Business-Coach Hümmeke - Warum Sie trotz Erfolg nicht glücklich sind – und wie Sie das ändern!

Menschen fallen oft nach dem Erreichen eines Ziels oder nach großen Erfolgen in ein sprichwörtliches Loch.<span class="copyright">Getty Images/ridvan_celik</span>
Menschen fallen oft nach dem Erreichen eines Ziels oder nach großen Erfolgen in ein sprichwörtliches Loch.Getty Images/ridvan_celik

Ziele erreicht und sind immer noch nicht glücklich? Business-Coach und Neurowissenschaftler Dr. Frederik Hümmeke verrät, wie Sie mit der richtigen Vision Ihre Ziele erreichen und dauerhaft motiviert bleiben.

Immer wieder hören wir von Menschen, die ihr Ziel erreichen aber dennoch traurig und enttäuscht sind. Warum ist das so?

Dass Menschen nach dem Erreichen eines Ziels oder nach großen Erfolgen in das sprichwörtliche Loch fallen ist ein bekanntes Phänomen. Der erfolgreichste Schwimmer der Welt, Michael Phelps, fiel nach seinem immer wieder herausgezögerten Karriereende in eine tiefe Depression anstatt seinen Ruhm und seinen finanziellen Reichtum zu genießen. Aus meinen Coachings kenne ich Fälle von Unternehmern, die beispielsweise nach dem erfolgreichen Verkauf ihrer Firma in dieses Loch fielen – und als unglückliche Multi-Millionäre zu enden drohten.

Dieses Phänomen hat verschiedene Ursachen, die vor allem mit unserem Stress- und Belohnungssystem zusammenhängen und schlussendlich sogar auf biochemische Prozesse in unserem Körper zurückzuführen sind. Eine Schlüsselrolle spielt dabei das Dopamin.

Dopamin ist ein Neurotransmitter des zentralen Nervensystems. Es spielt eine wesentliche Rolle unter anderem bei der Regulation von emotionalen Reaktionen, Motivation, Lust und kognitiven Funktionen. Über das Belohnungssystem beeinflusst Dopamin unser Empfinden von Freude und Belohnung. Das Loch, das wir spüren, ist aus physiologischer Sicht nichts weiter als ein sogenannter Dopaminabriss. Dysbalancen im Dopaminhaushalt werden nicht umsonst in der klinischen Forschung mit psychischen Störungen wie Depressionen assoziiert.

Übrigens kennen auch MDMA-User diesen Effekt: nach dem wohligen Extasy-Hoch, das durch die Ausschüttung von Dopamin ausgelöst wurde, folgt unweigerlich ein Dopaminkater. Die Tanks sind dann sozusagen leer und müssen erst wieder aufgefüllt werden – bis dahin fühlt der User sich schlecht, ist gereizt und nervös. Bis zum nächsten Mal.

Wie kann man diese Frustphasen vermeiden?

Es ist sehr hilfreich, sich die Zusammenhänge zwischen Dopamin und dem eigenen Befinden immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Das hilft, kurzfristige Frustphasen zu überstehen. Noch besser ist es, seine Ziele so zu gestalten, dass es auch nach dem Erreichen dieses Ziels nicht zu einem Dopaminabriss kommt. Dazu dürfen wir die konkreten Ziele, die wir uns setzen, einbinden in eine größere Vision dessen, wie wir leben wollen und was wir im Leben erreichen wollen.

Wie wollen wir uns fühlen? Wir dürfen darauf achten, dass wir uns Ziele setzen, die idealerweise nicht mit einem einzelnen Moment enden - wie dem Verkauf eines Unternehmens. Man kann durchaus das Ziel haben, Reichtum aufzubauen, aber man kann auch ein anderes Ziel haben: Tägliche Lebensqualität auf hohem Niveau kontinuierlich zu verbessern.

