Bundestag streitet über Friedenskundgebungen zum Ukraine-Krieg
Die jüngsten Großkundgebungen zum Jahrestag des Ukraine-Kriegs haben eine scharfe Debatte im Bundestag über die Abgrenzung zu den politischen Rändern und die Grenzen der Meinungsfreiheit nach sich gezogen. Vertreterinnen und Vertreter von Union, Grünen und FDP warfen der Linkspartei am Donnerstag im Plenum vor, mit Rechtsaußen-Kräften gemeinsame Sache zu machen und sich nicht ausreichend vom Aggressor Russland abzugrenzen.
Linke und AfD beklagten ihrerseits eine Verengung der Meinungsfreiheit, die immer weniger Raum für abweichende Meinungen biete. Die Debatte folgte der Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).
Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) sagte mit Blick auf die Kundgebungen vom vergangenen Wochenende, dass "maßgebliche Vertreter" von ganz links und ganz rechts "in geradezu bizarrer Gemeinsamkeit" vorsätzlich Täter und Opfer verwechselten.
Merz warf namentlich der Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht vor, in einer TV-Sendung die Vergewaltigungen ukrainischer Frauen durch russische Soldaten relativiert zu haben. Wenn eine Abgeordnete solche Äußerungen treffe, "dann ist das zynisch, menschenverachtend, dann ist das einfach nur niederträchtig, dann ist das beschämend für unser ganzes Land".
Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann warf der Linken vor, sich in öffentlichen Kundgebungen "wissentlich gemein" zu machen mit rechten Kräften. Die Linke treibe hier ein "billiges Spiel", sagte Haßelmann. "Ich finde es unverantwortlich." Sie legte der Linken zur Last, mit der Forderung nach einem Ende der Waffenlieferungen an Kiew dem "Aggressor Putin" in die Hände zu spielen. Die Ukraine benötige Unterstützung "auch mit Waffen, sonst könnte sie sich nicht selbst verteidigen, und sie hat alles Recht, das zu tun".
Auch FDP-Fraktionschef Christian Dürr kritisierte, bei den Kundgebungen würden Täter und Opfer bewusst verwechselt. Dies sei "nicht zulässig", sagte er. Wenn Teile der Linken gemeinsame Sache mit den Rechten machten, "dann müssen Sie sich von diesen Kräften trennen", sagte Dürr an die Adresse der Linksfraktion.
Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch sah sich in der Debatte veranlasst, die Haltung seiner Fraktion klarzustellen. Russland führe einen "brutalen und unerträglichen Feldzug gegen die Ukraine", sagte Bartsch. "Es muss alles getan werden, dass Russland diesen Krieg endlich beendet, und da gibt es keine Relativierung meiner Fraktion, es ist die Position meiner Fraktion."
Bartsch beklagte zugleich eine "riesige Allianz aus Politik und Medien", die es als alternativlos darstelle, die Ukraine mit Waffen zu versorgen. Er sehe hier eine "unsägliche Verengung des Meinungskorridors", sagte Bartsch. "Wer den Krieg beenden will, der ist kein Friedensschwurbler, der ist auch kein Putin-Versteher."
AfD-Fraktionschef Tino Chrupalla warf der Bundesregierung vor, abweichende Meinungen zur Ukraine-Politik zu unterdrücken. Die Regierung wolle "alle Unliebsamen mundtot" machen, sagte er. "Sie machen sich zum Totengräber unseres Grundgesetzes."
Chrupalla kritisierte die deutsche Unterstützung für die Ukraine. "Die Bundesregierung liefert Ausrüstung und Waffen in einen Krieg, in den wir uns besser nicht einmischen sollten, denn das ist nicht unser Krieg", sagte er.
pw/cne