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Britische Virusmutation mit Anteil von mehr als 22 Prozent

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gibt eine Pressekonferenz.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gibt eine Pressekonferenz.

Die ansteckenderen Coronavarianten breiten sich in Deutschland schnell aus. Die britische Mutation dürfte bald dominieren. Noch ist offen, was das für die geplanten Lockdown-Lockerungen bedeutet.

Berlin (dpa) - Die ansteckenderen Varianten des Coronavirus breiten sich in Deutschland schnell aus.

Nach neuen Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) stieg der Anteil der in Großbritannien entdeckten Mutation binnen zwei Wochen von knapp 6 auf mehr als 22 Prozent. Das teilte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Mittwoch in Berlin mit. «Wir müssen damit rechnen, dass die Variante bald auch bei uns die dominierende werden könnte», sagte Spahn. Bei allen Öffnungsschritten aus dem Lockdown sei daher große Vorsicht geboten.

Der Anteil der britischen Variante verdoppele sich etwa jede Woche, so Spahn. Die zunächst in Südafrika aufgetretene Mutation habe in Deutschland ferner einen Anteil von 1,5 Prozent erreicht.

Dennoch bezeichnete Spahn es als «bis hierhin ermutigend», dass die Infektionszahlen insgesamt gesunken seien. Das zeige ja, dass die Schutzmaßnahmen wirkten.

Gleichzeitig dämpfte Spahn mögliche Erwartungen auf rasche Öffnungen anhand eines festen Plans. Die Wege aus dem Lockdown müssten «mit ganz besonderer Vorsicht» gegangen werden. Es sei richtig, dass als erstes die Kitas und Schulen wieder stärker öffneten. Nun müsse aber jeden Tag überprüft werden, was dies in der Dynamik verändere.

Spahn sagte, er habe zwar nichts gegen Öffnungspläne, die sich etwa nach Inzidenzwerten der Virusausbreitung richteten. Doch wichtig sei, dass sich alle der Wichtigkeit des Themas Mutationen bewusst seien. Alle zwei Wochen müsse überprüft werden, «wo wir stehen».

Eindringlich rief Spahn die Menschen in Deutschland zur Einhaltung der Regeln und zur Vorsicht auf. «Wir machen den Unterschied – jeden Tag.»

Bund und Länder hatten weitere Öffnungsschritte aus dem Lockdown ab dem 7. März beschlossen. Allerdings sollten erst, wenn eine «stabile» Inzidenz von höchstens 35 Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen erreicht ist, solche Schritte durch die Länder folgen. Dann sollen - so der Beschluss - der Einzelhandel, Museen und Galerien sowie Betriebe mit körpernahen Dienstleistungen wieder aufmachen können.

Zuletzt meldeten die Gesundheitsämter dem RKI binnen eines Tages 7556 Corona-Neuinfektionen. Zudem wurden innerhalb von 24 Stunden 560 weitere Todesfälle verzeichnet. Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner lag laut RKI am Mittwochmorgen bundesweit bei 57,0.

Um die Verbreitung der Mutationen zu ermitteln, wertete das RKI 23.000 positive Testergebnisse in einer repräsentativen Stichprobe und weitere Daten aus, wie Spahn mitteilte. Weitere Details wollte das RKI noch am Mittwoch mitteilen. An diesem Freitag wollen RKI-Chef Lothar Wieler und Spahn weitere Einschätzungen abgeben.

Die britische Virusvariante gilt nach Schätzungen als um mindestens 35 Prozent ansteckender als die herkömmliche. Bei den Analysen werden nicht alle Corona-Tests auf Varianten untersucht. Experten hatten auf regionale Unterschiede und mögliche Lücken hingewiesen.

Bereits bisher hatten Experten anhand von Daten aus anderen europäischen Ländern wie Dänemark und Italien befürchtet, dass der Anteil der Varianten auch in Deutschland rasch und deutlich steigen wird.

Dem System-Immunologen Michael Meyer-Hermann zufolge läuft diese Entwicklung längst. Die britische Mutation B.1.1.7 befinde sich bereits in einer Phase des exponentiellen Wachstums - «und die aktuellen Maßnahmen reichen nicht, um diese Entwicklung auszubremsen», hatte er der Deutschen Presse-Agentur gesagt. «Über kurz oder lang wird B.1.1.7 dominieren.» Dann drohe eine dritte Welle, würden die Fallzahlen nicht mit anhaltenden Maßnahmen auf eine geringe Inzidenz gedrückt.