Calexico-Cocktail schmeckt Berlin besonders

Der Sänger Joey Burns der US-amerikanischen Band Calexico auf der Bühne in Berlin. Foto: Britta Pedersen

«Hallo Berlin!» Als Joey Burns, Frontmann der Folkrock-Truppe Calexico, den abgenutzten Musikergruß in sein Publikum ruft, klingt das an diesem Abend anders als üblich: weniger routiniert, fast zärtlich.

Denn ein Berlin-Konzert, das scheint so etwas wie ein Heimspiel für diese so sympathische wie virtuose Band zu sein. Das ist auch am Samstagabend in jeder der 110 Minuten eines hochwertigen Hauptstadt-Auftritts zu spüren.

Nicht nur sitzt mit City Slang das rührige Plattenlabel von Calexico in Berlin - was Sänger/Gitarrist Burns auch diesmal mit warmen Dankesworten zu würdigen weiß. Zudem kommt mit dem deutschen Multi-Instrumentalisten Martin Wenk einer der langjährigen Bandmusiker aus der Stadt an der Spree. Und: Calexico, diese mit einem echten Trademark-Sound gesegnete Multikulti-Formation aus Tucson/Arizona, hat in Berlin ihre wohl größte und treueste Fangemeinde weltweit.

Im wieder mal ausverkauften Plüsch-Ballsaal «Heimathafen Neukölln» wird auch Calexico-Novizen sofort klar, warum diese Band hierzulande dermaßen beliebt ist und regelmäßig hoch in die Album-Charts einsteigt, so auch mit dem neuen Werk «Edge Of The Sun». Der musikalische Anzug der bunten Truppe um die Gründungsväter Burns und John Convertino (Schlagzeug) sitzt auch nach fast 20 Jahren noch wie angegossen - mit melodischem Indierock, sonnigem Mariachi-Gebläse, melancholischen Balladen, flirrenden Wüsten-Klängen sowie weiteren Einsprengseln aus Pop, Latin, Jazz und Elektronik.

Äußerst eingängig und irgendwie experimentell zugleich ist dieser Sound. Erst recht in den Live-Shows entsteht daraus dank der Spielfreude aller Musiker ein unwiderstehliches Gebräu, das zumindest zum Wiegen in den Hüften, auf jeden Fall zur Bewegung einlädt - der Calexico-Cocktail.

Auch die für viele noch recht ungewohnten Lieder des achten regulären Studioalbums, etwa «Falling From The Sky» oder «Miles From The Sea», gewinnen in temperamentvollen Konzertvarianten nochmal hinzu. Und Repertoire-Klassiker wie «Güero Canelo» oder «Across The Wire» - aus der besten Calexico-Platte «Feast Of Wire» von 2003 - sorgen, bei aller gelegentlich spürbaren Abgeklärtheit dieser Band, immer noch für Glücksmomente.

Zwei Coverversionen bescheren Calexico im «Heimathafen» ihren begeisterten Fans: das längst zum Live-Standard gereifte «Alone Again Or» (ursprünglich ein Sixties-Hit der kalifornischen Band Love) und überraschend «The One I Love» von R.E.M. - in einer Fassung, die man sich gut für den hitzigen Abspann einer Folge der US-Kultserie «Breaking Bad» hätte vorstellen können. Unter anderem mit solchen Ideen entkommt die Musik von Calexico am Ende doch stets der Gefahr, zum Wohlfühl-Klischee zu gerinnen.

Zumal Haupt-Songwriter Burns bis heute dezent Neues in den ohnehin farbenfrohen Sound einbaut - zuletzt Reggae oder Ska, überhaupt sogenannte Weltmusik. «Neugierig auf andere Kulturen zu sein, ist ein natürlicher Instinkt. Kinder leben uns das vor, sie haben keine Vorurteile», sagte er kürzlich der österreichischen Nachrichtenagentur APA in Wien.

Das weltoffene Berliner Publikum dankt für diese Geisteshaltung, indem es Calexico nach Burns' freundlichem «Hallo Berlin!»-Auftakt besonders euphorisch zurückgrüßt. Schon am 19. November gibt es eine weitere Gelegenheit, diese geglückte Beziehung zwischen Band und Hauptstadt-Fans auszuleben - bei einem Konzert in der Columbiahalle.

Weitere Tourdaten 2015: 20.4. Köln, E-Werk; 21.4. München, Muffathalle; 22.4. Zürich, Volkshaus; 17.6. Heidelberg, Halle 2; 18.6. Ulm, Ulmer Zelt; 19.6. Duisburg, Traumzeit Festival / 5.8. Luhmühlen, A Summer's Tale; 10.8. Karlsruhe, Zeltfestival; 19.11. Berlin, Columbiahalle

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