Wenn jemand das Ziel hat, 15 Millionen Euro Vermögen aufzubauen und sich denkt, „Ich verkaufe den Laden jetzt“, dann hat er zwar das angestrebte Vermögen, aber er erlebt gleichzeitig einen Dopaminabriss. Denn jetzt ist kein Ziel mehr da, Motivation und damit auch Dopamin sind weg.

Wer ein Ziel erreicht hat, ist erstmal ziellos. Und dieser Zustand stresst vor allen Dingen dann, wenn man vorher – vielleicht jahrelang – intensiv auf dieses Ziel hingearbeitet hat. Wenn die Motivation weg ist, dann kann das Stress-System endlich mal richtig arbeiten: Bedenken, Sorgen, eine getrübte Sicht auf die Welt, mehr Stress und schlechte Stimmung sind die Folge.

Welche Strategien empfehlen Sie, um klare Ziele und Visionen für das persönliche und berufliche Leben zu definieren?

In meinem neuen Buch „Follow Your Flow“ beschreibe ich neben weiteren Strategien auch das Prinzip der Visionskaskade. Das Modell dient zum einen zur Selbstmotivation, um mit ungeliebten oder schwierigen Aufgaben zu beginnen, aber es führt vorwiegend zu einer tragfähigen Vision dessen, was wir wirklich im Leben erreichen wollen.

Eine gut formulierte Visionskaskade umfasst viele verschiedene Bereiche und konzentriert sich nicht auf ein Einzelziel. Dazu dürfen wir uns bei all unserem Tun fragen, was die dahinterliegende Vision ist. Was ist das eigentliche Ziel und was erreiche ich damit, wenn ich am Ende die 15 Millionen auf dem Konto habe? Will ich das? Oder sind die Millionen nur Mittel zum Zweck und als Vision ganz falsch formuliert? Lautet meine Vision nicht eigentlich anders? Beispielsweise: „Ich möchte sorgenfrei in meinem Traumhaus leben und mit meinen Freunden viele tolle Momente erleben“?

Daran schließt sich die Frage an, was sind denn tolle Momente für mich, was möchte ich erleben? Und die Antworten darauf können ganz verschieden sein: „Ich möchte Abenteuer erleben“ ist genauso erlaubt wie „Ich möchte einen positiven Unterschied im Leben von Menschen machen“.

Bei der Formulierung der Vision spielen Finanzen, Beruf, Familie und Freunde eine große Rolle, darüber hinaus aber auch alle persönlich wichtigen Ziele, wie beispielsweise ein Wunschlebensgefühl. Erreicht man ein Ziel in einem Bereich, kann man nahtlos an einem anderen Themenfeld weiterarbeiten. Außerdem sorgt die Kaskade dafür, dass auf das eine Ziel, das ich erreiche, ein weiteres folgt. Ich falle also nicht mehr in ein Loch der Orientierungslosigkeit.

Wie kann man sich selbst motivieren, um konkrete Ergebnisse in seinem Leben zu erzielen?

Auch hierbei hilft die Visionskaskade, weil sie deutlich macht, dass jedes konkrete Tun mit unserer großen Vision in Verbindung steht. Dabei gehen wir von unten nach oben. Nehmen wir zum Beispiel an, Sie müssen eine Präsentation für ein wichtiges Meeting vorbereiten. Lust haben Sie aber keine. Schwierig ist das Thema auch. Im nächsten Schritt fragen Sie sich, warum es gerade schwierig ist, eine Präsentation zu erstellen. Weil Sie komplexe Inhalte vermitteln müssen, und zwar so, dass die Kollegen überzeugt sind. Was passiert, wenn die Präsentation fertiggestellt ist?

Wenn sie fertig ist, sind die Kollegen überzeugt, begeistert und unterstützen Ihre Initiative. Und wenn sie Ihre Initiative unterstützen, was passiert dann? “Na ja, dann bekomme ich den Startschuss für ein wichtiges Projekt und kann es beginnen”. Was passiert, wenn Sie damit beginnen? “Dann habe ich die Chance, mit dem Projekt erfolgreich zu sein." Und wenn Sie mit dem Projekt erfolgreich sind, was passiert dann? “Dann kann ich den nächsten Karriereschritt machen." Und dann? Und dann? Zwei, drei mehr Fragen, und Sie sind zum Beispiel bei einem glücklichen Leben oder dort angelangt, was Erfolg für Sie bedeutet.

