Bundestag stimmt Verlängerung des Griechenland-Hilfspakets zu

Bundestag stimmt Verlängerung des Griechenland-Hilfspakets zu

Trotz vieler Bedenken vor allem in der Union hat der Bundestag eine Verlängerung des Hilfspakets für Griechenland um vier Monate mit großer Mehrheit gebilligt. Dem Antrag stimmten am Freitag in Berlin 542 Abgeordnete zu - so viele wie nie zuvor bei Griechenland-Hilfen. 32 votierten mit Nein, 13 Parlamentarier enthielten sich.

Damit kann das aktuelle, 2012 beschlossene Programm bis Ende Juni verlängert werden. Es geht nicht um neue Finanzhilfen, sondern um mehr Zeit, das bestehende Programm abzuarbeiten.   

Schon vor der namentlichen Abstimmung hatten mehrere Abgeordnete von CDU und CSU angekündigt, eine Verlängerung des Hilfsprogramms abzulehnen. Angesichts dieser Bedenken warb Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) um Zustimmung. Er zeigte Verständnis für den wachsenden Unmut über die griechische Regierung. Die Entscheidung über eine Verlängerung des Hilfsprogramms sei für keinen Abgeordneten leicht. "Es fällt uns wahnsinnig schwer - jedem einzelnen von uns."

Mehrheit der Linkspartei für Verlängerung

Ebenso wie die meisten Abgeordneten von Union, SPD und Grünen stimmte auch die Mehrheit der Linkspartei der Verlängerung des bisher von ihr abgelehnten Hilfspakets zu. Hintergrund ist die enge Beziehung zur linken griechischen Regierungspartei Syriza von Ministerpräsident Alexis Tsipras und Finanzminister Gianis Varoufakis. Nach langem Hin und Her hatte Athen eine Verlängerung bis Ende Juni beantragt.  

Linksfraktionschef Gregor Gysi gab Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Schäuble eine Mitverantwortung für den Erfolg der Links-Rechts-Regierung in Athen. Die deutsche Politik habe zu Sozialabbau, hoher Arbeitslosigkeit und einem Zusammenbruch der medizinischen Versorgung in Griechenland geführt, sagte Gysi. "Das war eine Kamikazepolitik."

Schäuble erinnert an deutsche Verantwortung

Schäuble erinnerte vor der Abstimmung an die Verantwortung, die Deutschland angesichts seiner Geschichte für Europa habe: "Wir Deutsche sollten alles daran tun, dass wir Europa zusammenhalten, so weit wir es können, und zusammenführen. Wieder und wieder." Es gehe nicht um neue Milliarden für Griechenland, sondern darum, zusätzlich Zeit zur Verfügung zu stellen, um das laufende Hilfsprogramm erfolgreich abzuschließen.   

Nach dem neuesten ZDF-"Politbarometer" bezweifeln 71 Prozent der Deutschen, dass Griechenland die angekündigten Sparmaßnahmen und Reformen umsetzen wird. Nur rund ein Viertel (26 Prozent) glaubt, dass es dazu kommen wird.  

In einer Vorabstimmung in der Unionsfraktion hatten 22 Abgeordnete mit Nein gestimmt. Ihrer Kritik gab der CDU-Abgeordnete Klaus-Peter Willsch eine Stimme. Er plädierte erneut für einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone. "Schauen Sie sich Tsipras an, schauen Sie sich Varoufakis an: Würden Sie von denen einen Gebrauchtwagen kaufen? Wenn die Antwort darauf Nein ist, dann stimmen Sie auch mit Nein heute. Das Elend wird weiter gehen."

Drittes Hilfsprogramm im Sommer?

Dass im Sommer ein drittes Hilfsprogramm für Griechenland aufgelegt werden muss, wird unterdessen immer wahrscheinlicher. Für die SPD sagte Fraktionsvize Carsten Schneider, dafür müsse Athen die jetzt gemachten Zusagen aber auch einzuhalten. "Es liegt an den Griechen selbst, wir reichen ihnen die Hand", sagte Schneider. "Die teuerste Lösung jetzt wäre der Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone."   

Auch Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter warf der Bundesregierung vor, mit dem Beharren auf Sparauflagen für Griechenland gescheitert zu sein. Nachdem der bisherige Kurs keine Erfolge gebracht habe, müsse der neuen Regierung in Athen eine Chance gegeben werden. Ein zu erwartendes drittes Hilfspaket müsse so gestaltet werden, "dass am Ende ein stabiles und wohlhabendes Griechenland steht".

Wesentliche Beschlüsse der Euro-Gruppe zu Griechenland

Das Hilfsprogramm für Griechenland von 2012 wird um vier Monate bis Ende Juni verlängert. Erst wenn dieses Programm erfolgreich abgeschlossen ist, sollen die restlichen Hilfsgelder der Europäer ausgezahlt werden. So hatte es die Euro-Gruppe vereinbart:   

REFORMLISTE: Die griechische Regierung legte am vergangenen Montag eine erste Liste mit Reformen vor, die auf den bereits bestehenden Vereinbarungen basieren. Die "Institutionen"  - gemeint sind die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank (EZB) und der Internationale Währungsfonds (IWF) - akzeptierten diese erste grobe Reformliste, die Finanzminister der Euro-Gruppe stimmten dann am vergangenen Dienstag einer Verlängerung zu. Bis Ende April muss Athen seine konkreten Reformpläne vorlegen.  

PROGRAMM: Das schon 2012 beschlossene "Programm" wird auf griechischen Wunsch offiziell nur noch "Master Financial Assistance Facility Agreement" genannt. Ohne Verlängerung wäre das schon einmal gestreckte Programm am 28. Februar um 24.00 Uhr ausgelaufen. Neben dem Bundestag mussten auch Parlamente anderer Länder zustimmen.  

REFORMZUSAGE: Athen hat sich verpflichtet, Reformen nicht einseitig ohne Absprache mit den "Institutionen" zurückzunehmen. Grundlage sind die bisherigen Auflagen, wobei die "bestehende Flexibilität bestmöglich" genutzt werden soll. Die Athener Regierung darf keine Maßnahmen ergreifen, die die Finanzstabilität des Landes gefährden.   

RESTZAHLUNG: Nur wenn das aktuelle Programm erfolgreich abgeschlossen wird, soll Athen die restlichen Finanzhilfen erhalten. Das kann spätestens Ende Juni/Anfang Juli sein oder - sollte Athen schneller fertig sein - auch vorher. Es geht um 1,8 Milliarden Euro aus dem Euro-Rettungsfonds EFSF sowie Gewinne der EZB aus dem Verkauf griechischer Staatsanleihen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro.  Bereits ausgezahlte Kredite zur Stabilisierung der griechischen Banken werden an den EFSF zurück transferiert. Eine Zweckentfremdung soll so vermieden werden. Hier geht es um etwa 10,9 Milliarden Euro.  

HAUSHALT: Griechenland muss Vorgaben für den Primärüberschuss - ein Haushaltsplus ohne Zinsen - erfüllen. Für 2015 aber sollen die "wirtschaftlichen Umstände" berücksichtigt werden. Eine genaue Vorgabe für 2015 gibt es nicht. In den Folgejahren muss das Ziel von 4,5 Prozent der Wirtschaftsleistung eingehalten werden.

Sehen Sie auch: Martin Schulz: “Griechenland ist nicht schlecht behandelt worden”