CDU-Chef stellt sich gegen Lindner - „So eine Scheiße“: Jetzt erntet Merz wütenden Protest für seine Milei-Aussage

CDU-Chef Friedrich Merz will nach der Bundestagswahl ins Kanzleramt einziehen.<span class="copyright">Christoph Reichwein/dpa</span>
CDU-Chef Friedrich Merz will nach der Bundestagswahl ins Kanzleramt einziehen.Christoph Reichwein/dpa

FDP-Chef Lindner will „mehr Milei und Musk wagen“, CDU-Chef Merz ist entsetzt darüber. In der Union verstehen das viele nicht. Für manche sind die Milei-Aussagen sogar ein Grund für einen Parteiaustritt – verbunden mit heftiger Kritik am Parteivorsitzenden.

Es ist Wahlkampf und damit die Zeit der TV-Fernduelle: FDP-Chef Christian Lindner schießt gegen SPD-Kanzler Olaf Scholz, Grünen-Spitzenkandidat Robert Habeck gegen CSU-Chef Markus Söder und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz gegen Lindner. Wegen letzterem bekommt der CDU-Chef nun Gegenwind in den sozialen Medien.

Die Geschichte nahm ihren Lauf, als Lindner am vergangenen Sonntag im ARD-Talk „Caren Miosga“ erklärte, Deutschland solle „mehr Milei und Musk wagen“. Gemeint war damit, wie er später erklärte, „eine Prise Disruption“ für die Bundesrepublik. In Argentinien baut Regierungschef Javier Milei mit einer radikal-libertären Politik den Staatsapparat zurück, in den USA soll Unternehmer Elon Musk für den designierten Präsidenten Donald Trump das Gleiche tun.

Auch CDU will eigentlich eine Staatsreform

Friedrich Merz hält das für keine gelungenen Beispiele, wie er bei „Maischberger“ erklärte: „Ich bin ehrlich gesagt völlig entsetzt gewesen, dass Christian Lindner diesen Vergleich gemacht hat.“ Mileis Politik würde den Staat ruinieren und die Menschen mit Füßen treten.

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Viele hat die deutliche Distanzierung von Lindner gewundert. Zum einen, weil die FDP vielen in der Union immer noch als Wunsch-Koalitionspartner gilt; zum anderen, weil auch die CDU im Wahlkampf zur Bundestagswahl damit punkten will, den angeblich in Teilen dysfunktionalen Staat wieder funktional zu machen.

Angeblich Parteiaustritt wegen Milei-Aussage von Merz

Offenbar stört dieser Widerspruch manche so sehr, dass sie die Merz-Aussage zum Austritt aus der CDU bewegt hat. Der X-Nutzer Stefan Bachmann war nach eigenen Angaben Mitglied und gab das Ende seiner Mitgliedschaft auf der Plattform von Musk öffentlich bekannt. Er begründete es so: „Was ein peinlicher Auftritt und welch lächerliche Aussage von Friedrich Merz. Während die ganze liberal-konservative Welt die Erfolge von Milei feiert und anerkennt, was er in einem Jahr möglich gemacht hat, benutzt Merz öffentlich-rechtliche Parolen und Fake News zu Argentinien und Milei.“

Bachmann, so schreibt er, kann die Politik des Anarcho-Regierungschefs aus der Nähe einschätzen. Seit November lebe er in Argentinien, geflüchtet vor dem „europäischen grünen Sozialismus“, wie er in seinem Profil schrieb. „Ich habe alle Reformen verfolgt und jeder weiß, dass Milei ganz klar nach seinem Vorbild Ludwig Erhard agiert“, erklärt Bachmann. Die Quellen von Merz und der CDU-Parteizentrale würden hingegen „nicht über die fehlgeleitete deutsche Presse hinauszureichen“. Das habe zu der „derart dummen Aussage“ geführt.

„Nicht mehr meine Wahl für Deutschland“

In Richtung Merz schreibt Bachmann frustriert: „Flirten Sie weiter mit Ihren Grünen und lassen sich von Wüst und Günther erpressen. Aber mit derart unqualifizierten Aussagen und reiner Desinformation sind Sie nicht mehr meine Wahl für Deutschland.“ Besonders enttäuscht ist der X-Nutzer, weil er dem CDU-Chef eigentlich mehr zugetraut hätte: „Ich fasse es immer noch nicht, dass jemand mit Ihrem wirtschaftlichen Background so eine Scheiße von sich lassen kann, wenn die Zahlen, Daten, Fakten bereitstehen.“

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In den Kommentaren unter Bachmanns Tweet gibt es viel Zuspruch für seine Aussagen. Ein anderer Nutzer gibt an, ebenfalls seinen CDU-Austritt vollzogen zu haben. Ein Nutzer mit dem Namen Federico Rodriguez schreibt: „Als Argentinier, der seit 8 Jahren in Deutschland lebt und CDU-Mitglied ist, kann ich nur zustimmen. Diese Aussagen von Merz sind peinlich und sehr enttäuschend“ Andere X-Nutzer verweisen darauf, dass Merz im ARD-Talk indirekt selbst zugegeben habe, keine Ahnung von Argentinien zu haben. Tatsächlich schob Merz in einem Nebensatz ein: „Wir verfolgen das nun auch nicht jeden Tag.“

Merz erhält Unterstützung aus der FDP

Und auch in den klassischen Medien muss Merz einstecken: Die „Süddeutsche Zeitung“ erklärte zum Beispiel: „Mehr Milei und Musk wagen? Lindner hat recht!“ Das Problem sei, dass sich alle im wohligen Wiederaufstiegsgefühl der Erfolgsjahrzehnte eingerichtet hätten. Das müsse sich ändern, „wenn Deutschland in die Erfolgsspur zurückkehren will“.

Unterstützung erhält Merz ausgerechnet aus der FDP. Die frühere Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagte dem „Spiegel“: „Milei will den Staat zerstören, er ist frauenfeindlich und hat mit liberaler Demokratie nichts am Hut.“ Auch an Musk lässt sie kein gutes Haar. Er verfolge radikal eigene Geschäftsinteressen. "Der hat mit unserer Demokratie nichts zu tun. Da stört ihn natürlich die Kontrolle durch staatliche Behörden.“