Nacholympische Party in München

Die ernüchternde Sotschi-Bilanz war in der Heimat ganz schnell wieder vergessen. Noch auf dem Rollfeld des Münchner Flughafens starteten die deutschen Olympioniken ihre nacholympische Party.

«Wer nicht hüpft, der ist kein Deutscher, hey, hey», grölten mehr als 100 Athleten und hopsten wild herum, als sie sich eigentlich für das Gruppenfoto mit dem Bundespräsidenten postieren sollten.

Herzlich wurden die Sportler von Joachim Gauck in der Heimat empfangen, als sie am frühen Montagnachmittag mit einer halben Stunde Verspätung aus der Sondermaschine LH 2022 stiegen. Mit der deutschen Fahne in den Händen marschierten der zweifache Gold-Rodler Felix Loch und Chef de Mission Michael Vesper voran. Typisch bayerisch posierten Stewardessen mit Lebkuchenherzen, die an Athleten und die Reporter verteilt wurden. Aufschrift: «Welcome Home», Willkommen daheim.

Auf dem Lufthansa-Flugzeug selbst stand pikanterweise: «Great Team. Great Spirit. Great Games.» Dabei verliefen die 17 olympischen Tage in Russland keineswegs allesamt großartig für den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Nur 19 Medaillen bei 98 Entscheidungen - nie war eine deutsche Mannschaft seit der Wiedervereinigung mit so wenigen Plaketten heimgekehrt. Eine ernüchternde Bilanz. DOSB-Chef Alfons Hörmann sprach auf der Showbühne am Münchner Flughafen von «dem ein oder anderen Missgeschick», Gauck sagte mit ironischem Unterton: «Ich bin auch Präsident der Pechvögel und Verlierer.»

Es könne nicht immer «Feiertage und Gewinnertage geben», äußerte der 74-Jährige und stellte fest: «Unsere Mannschaft hat großartige Helden gesehen, aber auch überraschende Niederlagen.» Vor allem bei den Wettbewerben der Eisschnellläufer, Bobpiloten und Biathleten hagelte es Enttäuschungen. Hörmann und Vesper forderten eine öffentliche Diskussion darüber, «in welcher Vielfalt und in welcher Spitzenorientierung» sich Deutschland künftig positionieren wolle. Es geht dabei vor allem um Fördergelder des Bundesinnenministeriums, man sei auch mit Minister Thomas de Maizière (CDU) im Gespräch.

Für eine rauschende Party gab es keinen Anlass. Vielleicht waren auch deshalb trotz besten Wetters nur knapp 200 Menschen zur Willkommensfeier gekommen - mal abgesehen vom Durchgangsverkehr zahlreicher Fluggäste. «Die Rodler haben mit vier Goldmedaillen am Anfang alles überstrahlt, dann wurde es ruhiger. Im Sport gehen nicht immer alle Träume in Erfüllung», erkannte die dreimalige Biathlon-Olympiasiegerin Kati Wilhelm.

Es passte ins Abschlussbild dieser alles andere als perfekten Olympischen Spiele, dass auch der vom DOSB detailliert ausgearbeitete Ablaufplan ziemlich durcheinandergeriet: Erst mit rund einer halben Stunde Verspätung landete das Sonderflugzeug mit den Olympioniken in München. Die «Slideshow DOSB», der «Happy Dance» sowie der Auftritt der Goaßlschnalzer in bayerischer Tracht und mit grünen Hüten auf dem Kopf verzögerten sich. In einer Stadt, in der der FC Bayern schon Fußball-Meisterschaften und Champions-League-Siege vor dem Rathaus feiern durfte, kam diesmal nicht so schnell Begeisterung auf.

Nicht nur Zuschauer und Journalisten hatten zuvor lange auf die deutschen Olympioniken warten müssen, auch der Bundespräsident. Mit seinem weißen Regierungsflieger war er um Viertel vor eins in München - und durfte noch eine Dreiviertelstunde im Flugzeugsessel ausharren.