Campinos Drogenbeichte bei Markus Lanz: "Es gab viele Momente, die knapp waren"

Vom Spiel des Lebens: Das Gespräch, das Markus Lanz am Dienstagabend mit Campino führte, hatte seine denkwürdigen Momente.

Nirgendwo sonst im deutschen Fernsehen prallen die Welten derart unterhaltsam aufeinander wie bei "Markus Lanz" am späten Abend im ZDF. Das Risiko, dass dabei mithin der normale Rahmen eines Talksformas komplett gesprengt wird, scheint dabei bewusst einkalkuliert zu sein.

Die Ausgabe vom Dienstag war in dieser Hinsicht ein Musterbeispiel. Erst ging der Gastgeber mit dem Washington-Korrespondenten Elmar Theveßen in medias res zum Verhalten, das der US-Präsidenten Donald Trump seit seiner Corona-Erkrankung an den Tag legt, dann wurde mit dem FDP-Politiker Wolfgang Kubicki und "Spiegel"-Journalistin Susanne Beyer trefflich über die Debattenkultur gestritten, was in einer handfesten verbalen Auseinandersetzung zwischen Lanz und Kubicki gipfelte, und dann breitete Campino, der Frontmann der Band Die Toten Hosen, nicht nur seine innige Liebe zum Punkrock und zum Fußballklub FC Liverpool aus, sondern bei der Gelegenheit auch gleich sein ganzes Leben, inklusive einer Drogenbeichte. Alles in allem wieder einmal eine Lanz-Ausgabe, aus der man auch drei Sendungen hätte machen können.

Typisch Lanz und fast ein bisschen unheimlich: Campino, der in die Sendung gekommen war, um über sein neues Buch "Hope Street: Wie ich einmal englischer Meister wurde" und vornehmlich über seine Beziehung zu England im Allgemeinen, zum englischen Fußball im Besonderen und ein bisschen auch über Liverpool-Coach Jürgen Klopp zu plaudern, sah sich auf einmal veranlasst, im Schnelldurchlauf die ganz großen Fragen seines Lebens zu verhandeln.

"Wir waren auf der Suche nach Kontrollverlust"

Unter anderem sprach er über seinen konservativen Vater, immerhin CDU-Mitglied und ein hochrangiger Richter, der sich in den 80er-Jahren zum treuen Fan der Band entwickelte. Als Lanz gegen Ende der Sendung schließlich unter Verweis auf ein ähnliches Gespräch, das er einmal mit Robbie Williams geführt habe, nonchalant den "Sex, Drugs & Rock'n'Roll"-Lifestyle anschnitt, erreichte die Sendung sogar noch einen ihrer berühmten Gänsehaut-Momente. "Wir haben alles Mögliche ausprobiert", erinnerte sich Campino und gestand: "Es gab natürlich viele Momente, die knapp waren."

Der 58-Jährige äußerte im weiteren Verlauf des Gesprächs die Vermutung, dass die "Gefahren des Größenwahns und Drogen zu konsumieren", wohl auch bei Journalisten oder in der Welt der Schauspieler nicht weniger gegeben seien. Menschen, die in besonderen Stresssituationen stünden und sich vor anderen bewähren müssten, suchten wohl häufiger nach Möglichkeiten, "eine Abkürzung zu nehmen, vielleicht um ihre Ängste niederzukämpfen oder um abschalten zu können, nachdem sie aufgedreht sind". Campino sprach davon, dass viele dieser Menschen früher oder später eine Begegnung mit "Tabletten, Pharmazie oder Alkohol" hätten ... - "oder, was wir da halt damals veranstaltet haben, mit illegalen Substanzen".

Als Markus Lanz nachhakte, ergänzte der Hosen-Frontmann: "Wir waren auf der Suche nach Kontrollverlust." Die Möglichkeit, dabei zu sterben, sagte Campino, "hat man schon in Kauf genommen, ohne sich darüber so im Klaren zu sein". Es sei eben die Suche "nach dem ultimativen Kick" gewesen, ein "Ritt auf der Rasierklinge. Das war unser Spiel." Aber, so der Sänger, "Gott sei Dank kommt man irgendwann auch darüber hinweg". Überhaupt sei "das Desperatomäßige" in jungen Jahren von einer eigentümlichen Romantik geprägt, "die dann immer mehr verflacht". Aus ähnlichen Gründen klettere er heute bei Konzerten auch nicht mehr auf Bühnengerüsten herum, denn, so Campino: "Es wird irgendwo jämmerlich mit der Zeit."

"Donald Trump toppt das immer wieder"

Da Markus Lanz jetzt schon mal beim unvermeidlichen Thema des Alterns angelangt war, verlangte er Campino ganz am Schluss noch eine ultimative Antwort ab. Was er als "letzte Tätigkeit" seines Lebens vorziehen würde, wollte er von dem Musiker und Fußball-Enthusiasten wissen: ein Hosen-Konzert oder ein Liverpool-Spiel? - "Ich würde mich für das Liverpool-Spiel entscheiden", antwortete Campino prompt. Denn er schaue das "als Rentner mit denselben Augen wie als Zwölfjähriger". Also könne "das letzte Spiel ruhig nah an mein Lebensende gepackt werden - das wäre ganz gut."

Auch bei den beiden anderen großen Themen des Talks brachte sich der Punkrocker ein. "Man denkt immer, das kann nicht noch unverschämter, da kann nicht noch mehr gelogen werden", sagt er etwa über Donald Trump. "Aber er toppt das immer wieder." Und zum Thema Sprachentwicklung und Streitkultur bemerkte Campino, man solle "verdammt noch mal sensibilisiert sein", wie wir mit Begriffen umgehen. Eine "allgemeine Verrohung" von Sprache und Dabattenkultur sei allgemein wahrzunehmen. Dies hänge nach seiner Meinung "sehr wohl mit dem Internet, der Vernetzung und Verschnellung von Information zusammen" und "mit der Möglichkeit, sich anonym auseinanderzusetzen".