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Bye Bye Formel Deutschland - was kommt nach Vettel?

Es gab Zeiten in der Formel 1, da war fast jeder dritte Fahrer ein Deutscher.

Es ist noch kein Jahrzehnt her, da standen 2010 mit Michael Schumacher, Sebastian Vettel, Nico Rosberg, Nico Hülkenberg, Adrian Sutil, Timo Glock und Nick Heidfeld gleich sieben deutsche Fahrer gleichzeitig in der Startaufstellung.

Auch 2016 war in der Königsklasse ein ganz besonderes Jahr. Weil entweder Rosberg, Vettel oder Mercedes gewannen, wurde nach jedem einzelnen Saisonrennen die deutsche Hymne gespielt.

Von der schwarz-rot-goldenen Ära ist in der Formel 1 nicht mehr viel übrig.

Formel 1: Wo sind die deutschen Talente?

Der Vertrag von Nico Hülkenberg bei Renault wurde nicht verlängert, das letzte freie Cockpit bei Alfa Romeo an den Italiener Giovinazzi vergeben. Nach zehn Jahren in der Formel 1 bleibt für Hülkenberg 2020 wohl nur die Rolle als Zuschauer.

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Mit Sebastian Vettel verbleibt ein einziger deutscher Pilot. Der viermalige Weltmeister ist in seinem Ferrari zwar einer der wichtigsten Fahrer, doch sein Vertrag läuft nach dem nächsten Jahr aus und wie es danach mit dem 32-Jährigen weitergeht, ist völlig offen. Auch ein Karriereende steht im Raum.

Die einstmals von Deutschen dominierte Formel 1, in der Schumacher, Vettel und Rosberg zusammen zwölf WM-Titel holten, könnte bald komplett ohne deutsche Beteiligung von statten gehen.

Und weil ab nächster Saison auch noch der Große Preis von Deutschland auf dem Hockenheimring wegfällt, spielt die Bundesrepublik eine noch kleinere Rolle.

Wie geht es weiter? Können die deutschen Formel-1-Fans trotz nur eines verbliebenen Fahrers hoffnungsvoll in die Zukunft blicken?

Mick Schumacher ist die größte Hoffnung - und die einzige?

Nahezu alle Hoffnungen lasten bereits jetzt auf Mick Schumacher. Der Sohn von Rekordweltmeister Michael Schumacher gehört der Driver Academy von Ferrari an und fährt inzwischen in der Formel 2.

Nicht nur seine Landsleute, auch Motorsportfans aus aller Welt wollen den 20-Jährigen eines Tages in einem Ferrari sehen – besser früher als später. Als Sohn von "Schumi" genießt er bereits jetzt die Sympathien. Doch richtig rund läuft es aktuell noch nicht.

In seinem ersten Formel-2-Jahr liegt Schumacher in der Fahrerwertung nur auf Rang zwölf, für ein F1-Cockpit ist er aktuell noch nicht bereit. Auch in der Formel 3 hatte der Youngster zwei Jahre gebraucht, um sich zu akklimatisieren und den Meistertitel zu erringen.

Dennoch ist er ohne Frage am nächsten dran an der Formel 1 und sollte den Sprung dank Ferrari-Unterstützung und seines Talents mittelfristig auch schaffen. Wozu er auf ganz hohem Niveau tatsächlich in der Lage ist, muss sich dann zeigen. Sein Potenzial hat er schon oft gezeigt. Bislang hat es sich ausgezahlt, behutsame Schritte zu gehen.

Allzu hoch ist die Talentdichte in Deutschland dahinter derzeit nicht. In diversen Nachwuchsserien weltweit gehen momentan mehr als 300 Nachwuchsfahrer an den Start. Nur zwölf von ihnen sind Deutsche.

David Schumacher mit guten Chancen

Neben Mick ruhen die Hoffnungen noch auch einem anderen Schumacher: David Schumacher. Der Sohn von Ex-Formel-1-Pilot Ralf Schumacher gilt ebenfalls als talentiert und mitunter sogar als der etwas schnellere Schumacher dieser Generation.

Vater Ralf ist für die Karriere eine große Hilfe, David dürfte ebenfalls gute Chancen auf die Königsklasse haben, denn auch sein Vater setzt auf den zurückhaltenden Ansatz. Er fördert und fordert David, setzt seinen Sohn aber nicht zusätzlich unter Druck.

Beim prestigeträchtigen Macau-GP der Formel 3 könnte er am Wochenende für ein Ausrufezeichen setzen. Neben seinem Vater gewann dort auch schon Michael.

In der Formula Regional Europe, einer Formel-3-Serie, rangiert Schumacher derzeit auf Platz vier.

