Der BVB muss Götze ehrwürdig verabschieden

Hallo Bundesliga-Freunde,

im maximalen Hype um "Torweger" Erling Haaland wurde ein Spieler zuletzt oft vergessen, dessen sportliches Schicksal beim BVB mittlerweile besiegelt ist: Mario Götze, der berühmteste Spieler von Borussia Dortmund, mit seinem goldenen Tor im WM-Finale 2014 zum Weltstar aufgestiegen, ist endgültig aufs Abstellgleis geraten. Ein paar Wochen noch, dann packt er seinen Kram und ist weg.

In den bisher acht Partien in diesem Jahr spielte Götze kumulierte 14 Minuten. Sechsmal gar nicht. Er ist nicht alt, immer noch erst 27 - aber er wird nicht mehr gebraucht. Das klingt hart, und das ist auch hart, denn Borussia Dortmund, das ist für Götze nicht irgendein Verein, sondern sein Verein. 2001, im Sommer, gerade neun geworden, trug er zum ersten Mal das schwarzgelbe Trikot. 19 Jahre später streift er es ab, sehr wahrscheinlich endgültig.

Würdiger Abschied ist eine Herausforderung

Die Gründe sind zuallererst sportlich: In Dortmunds Hochgeschwindigkeits-Offensive haben ihn andere überholt. Haaland, 19 Jahre, aber auch Giovanni Reina, 17, über den BVB-Macher hinter vorgehaltener Hand sagen, dass er das größte Potenzial aller hat, die sie jemals im Training hatten. Trainer Lucien Favre zieht sie Götze vor und der hält es aus.

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Eine Hauptrolle bekam Götze beim BVB in dieser Saison nur noch, wenn es um relevante Marketing-Aufgaben ging: Auf der Werbe-Reise durch die USA im vergangenen Juli drehte sich vieles um ihn, da durfte er auch spielen, beide Partien von Beginn an. Im aufwendigen Intro ihrer eigenen Amazon-Serie, die in über 200 Ländern abgerufen werden kann, ist Götze ebenfalls gesetzt, als einer der BVB-Helden.

Auf Borussia Dortmund kommt die große Herausforderung zu, ihrem Dortmunder Jungen einen würdigen Abschied zu bereiten. Dafür zu sorgen, dass Mario Götze seinen BVB im Sommer, wenn sein Arbeitsvertrag ausläuft, nicht durch den Hinterausgang verlässt - sondern mit stehenden Ovationen auf der großen Bühne. Er hätte nur das verdient.

"Wenn ich nun in meine Heimat zurückkehre", waren Götzes Worte, vor vier Jahren, als er vom FC Bayern wieder nach Dortmund kam, "möchte ich versuchen, alle Menschen - gerade auch die, die mich nicht mit offenen Armen empfangen - durch Leistung zu überzeugen. Es ist mein Ziel, wieder meinen besten Fußball zu spielen. Für uns alle, den Klub und die BVB-Fans." Die Dortmunder Verantwortlichen freuten sich, Götze wieder "in seinem Heimatverein" zu sehen.

Götze noch nicht im Maskottchen-Alter

Am Ende war die Rückkehr, also Götzes zweite BVB-Zeit, keine Erfolgsstory. Beide Seiten haben vieles versucht, gereicht hat es nicht. Für ein zukünftig deutlich geringeres Gehalt hätten sie ihm trotzdem ein neuen Vertrag gegeben, doch weder die Zahlen überzeugten Götze, noch die Perspektiven. Was ihm am wichtigsten ist, können sie ihm nicht geben: Er möchte wieder Fußball spielen, regelmäßig, er möchte gebraucht werden.

So wird es hochinteressant, wie Götze seine Zukunft gestaltet. Er ist noch nicht im Maskottchen-Alter, überhaupt kein Claudio Pizarro, 41, dem ein paar Einwechslungen auf Sparflamme genügen. Aber in eine zweitklassige Fußball-Liga zu wechseln, die USA zum Beispiel oder China, das wäre auch zu früh und würde seinen Ansprüchen kaum gerecht. Oder doch?

Für die Premier League, wo ja auch die mittelgroßen Klubs herausragend bezahlen, fehle ihm die Härte, meinen sie in Dortmund. Und dass die Top-Klubs in Spanien und Italien kein großes Interesse an ihm hätten. Den meisten sei einfach zu unklar, was er denn wirklich könne.

Wichtig wird, dass sie Mario Götze in Dortmund ehrwürdig verabschieden. Oft sind es Kleinigkeiten, statt großer Gesten, die den Unterschied machen. Ein wichtiger, entscheidender und damit relevanter sportlicher Moment lässt sich leider nicht programmieren, doch genau so einer wäre Götze beim BVB noch zu wünschen. Als bleibende Erinnerung - an 16 gemeinsame Jahre.

Tobias Holtkamp, der Autor dieses Textes, war in der Chefredaktion von Sport Bild und Chefredakteur von transfermarkt.de. Heute berät er Sportler und Marken in ihrer inhaltlichen und strategischen Ausrichtung. Für SPORT1 schreibt Holtkamp als Chef-Kolumnist die wöchentliche "Bundesliga-Kolumne".