BYD Sealion 7 im Test - Gegen dieses China-Auto hat VW keine Chance mehr
Den Marktstart in Deutschland hat Chinas Tesla-Jäger BYD bislang verpasst. Doch die Autos werden schnell besser. FOCUS online hat den neuesten Stromer Sealion 7 getestet. Der Wagen ist sehr gut - und dabei spielt der E-Antrieb nicht einmal die entscheidende Rolle.
BYD ("Build your Dreams") hat erst einmal einen Fehlstart in Deutschland hingelegt. Die Verkäufe blieben 2024 hinter den Erwartungen zurück . Nun haben die Chinesen, die sich neben Tesla zum weltweit erfolgreichsten Hersteller von E-Autos entwickelt und in ihrer Heimat die Marke Volkswagen in Sachen Verkaufszahlen quasi an die Wand der chinesischen Mauer geklatscht haben, radikal aufgeräumt, das Händlernetz reorganisiert, die Europa-Führung ausgetauscht und vor allem: Neue Modelle am Start. Mit dem Sealion 7 ("Seelöwe 7") ist zwar die Namensfindung nach wie vor etwas eigenwillig, doch das SUV mit seiner Coupe-artigen Form ist optisch absolut gelungen. Und was kann er sonst? FOCUS online macht den ersten Test.
Innenraum, Bedienung und Infotainment
Der Wagen ist 4,8 Meter lang und hat einen 2,9 Meter langen Radstand. Im Fond sitzt man sehr bequem mit guter Knie- und Kopffreiheit. Eher Durchschnitt ist der Kofferraum. Vorn unter der Haube gibt es einen kleinen Frunk (Front-Kofferraum).
Was jedem VW-Manager sofort die Blässe ins Gesicht treiben dürfte, ist die saubere Verarbeitung des Sealion 7 mit einem gut designten Cockpit, hochwertig wirkenden Materialien und bequemen Ledersitzen. Der Sealion 7 bietet eine angenehme Mischung aus konventionellen Schaltern und Touchscreen-Bedienung. Der Fahrstufen-Hebel sitzt klassisch an der Mittelkonsole, es gibt ein Rädchen zur Lautstärken-Verstellung des Radios und die Rekuperation (Bremsenergierückgewinnung) kann man mit einem kleinen Hebel an der Mittelkonsole anpassen.
Das Head-Up-Display ist etwas schmucklos und in der Anzeige im Vergleich zu den coolen Maxi-Anzeigen von BMW, Audi und Co. etwas klein geraten. Aber immerhin ist es im Top-Modell serienmäßig. Der große Navigationsbildschirm lässt sich horizontal oder vertikal drehen und überzeugt mit einem gut an den deutschen Straßenverkehr angpassten System; nur beim Lesen von Tempo-Schildern versagt die Technik des China-Stromers mitunter. Navigiert wird mit Google Maps. Ein Redakteur des Magazins „Stereoguide“, mit dem wir den Wagen zusammen rund um Offenbach testen, war zudem beeindruckt von der Qualität des Soundsystems.
Antrieb, Akku und Verbrauch
Der BYD baut auf der „e-Platform 3.0“ auf und nutzt erstmals in einem europäischen Modell die neue „Blade“-Batterie mit weniger Platzbedarf und mehr Leistungsdichte, deren Technik die Chinesen auch an andere Hersteller verkaufen. Die Lithium-Eisenphosphat-Technik (LFP) kommt ohne Kobalt aus und soll weniger anfällig für Akkubrände sein. Der Blade-Akku soll künftig für riesige Reichweiten bis 1000 km gut sein - im Sealion 7 ist das noch nicht der Fall: Offiziell 502 km weit kommt die Top-Version mit 91 kWh-Akku; in der Praxis darf man mit den ersten Testfahrten als Anhaltspunkt eher mit 400 bis vielleicht 450 km rechnen.
