BUND warnt vor toxischen Schneewittchenäpfeln

Geht es nach dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, können Äpfel demnächst mit einem gefährlichen Pestizid behandelt werden. (Bild: iStock/Daria Kulkova)
Geht es nach dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, können Äpfel demnächst mit einem gefährlichen Pestizid behandelt werden. (Bild: iStock/Daria Kulkova)

Ausgerechnet das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) möchte die zulässigen Grenzwerte für ein gefährliches Pestizid bei Obst verdoppeln, damit andere Landwirtschaftserzeugnisse wie Hopfen weiterhin exportiert werden können.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) warnt vor stark mit Pestiziden belasteten Äpfeln und Birnen aus der Bodensee-Region. Vor der diesjährigen Obst-Anbausaison wurde das dort angebaute Kernobst mit dem Pestizid Captan behandelt. Doch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) plant, die Grenzwerte für Rückstände eines gefährlicheren Fungizids mit dem Wirkstoff Folpet um das 20-fache zu erhöhen, damit das Obst vom Bodensee mit diesem Pflanzenschutzmittel behandelt werden kann. Eine Notfallgenehmigung ist deshalb schon in Kraft.

Folpet soll nach Angaben des BUND hochgiftig sein. Dazu sagt Corinna Hölzel, Pestizid-Expertin beim BUND: "Folpet ist akut toxisch und gilt als wahrscheinlich krebserregend und erbgutverändernd. Es ist hochgiftig für Fische und Wasserorganismen. Solche hochgefährlichen Stoffe müssten zügig komplett verboten werden, statt sie vermehrt einzusetzen und haben im heimischen Obst nichts zu suchen."

Gefährlicheres Pestizid, um Hopfenexport nicht zu gefährden

Doch warum möchte ausgerechnet das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ein Pestizid gegen ein gefährlicheres Mittel austauschen? Der Grund: Das bisher bei Äpfeln und Birnen verwendete Pestizid Captan gefährdet den Hopfen-Export nach Japan und in die USA. Denn durch den Abdrift landet das Pflanzenschutzmittel auch auf benachbarten Hopfenfeldern. Captan wird von Abnehmerländern wie USA und Japan allerdings nicht toleriert. Um den Export des Hopfens also nicht zu gefährden, setzt das BVL nun auf ein Fungizid, das Folpet beinhaltet.

Damit dieses auch über die geltende Notfallverordnung zum Einsatz kommen kann, will das BVL die Grenzwerte für das Fungizid mit dem Wirkstoff Folpet in Kernobst bundesweit verdoppeln, von 0,3 mg pro Kilo auf 0,6 mg pro Kilo. Der Entwurf dafür wurde schon vorbereitet. Da so aber der EU-weite Grenzwert deutlich überschritten wird, könnte das belastete Obst nicht mehr in andere EU-Länder exportiert werden und überwiegend auf dem deutschen Markt verkauft werden.

Pestizid-Einsatz soll Äpfel und Birnen attraktiver wirken lassen

Captan wurde bisher bei den Äpfeln und Birnen aus der Bodensee-Region verwendet, um den Schorf an der Außenhaut des Obstes zu bekämpfen. Denn die nasse Witterung dort begünstigt Schorfinfektionen in Kernobst. Schorf lässt Äpfel und Birnen ungesund aussehen und würde deshalb Verbraucher und Verbraucherinnen vom Kauf abhalten. "Schorf ist hauptsächlich ein ästhetisches Problem. Im Gegensatz zu Pestizidrückständen im Obst stellen Äpfel mit Schorf kein gesundheitliches Risiko dar. Hier ist ganz klar auch der Lebensmittelhandel gefragt: Es muss eine Toleranz von Ware mit Schönheitsfehlern geben. Das ist klüger, gesünder und nachhaltiger, als die Regale mit Schneewittchenäpfeln zu füllen", so Pestizid-Expertin Hölzel.

Aus diesem Grund fordert der BUND auch von Bundesumweltminister Cem Özdemir (Grüne), sich für die Pestizid-Reduktion einzusetzen und die Grenzwerterhöhung und die Notfallzulassung von gefährlichen Pestiziden zu stoppen.