Warum der BYD Dolphin das Zeug zum neuen Volks-Wagen hat

Berlin (dpa/tmn) - Bislang haben sie es vor allem in der Premium-Liga oder mit Preisbrechern versucht, die bisweilen sogar über branchenfremde Fachmärkte verkauft worden sind. Doch jetzt drängt zum ersten Mal ein gleichermaßen alltagstaugliches wie bezahlbares Elektroauto aus China an die Ladesäule, das damit das Zeug zum Massenmodell hat.

Denn wenn der chinesische Marktführer BYD im letzten Quartal den Dolphin ins Land holt, wirken die elektrischen Einstiegsmodelle der deutschen Hersteller noch teurer, als sie ohnehin schon sind.

Ein Grundpreis von 30.990 Euro macht den 4,30 Meter langen Fünftürer zu einem der günstigsten vollwertigen E-Autos am Markt - selbst Kleinwagen wie der Renault Zoe oder der Opel Corsa sind teurer und dafür nicht unbedingt besser.

Ansehnlich, aber alles andere als aufregend

Dafür gibt es ein nett, aber nüchtern gezeichnetes Steilheck im Format des VW Golf, das sich außen von der optionalen Zweifarblackierung und dem Graffitidekor an Kühler und C-Säule abgesehen aber keinerlei Sperenzchen erlaubt.

Auch innen geht es vergleichsweise nüchtern und konventionell zu - mit überraschend hochwertigen Materialien fast überall im direkten Griffbereich und erfreulich vielen klassischen Schaltern. Außerdem gibt es auf zwei Etagen jede Menge Stauraum in der Mittelkonsole, die zwischen den Insassen so hoch und mächtig aufragt wie einst die eine kleinere Chinesische Mauer.

Ein Bildschirm als Blickfang

Zwar wirkt das Cockpit der bei 2,70 Metern Radstand angenehm geräumigen Kabine nüchtern und gewöhnlich. Aber es gibt dafür bei der Bedienung - anders als etwa beim VW ID.3 als wichtigstem Konkurrenten und seinen Sensortasten im Lenkrad oder der Sliderliste unter dem Bildschirm - keine Rätsel auf.

Und ein Gadget haben die Chinesen ja trotzdem eingebaut: Denn ihr Touchscreen auf dem Armaturenbrett ist nicht nur dreimal so groß wie das mickrige Display hinter dem Lenkrad. Sondern auf Knopfdruck dreht er sich zudem um 90 Grad von horizontal auf vertikal, sodass jeder Fahrer seine favorisierte Navigationsansicht genießen kann - und die verdutzten Blicke der anderen Passagiere.

Beim Antrieb regiert der Rotstift

Während Ambiente und Ausstattung auf Augenhöhe mit den zum Teil deutlich teureren und bisweilen obendrein kleineren Europäern sind, erkennt man den Rotstift erst beim Antrieb. Denn in dem ab Anfang 2024 lieferbaren Basismodell hat die Batterie gerade mal 44,9 kWh und damit etwa zehn Prozent weniger als im Opel Corsa oder 25 Prozent weniger als im Basismodell des VW ID.3. Übrigens hat der Akku Lithium-Eisen-Phosphat statt Lithium-Ionen-Zellen und ist deshalb angeblich sicherer und auf jeden Fall deutlich billiger.

Entsprechend gering ist die Reichweite, die BYD auf 340 Kilometer taxiert. Und mit einem Motor von 70 kW/95 PS kann man auch keine Bäume ausreißen. Aber erstens reicht auch der schon für 150 km/h und zweitens kann der Dolphin ja auch mehr.

Für 2000 Euro Zulage gibt’s den Motor mit 130 kW/176 PS und dann 160 km/h. Und wer mindestens 35 990 Euro bezahlt, kann mit 150 kW/204 PS und einem auf 60,4 kWh vergrößerten Akku bis zu 427 Kilometer weiterfahren. Corsa & Co. kommen da schon noch nicht mehr mit, und mit dem ID.3 oder dem elektrischen Opel Astra ist der BYD dann bereits auf Augenhöhe.

An der Ladesäule wird der Dolphin zum Bummler

Die Fahrleistungen sind konkurrenzfähig, die Reichweite alltagstauglich - und um eine besonders präzise Lenkung oder ein aufwendiges Fahrwerk schert sich in dieser Klasse ohnehin keiner.

Deshalb wird sich auch niemand daran stören, dass der Dolphin vergleichsweise schwammig abgestimmt ist und man in Kurven bisweilen ein bisschen korrigieren muss, statt scharf um die Ecken zu schneiden. Aber immerhin: Alle wichtigen Assistenzsysteme von der Abstandsregelung bis zur Spurführung sind ja an Bord.

Autos wie den Dolphin kauft man schließlich - genau wie übrigens auch den ID.3, den Renault Zoe oder den Opel Corsa Electric - nicht wegen des Fahrvergnügens, sondern um von A nach B zu kommen.

Doch wo die Chinesen wirklich patzen, das ist beim Laden. 7 kW am Wechsel- und 60 kW am Gleichstrom für den kleinen Akku sind unterirdisch und auch die 11 und 88 kW für den großen Akku kaum konkurrenzfähig. Wer nicht über Nacht zu Hause oder während der Arbeit laden kann, der braucht mit dem Dolphin viel Geduld und eine gute Planung.

Fazit: In guter Tradition

BYD ist eine vergleichsweise neue Marke - aber der Dolphin steht in einer guten Tradition. Denn mit akzeptablen Eckwerten, alltagstauglichen Abmessungen und einem halbwegs bezahlbaren Preis ist der Dolphin zwar ganz sicher kein Traumwagen. Doch ist er ein E-Auto, das sich die breite Masse leisten und das einen Kompakten als einziges Auto im Haushalt ersetzen kann.

Datenblatt: BYD Dolphin Comfort

Motor und Antrieb:

Elektromotor

Hubraum:

-

Max. Leistung:

150 kW/204 PS

Max. Drehmoment:

310 Nm

Antrieb:

Frontantrieb

Getriebe:

1-Gang-Automatik

Maße und Gewichte

Länge:

4290 mm

Breite:

1770 mm

Höhe:

1570 mm

Radstand:

2700 mm

Leergewicht:

1658 kg

Zuladung:

k.A.

Kofferraumvolumen:

345-1310 Liter

Fahrdaten:

Höchstgeschwindigkeit:

160 km/h

Beschleunigung 0-100 km/h:

7,0 s

Durchschnittsverbrauch:

15,9 kWh/100 km

Reichweite:

427 km

CO2-Emission:

0 g/km

Batteriekapazität:

60,4 kWh

Schadstoffklasse:

k.A.

Energieeffizienzklasse:

A+

Kosten:

Basispreis des BYD Dolphin (Comfort)

30 990 Euro (35 990 Euro)

Typklassen:

k.A.

Kfz-Steuer:

0 Euro/Jahr

Wichtige Serienausstattung:

Sicherheit:

Sechs Airbags, adaptiver Tempomat, LED-Scheinwerfer, Spurführungshilfe

Komfort:

Klimaautomatik, drehbarer Navigationsmonitor, Zentralverriegelung.