CDU-Innenexperte schlägt Alarm - „Ist rechtswidrig!“: Deutschland duldet 183.000 Migranten, die ausreisepflichtig sind
Zurückweisungen an Grenzen, verstärkte Kontrollen, Asyl-Wende – fieberhaft sucht die Politik nach Lösungen im Kampf gegen die Folgen der Migration. Ein Thema: Die „Duldung“ von Ausreisepflichtigen. Alexander Throm (CDU) fordert nun einen radikalen Kurswechsel.
Deutschland diskutiert hitzig über die Folgen der Migration und Wege, den Zustrom an Zuwanderern spürbar einzudämmen. 77 Prozent der Deutschen wollen eine grundsätzlich andere Asyl- und Flüchtlingspolitik, ergab eine aktuelle Umfrage.
Probleme bei Integration und Abschiebungen, Zuwandererkriminalität, überforderte Kommunen, enorme Kosten für Migranten, illegale Grenzübertritte – viele Menschen haben die Zustände satt und sehnen sich nach einer echten Asyl-Wende.
Während die Ampelregierung aus SPD, Grünen und FDP das Problem lange Zeit ignoriert und zum Teil verschärft hat oder allenfalls halbherzig angegangen ist, sieht die Union das Land an der „Überforderungsgrenze“ und macht entsprechend Druck.
Im Video: Union erklärt Migrations-Gipfel für gescheitert
„Keine Denkverbote“: Druck in der Migrations-Debatte
Die größte Oppositionspartei im Bundestag legte zuletzt eine Vielzahl an Vorschlägen auf den Tisch, die dazu dienen sollen, die Kontrolle an den Grenzen zurückzuerobern und die Stimmung im Land zu befrieden. So sprachen sich CDU-Chef Friedrich Merz und CSU-Chef Markus Söder für Zurückweisungen von Flüchtlingen an der Grenze aus.
FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner sorgte mit der Bemerkung für Aufsehen, bei der Migrationspolitik dürfe es keine „Denkverbote“ mehr geben.
Auf Deutsch: Wer die Zahl der Migranten deutlich senken und Anreize für irreguläre Zuwanderung möglichst abschaffen will , darf kein Feld auslassen, kein Thema umgehen.
Um eines dieser Themen wird seit vielen Jahren erbittert diskutiert. Es geht um den Status der „Duldung“. Der Streit entbrennt besonders nach schweren Verbrechen, wenn sich wieder einmal herausstellt, dass die Mörder oder Vergewaltiger eigentlich nicht mehr in Deutschland sein dürften, aber vom Staat „geduldet“ werden.
Dann fragen sich viele Menschen: Muss das sein? Sind wir wirklich verpflichtet, Ausländer aufzunehmen und zu finanzieren, die gar kein Recht auf Asyl haben?
226.882 Menschen ausreisepflichtig, die meisten „geduldet“
Das sind die harten Fakten:
Ende Juni 2024 waren 226.882 Menschen in Deutschland ausreisepflichtig. Die meisten von ihnen stammen aus dem Irak, Afghanistan, der Türkei, Russland, Nigeria und Syrien, aber auch aus Ländern wie Kenia, Kamerun, Albanien, Serbien und Nordmazedonien. 44.155 von ihnen könnten oder müssten sofort abgeschoben werden.
Aber: Mehr als 80 Prozent der Ausreisepflichtigen – das sind rund 183.000 Frauen, Männer und Kinder, darunter 111.000 abgelehnte Asylbewerber – haben eine sogenannte „Duldung“. Sie wurden von den Behörden aufgefordert, Deutschland zu verlassen, können aber „aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen“ nicht abgeschoben werden.
Aus diesen Gründen dürfen Migranten bei uns bleiben
Insgesamt gibt es 32 Gründe, bei denen die Ausländerbehörden den Status einer Duldung vergeben können. Zu den Abschiebungshindernissen zählen etwa
fehlende Reisedokumente und ungeklärte Identität,
das Fehlen eines aufnahmebereiten Landes,
ein laufendes Verfahren zur Anerkennung einer Vaterschaft,
eine bevorstehende Heirat mit einem Deutschen oder einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis besitzt,
Abschiebungsstopp für bestimmten Staaten,
ein bevorstehendes oder laufendes Strafverfahren,
familiäre Bindungen,
Betreuung kranker Familienangehöriger,
eine Ausbildung oder Beschäftigung,
medizinische Gründe,
das Stellen eines Asylfolgeantrags,
die Ankunft als unbegleiteter Minderjähriger,
drohende Gefahren für Leib und Leben im Herkunftsland.