Wenn man diesem Prozess stringent folgt, landet man am Ende immer bei einer Vision, die so stark ist, dass sie genügend Dopamin aus uns herauskitzelt, damit wir mit der Aufgabe beginnen können.

Durch das richtige Formulieren der Vision sprechen wir gleichzeitig unser limbisches und unser frontales System im Gehirn an, was man, sehr stark verkürzt, so erklären kann, dass unsere Vision sowohl auf emotionaler als auch auf rationaler Ebene greift. Unsere Vision – oder unser abgeleitetes Ziel – fühlt sich gut an und wir glauben daran, dass wir es (vielleicht) erreichen können, gleichzeitig ist es wichtig und besitzt Relevanz für uns. Wir wollen es haben. Und zwar jetzt.

Was sind die Schlüsselkomponenten eines idealen Mindsets für Erfolg und Produktivität?

Um Produktivität zu steigern und letztlich erfolgreich zu sein, ist zunächst ein Verständnis der physiologischen Grundlagen von Produktivität essenziell. Dazu gehören ausgewogene Ernährung, genügend Schlaf und angemessene Bewegung, wobei die individuellen Bedürfnisse stark variieren, besonders beim Schlaf. Sobald diese Grundlagen erfüllt sind, kann ein produktivitätsförderndes Mindset aufgebaut werden.

Entwickeln eines Growth-Mindsets: Nach Carol Dweck ist das Wachstumsdenken entscheidend. Es besagt, dass Fähigkeiten entwickelbar sind durch Einsatz und Beharrlichkeit. Im Gegensatz dazu sehen Menschen mit einem festen Mindset ihre Fähigkeiten als unveränderlich an, was zur Vermeidung von Herausforderungen und Angst vor Misserfolg führen kann – zu einem Glauben, etwas womöglich nicht zu können und deshalb erst gar nicht anzufangen.

Gleichzeitig liegt darunter oft der unbewusste Glaubenssatz, etwas „nicht verdient“ zu haben bzw. Erfolg oder ein gutes Leben stünden einem selbst nicht zu. Hier hilft es, eventuell mit einem guten Coach an der Seite, sich einmal die eigenen Glaubenssätze bewusst zu machen und hemmende Glaubenssätze zu identifizieren.

Eine weitere populäre Idee, die uns hemmt, ist die Idee, unser Leben müsse immer möglichst stressfrei verlaufen. Das ist Quatsch. Wir brauchen den Wechsel zwischen Herausforderungen und entspannten Phasen.

Optimierungslust: Bewahren – oder entwickeln – Sie Freude daran, Prozesse zu verbessern und effektiver zu gestalten. Nutzen Sie alle Kompetenzen um besser zu werden. Die Bereitschaft, sich kontinuierlich weiterzubilden und neue Möglichkeiten zur Steigerung der Effektivität zu erkunden ist zentral. Ein bewusstes Entkommen aus dem Alltagstrott und das Einnehmen einer Außenperspektive können neue Wege aufzeigen.

Handlungsorientierung: Der entscheidende Schritt ist der Beginn. Der „Aktivierungsdefault“, also das Prinzip „Einfach anfangen!“, ermöglicht es, Prokrastination zu überwinden und produktive Phasen effektiv zu nutzen. Etwas zu verbessern ist immer einfacher, als etwas neu zu schaffen. Sie müssen ein Konzept machen? Schreiben sie in einer Stunde eine erste, miese Version. Und dann gehen sie an die Verbesserung.

Wenn Sie diese Tipps alle kombinieren, können sie systematisch Produktiver werden. Wenn Sie dann noch das Ziel klug wählen. haben Sie gute Chancen für Erfolg ohne Dopaminabriss.