Das Basismodell des Sealion 7 hat Heckantrieb und eine E-Maschine mit 230 kW Leistung. Die von uns getestete Allrad-Version AWD mit zwei Motoren hat eine Spitzenleistung von 390 kW / 530 PS. In 4,5 Sekunden rennt der Allrad-BYD dann von 0 auf 100 km/h und erreicht auf der Bahn 215 km/h. Spätestens hier wird jeder VW-Händler ein Problem haben, wenn er leistungshungrigen Kunden erklären will, warum VW seine Stromer bei maximal 180 km/h abregelt. Ein BYD, der einen VW ID.7 Pro S auf der linken Spur locker überholt? Herzlichen Glückwunsch Volkswagen, da habt ihr euch wohl von den falschen Beratern den Bären aufbinden lassen, dass Tempo und Leistungs nichts mehr zählen in der Elektroauto-Welt. Internationale Anerkennung - Experten nehmen BYD auseinander: „Wie können sie das so billig bauen?“
Komfort und Fahrverhalten
Fairerweise muss man sagen, dass BYD mittlerweile so von sich überzeugt ist, dass man VW schon gar nicht mehr registriert, sondern eher BMW, Audi und Porsche als Konkurrenz für den Sealion anpeilt. Nun, so eine krasse Fahrmaschine wie ein Porsche E-Macan oder ein BMW i5 ist der Sealion sicher nicht.
Aber erstens können die Chinesen ja noch eine Performance-Variante nachlegen. Und zweitens ist der BYD Sealion 7 von all den diversen chinesischen E-Autos, die wir bislang getestet haben, dasjenige mit der überzeugendsten Abstimmung von Fahrwerk, Lenkung und Handling (und übrigens auch deutlich besser als der etwas hölzerne BYD Seal U). Es gibt keine störenden Einflüsse auf die Lenkung, die zwar elektrisch, aber dennoch präzise arbeitet. Die Wankbewegungen in Kurven sind angenehm klein, das Einlenkverhalten super, die Abrollgeräusche der Reifen niedrig. Der Sealion 7 machte während unserer Testfahrt sowohl in den Serpentinen des Feldbergs als auch auf der Autobahn vor allem eins: Mächtig Fahrspaß.
Kosten und Ausstattung
Preislich rangiert der Sealion 7 im unteren Drittel des Segments. Er wird ab 47.990 zu haben sein, die Top-Version bei knapp 59.000 Euro liegen. Das ist für ein E-SUV mit guter, aber auch nicht überragender Reichweite viel Geld, im Vergleich mit der Konkurrenz trotzdem sehr fair. Die Ausstattung des Top-Modells ist komplett, da muss man eigentlich nichts mehr zusätzlich ankreuzen außer der gewünschten Lackierung. Geladen wird der BYD Sealion an der Gleichstrom-Schnellladesäule mit bis zu 230 kW, so dass der Sprung von 20 auf 80 Prozent Ladestand in bestenfalls 18 Minuten gelingt. Hier kann mancher Konkurrent zwar schon schneller laden - aber da in der Realität sowieso meistens nie die von den Herstellern versprochene Ladeleistung erreicht wird, ist das kein Drama. Deutsche Automobilindustrie steckt in der Krise - Bürger mit klaren Forderungen: Jeder Dritte will neue Abwrackprämie
Fazit
Der E-Antrieb des neuen BYD Sealion 7 ist State-of-the-Art, wobei in Sachen Verbrauch und Reichweite auch dieser Stromer keine Wunder vollbringt. Die Konkurrenz kann das jedenfalls nicht schlechter; der neue Kia EV3 zum Beispiel ist effizienter als der Sealion.
Doch es ist gar nicht nur der E-Antrieb, um dem sich die Konkurrenz und allen voran Volkswagen Sorgen machen muss. Es ist das Gesamtpaket: Die Qualitätsanmutung im Innenraum ist deutlich besser als bei VW, das Infotainment-System mit Google Maps ist bis auf ein paar Abstriche wirklich klasse und vor allem: Der Sealion 7 fährt sich sehr gut. „Da klappert nichts“, würde Ex-VW-Chef Winterkorn sagen. Der Preis ist leider kein Schnäppchen, aber angesichts des Gebotenen absolut fair. Lediglich der höhere Wertverlust von E-Autos sowie speziell China-Autos im Vergleich zu anderen Marken ist noch ein Problem für potenzielle Kunden; generell sollte man einen BYD daher eher leasen statt kaufen.
Wenn BYD jedoch in diesem Tempo seine Autos weiter verfeinert und ganz offensichtlich auf den europäischen Kundengeschmack trimmt, dann können die Chinesen sehr wahrscheinlich ihren verpatzten Markstart wieder wettmachen und den etablierten Autobauern von VW über Skoda bis Hyundai und Tesla ordentlich gegen das Schienbein treten.