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Bundestagswahl 2013, oder: Mutti besiegt den ungezogenen Schuljungen

Bundestagswahl 2013, oder: Mutti besiegt den ungezogenen Schuljungen

Das war deutlich: Peer Steinbrück wehrte sich lautstark und nach Kräften - doch gegen Angela Merkel und ihren einschläfernden Wohlfühl-Wahlkampf blieb er chancenlos. Die Bundestagswahl 2013 geriet zum Triumphzug für die Kanzlerin, bei dem es außer ihr fast nur Verlierer gab - gerade auch auf Seiten der FDP und der Grünen. Am Ende scheint es, als sei kein einziger Bundesbürger mit dem Wahlausgang so richtig glücklich - noch nicht einmal Merkel selbst.

Von Malte Arnsperger

Peer Steinbrück streckt seinen Mittelfinger aus. Es war die Geste des Bundestagswahlkampfes 2013. Nicht nur, weil sich wohl noch nie ein bundesdeutscher Spitzenpolitiker mit einer derart provokant-pubertären Gebärde bewusst in der Öffentlichkeit gezeigt hat. Auch, weil sie so symbolhaft für den gescheiterten Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück ist. Einen Kandidaten, der sich stets falsch verstanden  fühlte, der sich dagegen oft wie ein kleiner Junge wehrte, der mit seiner Impulsivität stets unberechenbar und letztlich einfach nicht reif war für die Kanzlerschaft.

Aber fairerweise muss man auch konstatieren: Peer Steinbrück und seine SPD hatten nie eine wirkliche Chance. Nicht bei dieser Wahl, und vor allem nicht gegen diese Gegnerin. Denn es zeigte sich 2013 vor allem eines ganz deutlich: Die Deutschen wollen keine Experimente, sie wollen Kontinuität und Sicherheit. Sie wollen Mutti.

Mutti, offiziell Angela Merkel, war in diesem Wahlkampf die haushohe Favoritin und von Anfang an war klar: Wenn sie keinen entscheidenden Fehler macht, dann ist ihr die dritte Amtszeit nicht zu nehmen. Und genau so kam es dann auch. Denn die anderen machten Fehler. Vor allem die SPD und ihr Kandidat stolperten geradezu durch den Wahlkampf. Ob Wein-Preise, Kanzlergehalt oder Reden-Honorare, ständig sorgte Steinbrück für einen neuen Aufreger, der ihn Kredit bei den Wählern kostete und vor allem von seinen Stärken ablenkte. Auch die Grünen, die lange in den Umfragen so stark waren, dass sie die schwächelnde SPD hätten stützen können, ließen Federn. Ihre verfehlte Wahlkampagne mit Fokus auf Steuererhöhungen und die Forderung nach einem Veggie-Day kamen nicht gut an.  Den anderen Parteien erging es nicht viel besser. Die Piraten zerfleischten sich intern und konnten selbst von dem wie für sie gemalten Thema, der NSA-Spitzelaffäre, nicht profitieren. Und auch Merkels Koalitionspartner FDP blamierte sich ständig, ob durch Brüderles Dirndl-Bemerkung oder die peinliche Zweitstimmen-Bettelkampagne.

Bei solchen, nun ja, „Konkurrenten“, musste sich Merkel nie Sorgen machen und die Union konnte ihren einschläfernden, auf die Kanzlerin fokussierten Wohlfühl-Wahlkampf in Ruhe abspulen. Auch das TV-Duell, das klar an Steinbrück ging, oder die NSA-Affäre, die kein gutes Licht auf Merkels Regierungsmannschaft warf, konnten der Kanzlerin nichts anhaben. Im Gegenteil: Sogar ihre skurrile Neuland-Bemerkung beim Besuch von US-Präsident Barack Obama schien sie für die Wähler eher noch sympathischer zu machen.

So kam es am 22. September wie  es kommen musste: Die Unionsparteien mit ihrer Überfigur Merkel fuhren einen überragenden, ja historischen Wahlsieg ein und schrammten nur knapp an der absoluten Mehrheit vorbei. Die SPD gewann nur marginal hinzu und konnte die Verluste der Grünen nicht ausgleichen.  Feiern konnte man bei der euro-kritischen AFD, die den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde nur knapp verpasste. Der ganz große Verlierer des Wahlabends waren aber die Liberalen, die es zum ersten Mal seit der Gründung der Bundesrepublik nicht in den Bundestag schafften.

Diesem Umstand ist geschuldet, dass der grandiose Wahlsieg einen bitteren Beigeschmack für die Union hat. Denn mangels wirklicher Alternativen muss Merkel mit der SPD koalieren und ist gezwungen, sich einen wesentlich stärkeren und unbequemeren Partner in die Regierung zu holen. So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass die Koalitionsverhandlungen extrem hart geführt wurden und noch immer andauern. Wie auch immer die neue Regierungsmannschaft aussehen wird - es wird eine Mannschaft ohne Peer Steinbrück sein. Der stänkert wieder. Oder hält wieder Reden.