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Carsharing in Köln: Ein geteiltes Fahrzeug kann 18 private Autos ersetzen

Die Stadt Köln hofft, dass der Boom anhält.

Wer in einem dicht besiedelten Stadtteil wohnt, kennt den abendlichen Kampf um einen Parkplatz nur allzu gut. Es stehen so viele Pkw am Straßenrand, dass kaum eine Lücke zu finden ist. Das Auto erfreut sich dennoch nach wie vor größter Beliebtheit. Um die von der Europäischen Union festgesetzten Klimaziele und Luftreinhaltewerte zu erreichen, setzt die Stadt auf einen Verkehrsmix mit größeren Anteilen für den öffentlichen Nahverkehr, den Radverkehr und Carsharing-Angebote, also die organisierte gemeinschaftliche Nutzung von Autos. „Carsharing bewegt offensichtlich viele Menschen dazu, ihr Verkehrsverhalten anzupassen“, sagt Klaus Harzendorf, Leiter des Amts für Straßen und Verkehrstechnik. 78 Prozent der Haushalte, die daran teilnehmen, seien autofrei. „Das hat eine deutliche, nachweisbare Wirkung“, so Harzendorf. Viele Menschen würden ihr eigenes Auto abschaffen und sich dann mit einer Mischung aus KVB, Rad und Carsharing fortbewegen. Ziel: Flächendeckendes Angebot Um zu verdeutlichen, wie positiv die Verwaltung das Carsharing betrachtet, zieht Harzendorf eine Erhebung in den Stadtteilen Sülz und Klettenberg heran. Dort ersetze ein Carsharing-Fahrzeug 18 private Pkw. „Das ist zwar nicht repräsentativ, weil die Infrastruktur dort außergewöhnlich gut ist, aber es zeigt, wo es hingehen kann“, sagt Harzendorf. Aus Sicht der Stadt müsse ein flächendeckendes Angebot das Ziel sein. Im Bundesschnitt wird davon ausgegangen, dass ein Carsharing-Auto sieben bis acht private Pkw ersetzen kann. Um das Carsharing in Köln zu fördern, unterstützt die Stadt die Anbieter. Elektro-Fahrzeuge dürfen Parkplätze zum Beispiel kostenlos nutzen. Die Verwaltung erlässt zudem Investoren bei Neubauten die Verpflichtung, Stellplätze zu bauen, wenn eine Carsharing-Station angegliedert wird. Stetiges Wachstum Die in Köln tätigen Carsharing-Unternehmen berichten von einem stetigen Wachstum und Plänen, ihre Flotten zu erweitern. Cambio, bereits seit 1992 in der Stadt tätig, hat den eigenen Fahrzeugbestand seit dem vergangenen Jahr von 450 auf 500 Autos erhöht. Elf der 90 Stationen im Stadtgebiet wurden in den vergangenen zwölf Monaten eröffnet. „Wir werden jetzt vor allem im Bereich der Elektroautos zulegen“, sagt Cambio-Marketingchefin Tanya Bullmann. Der Bestand soll von bislang 20 auf 40 Fahrzeuge verdoppelt werden. „Als stationsgebundener Anbieter sind wir dafür prädestiniert, weil wir die Ladeinfrastruktur direkt mitanbieten können“, so Bullmann. Ein nächstes Ziel sei eine engere Vernetzung mit anderen Verkehrsträgern. Cambio bietet an drei neuen Mobilitätsstationen in Mülheim Fahrzeuge an. Die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) sind dort mit ihren Leihrädern vertreten. Noch in diesem Jahr soll es eine gemeinsame Kundenkarte von Cambio und KVB geben. Die KVB will zudem zehn Elektro-Leihräder in Betrieb nehmen. Köln und Düsseldorf gemeinsam erfasst Drivenow, ein Tochterunternehmen des Automobilherstellers BMW und des Mietwagenunternehmens Sixt, verfügt in Köln und Düsseldorf über 620 Fahrzeuge. Der Bestand wird gemeinsam erfasst, weil die Kunden zwischen beiden Städten hin- und herfahren können. In Köln soll in Kürze ein Pilotversuch mit einer Tankstellenkette starten, der ermöglicht, dass die Nutzer ihre Tankrechnung aus dem Auto heraus bezahlen können, damit sie keine Zeit verlieren. Drivenow und der Konkurrent Car-2-Go, ein Tochterunternehmen von Daimler und Europcar, nutzen in München und Hamburg bereits anbieterunabhängige, stadteigene Mobilitätsstationen und wünschen sich das auch für Köln. „Wir denken zurzeit darüber nach, wie das bei uns gehen könnte“, sagt Amtsleiter Harzendorf. ADAC begrüßt Carsharing Die Firma Drivy verfolgt einen anderen Ansatz. Die Plattform ermöglicht es Autoeigentümern, ihr privates Fahrzeug an andere Menschen zu vermieten. Statt eines eigenen Fuhrparks wird auf die Pkw der Mitglieder zurückgegriffen. Bislang sind in Köln 170 Autos verfügbar. Pro Jahr nimmt ein Vermieter im Durchschnitt 770 Euro ein. Die Zahl der Nutzer stieg seit 2016 um 50 Prozent. Flinkster schließlich, das Carsharing-Angebot der Deutschen Bahn, ist in Köln mit etwa 80 Autos vertreten. „Wir begrüßen Carsharing als einen interessanten Baustein, aber es hat noch nicht die verkehrliche Relevanz, die wir uns wünschen“, sagt Roman Suthold, Leiter Umwelt und Verkehr beim ADAC. In Berlin würden 30 Prozent des Carsharings entlang der Hauptachsen des öffentlichen Nahverkehrs genutzt. Das müsse auch für Köln geprüft werden. Die Deutsche Umwelthilfe kritisiert, dass die Kunden der nicht stationsgebundenen Anbieter ihre privaten Pkw sehr oft behalten und die Carsharing-Autos lediglich als Ergänzung benutzen würden. Das sei ökologisch nicht sinnvoll. Die Nutzer stationärer Carsharing-Systeme würden hingegen ihr eigenes Auto überwiegend abschaffen....Lesen Sie den ganzen Artikel bei ksta