Woher kommen die Nachwuchssorgen?

Auch Sophia Flörsch mischt in dieser Serie mit und liegt im Gesamtklassement nur zwei Plätze hinter Schumacher. Die 18-Jährige gilt als eines der größten weiblichen Talente und ist nach ihrem Horrorcrash in Macau 2018 inzwischen einem größeren Publikum bekannt.

Formel-4-Champion Lirim Zendeli erlebt derzeit mit Gesamtplatz 16 eine schwierige Saison in der Formel 3. So ergeht es auch David Beckmann, der bereits in der GP3 unterwegs war und deutlich größere Ambitionen hat als den derzeit elften Rang.

Zendeli ist mit gerade 20 Jahren ein Juwel ist, das geschliffen werden muss - er sollte 2020 für weitere Ausrufezeichen sorgen, den nächsten Schritt machen, um im Gespräch zu bleiben. Beckmann blieb nach seinem starken Jahr 2015 in der Formel 4 in höheren Klassen blass. Auch für ihn ist die Bühne Macau eine Chance.

Maximilian Günther, der bereits als Simulatorpilot für Mercedes gefahren ist, startet aktuell in der Formel E. Dies gilt auch für Ex-Formel-1-Pilot Pascal Wehrlein.

Bereits in der deutschen Formel 4 zeigt sich, dass es aktuell mit dem Nachwuchs hakt. Obwohl es sich um eine deutsche Rennserie handelt, sind nur vier der 24 Piloten aus der Bundesrepublik. Doch zumindest dort gibt es einen Hoffnungsschimmer. Niklas Krütten hat dort schon einige gute Resultate eingefahren. Der 17-Jährige hat eine Menge Potenzial.

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Die Nachwuchssorgen im deutschen Motorsport sind aber nicht nur auf eine geringere Dichte an Talenten zurückzuführen, vor allem das fehlende Geld spielt eine große Rolle.

Wehrlein und Günther scheitern am Geld

Das musste beispielsweise Wehrlein schon am eigenen Leib erfahren. Er verlor wegen des Geldes nach zwei Jahren trotz guter Leistungen sein F1-Cockpit. Durch starke Leistungen in der Formel E konnte er auf sich aufmerksam machen und könnte die Rückkehr schaffen.

Das Problem: Er ist 2020 bereits die dritte Saison raus aus der F1. Ist dafür extrem ehrgeizig, hartnäckig und schnell.

Auch bei Günther war bislang das fehlende Geld das Problem, weniger das Talent. Er klopfte in der Formel 2 bereits an die Tür zur F1, suchte dann aber mit der Formel E eine Alternative. hätte den Speed, den Ehrgeiz und den Fleiß und eine Chance verdient.

Geld spielt eine wichtigere Rolle als Talent

Das Finanzielle ist und bleibt die größte Hürde auf dem Weg in die Königsklasse des Motorsports, betonten auch Glock Ende 2018 im der Rheinischen Post: "Es kann nicht sein, dass Nachwuchsklassen ab 500.000 Euro aufwärts im Jahr kosten. Und bei der GP2 reden wir schon von 1,5 bis 2 Millionen Euro. Da ist man auf dem falschen Weg. Deswegen kommt der Nachwuchs – die wahren Talente – immer weniger durch, und Leute, die einen großen finanziellen Background haben, haben es einfacher."

Die meisten Nachwuchsfahrer beziehungsweise deren Eltern können sich dies schlicht und ergreifend nicht leisten.

"Die Entwicklung ist dramatisch und zeigt, dass der Sport in die falsche Richtung geht und einfach zu teuer wird. In zehn Jahren kauft man sich wahrscheinlich die ganze Formel 1, ich weiß es nicht", klagt Glock.

Dies gilt auch für den Sprung in die Formel 1. Für die finanzstarken Topteams ist die Herkunft und die finanzielle Ausstattung ihrer Fahrer nicht essentiell, für die kleinen Rennställe schon. Um den Sprung in ein Cockpit zu schaffen, sind Millionen auf dem Konto der Eltern oder ein finanzkräftiger Sponsor äußerst hilfreich.

Nicht umsonst haben in den letzten Jahren Fahrer wie Pastor Maldonado, Lando Norris, Carlos Sainz, oder Lance Stroll einen Platz in der Königsklasse eingenommen.

"Die besten Teams haben natürlich schon noch die besten Rennfahrer, die es weltweit gibt. Aber bei allem, was danach kommt, kann man mehr und mehr ein Fragezeichen dahinter setzen", meint Glock.

Zumindest am Finanziellen dürfte es bei Mick und David Schumacher nicht scheitern.