. Nur leider wollte das System nicht einsehen, dass 1919 durchaus ein Geburtsjahr sein kann. Stattdessen wurde es automatisch auf 2019 korrigiert – und der 101-Jährige dazu aufgefordert, seine Identität von den Eltern bestätigen zu lassen.

Giovanni Palmiero im Interview mit “The Guardian”:

Ehrenamtliche helfen Senioren bei den Anträgen

"Ich merkte sofort, dass etwas nicht stimmte, als ich seinen Pass einscannte. Der Abschnitt zur Gesichtserkennung wurde übersprungen, wie es bei unter 12-Jährigen der Fall ist", so Dimitri Scarlato zum "Guardian". Scarlato arbeitet für die ehrenamtliche Organisation "The3Million", die Menschen mit italienischer Herkunft in den Brexit-Fragen hilft.

Brexit: Johnson stellt umgebildetes Kabinett vor

Nachdem er mit der App nicht weiterkam, rief Scarlato schließlich die zuständige Behörde an – in der ihm die Beamten immerhin entgegenkamen, Palmieros Daten aufnahmen und ihm somit die Möglichkeit gaben, den Antrag vollständig auszufüllen. Unter anderem musste er einen Wohnsitznachweis der letzten fünf Jahre vorlegen – und das, obwohl er seit 54 Jahren in Großbritannien lebt. Im Jahr 1966 wanderte Palmiero nach London aus und arbeitete bis zu seinem 94. Geburtstag in der Gastronomie. Seit 75 Jahren ist er mit seiner Frau Lucia verheiratet. Die beiden haben vier Kinder, acht Enkelkinder und elf Urenkel.

Aufenthaltsgenehmigung: “Es ist demütigend”

Dass sich sein Vater mit solchen bürokratischen Hürden herumschlagen muss, ärgert seinen Sohn Assuntino. Gegenüber dem "Guardian" sagte er: "Es ist demütigend. Er ist schon so lange hier und dann passiert das plötzlich. Ich mache mir keine Sorgen um ihn, weil er uns hat. Aber es ist völlig unfair gegenüber alten Menschen." Assuntino plädiert dafür, dass Menschen im Alter seines Vaters das Bleiberecht automatisch zugesprochen bekommen sollten.

Wie Scarlato jüngst dem Online-Portal "Londra" mitteilte, entschuldigte sich das Innenministerium unterdessen bei dem 101-Jährigen für die Unannehmlichkeiten. Auf die Bestätigung seine Aufenthaltsgenehmigung wartet er allerdings bis heute.

VIDEO: Brexit drängt schottischen Bürgermeister in Deutschland aus dem Amt