Nimmt man diese Regelungen zum Maßstab, wird deutlich, dass viele „geduldete“ Menschen gute oder sogar zwingende Gründe haben, in Deutschland zu bleiben. Etliche haben hier ihren Lebensmittelpunkt gefunden, sind gut integriert, haben sich eine eigene Existenz aufgebaut oder arbeiten in dringend benötigten Jobs.
„Trotz Ausreisepflicht bekommen sie Sozialleistungen“
Aber trifft das wirklich auf alle Betroffenen zu? Befinden sich unter den rund 183.000 aktuell „Geduldeten“ nicht auch Menschen, denen eine Abschiebung durchaus zuzumuten wäre? Sind unter den vom Staat akzeptierten Gründen nicht einige, die zum Missbrauch geradezu einladen und deshalb dringend auf den Prüfstand kommen müssten?
Alexander Throm, Innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, findet im Gespräch mit FOCUS online klare Worte: „An keiner Stelle sieht man die gesamte Widersprüchlichkeit des deutschen Asylsystems so deutlich wie bei der Duldung. Seit Jahren leben Hunderttausende abgelehnte Asylbewerber geduldet in Deutschland. Was bei der Diskussion immer vergessen wird: Diese Menschen halten sich hier rechtswidrig auf! Auch der geduldete Aufenthalt bleibt rechtswidrig, diese Leute sind und bleiben ausreisepflichtig. Trotz Ausreisepflicht dürfen sie arbeiten und bekommen Sozialleistungen.“
Throm: “Rechtswidriges Verhalten nicht länger belohnen!“
Für den Unionsmann steht fest, dass die Politik dringend handeln muss. „Wir dürfen rechtswidriges Verhalten nicht länger belohnen!“ Duldungen sollten nur noch auf Menschen beschränkt bleiben, die wirklich nicht ausreisen können, etwa aus gesundheitlichen Gründen. „Alle anderen sollten nur noch die Kosten für die Rückreise erhalten“, so Throm.
Tatsächlich ist eine „Duldung“ kein Aufenthaltstitel, sondern stellt lediglich eine Aussetzung der Abschiebung dar. „Duldungen“ werden immer so lange gewährt, wie der Erteilungsgrund besteht. Gründe können sich ändern.
Auffällig ist, dass die Zahl der vollziehbar Ausreisepflichtigen seit Anfang letzten Jahres deutlich zurückgegangen ist – von rund 304.000 Ende 2022 auf 262.000 im August 2023.
Das Minus von rund 42.000 Personen beruht jedoch nicht auf der von den Ampelparteien im Koalitionsvertrag großspurig angekündigten „Rückführungsoffensive“ oder dem Versprechen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), „endlich im großen Stil“ abschieben zu wollen.
Der Rückgang erklärt sich vielmehr damit, dass Zehntausende „geduldete“ Ausreisepflichtige aus der Statistik herausgefallen sind, weil sie das sogenannte „Chancen-Aufenthaltsrecht“ beantragt haben und so eine reguläre Aufenthaltserlaubnis erhielten.
Die Frage, ob die „Duldungs“-Praxis in ihrer jetzigen Form noch angebracht ist, stellt sich nicht nur in politischer Hinsicht, sondern auch aus finanziellen Gründen. Zehntausende vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer – und damit auch „Geduldete“ – halten sich bereits seit vielen Jahren in Deutschland auf und bestreiten ihren Lebensunterhalt mit Geld vom Staat.
„Geduldete“ erhalten Leistungen vom deutschen Staat
„Geduldete“ erhalten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Aktuell haben Alleinstehende Anspruch auf 460 Euro im Monat, Kinder je nach Alter zwischen 312 und 408 Euro. Davon müssen sie Essen, Getränke, Kleidung und Kosmetika ebenso bezahlen wie Bustickets oder Handygebühren. Eine Unterkunft bekommt diese Gruppe meist gestellt.
Wenn Menschen länger als 18 Monate geduldet sind, haben sie ein Recht auf ähnliche Leistungen wie die Empfänger von Bürgergeld (aktuell 563 Euro im Monat für Alleinstehende).
Wieviel Geld der deutsche Staat für „Geduldete“ konkret aufbringen muss, ist im Detail nicht bekannt, andere Kosten schon.
So haben 2023 alle Bundesländer zusammen rund 6,3 Milliarden Euro für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ausgegeben. Die meisten „Geduldeten“ leben in Nordrhein-Westfalen (rund 45.000), gefolgt von Baden-Württemberg mit 24.500, Bayern mit rund 20.000, Niedersachsen mit knapp 17.000 und Berlin mit 12.500.
Die gesamten Aufwendungen für Bund und Länder in Zusammenhang mit Flucht und Migration beliefen sich im vergangenen Jahr auf gewaltige 48 Milliarden Euro.