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Chaos am Flughafen: In Frankfurt starten viele Flugzeuge mit Verspätung, weil es an Personal fehlt

Volle Check-In-Schalter am Frankfurter Flughafen sind diesen Sommer keine Seltenheit; dieses Foto ist vom 17. Juli.
Volle Check-In-Schalter am Frankfurter Flughafen sind diesen Sommer keine Seltenheit; dieses Foto ist vom 17. Juli.

Seit Ostern steigt die Zahl der Fluggäste an deutschen Flughäfen Monat für Monat sprunghaft an. So stark, dass selbst die Flughäfen überrascht sind. Im Juli sind am Frankfurter Flughafen rund 2,8 Millionen Passagiere abgeflogen - 57 Prozent mehr als noch im Monat davor. Auf unsere Nachfrage, wie der Frankfurter Flughafen mit dem Ansturm umgeht, sagte uns eine Flughafensprecherin noch Mitte Juni, man rechne "in den nächsten beiden Wochen bis in die Ferienzeit mit einem weiteren Anstieg, der aber weiter deutlich vom Vorkrisenniveau entfernt bleibt."

Jetzt, sieben Wochen später, schlägt der Flughafen andere Töne an. "Das Verkehrsaufkommen reicht in diesen extremen Spitzen nahezu an das Niveau von 2019 heran", so die Flughafensprecherin. Das Problem, das sich daraus ergibt: Das binde, so der Flughafen, "enorm viel" Personal. Das allerdings fehlt an allen Ecken und Enden.

Mehr als die Hälfte der Verspätungen am Frankfurter Flughafen wegen fehlendem Personal

Die Konsequenzen daraus zeigt ein Blick auf die Verspätungen. Daten von Verspätungen sind ein von den Flughäfen gut gehütetes Geheimnis. Jede Verspätung wird intern von den Flughäfen mit einem Code versehen, der den Grund der Verspätung verschlüsselt.

Business Insider liegen diese Daten für den Frankfurter Flughafen von Freitag, 16. bis Montag, 19. Juli dieses Jahres vor. Zu dieser Zeit sind gerade sechs Bundesländer mitten in den Sommerferien, für drei weitere ist es das erste Ferien-Wochenende – Rush-Hour also am Flughafen. An diesen vier Tagen waren insgesamt 162 Flüge mehr als fünf Minuten verspätet. Das Interessante: Mehr als die Hälfte, nämlich 85 Flüge, waren mit einem Code versehen, der sich zurückführen lässt auf besonders sperrige Ladung – oder eben fehlendes Beladepersonal.

Auf seiner Webseite warnte der Flughafen deshalb Passagiere bereits vor. "Aufgrund extremer Aufkommensspitzen kann es im Tagesverlauf zu Wartezeiten kommen", heißt es da. Abfliegende Passagiere sollten sich frühzeitig über den Status ihres Fluges informieren, Wartezeiten könnten unter anderem beim Check-in und den Sicherheitskontrollen auftreten. Auch, wer in Frankfurt landet, muss mit Wartezeiten rechnen: Bei ankommenden Flügen könne sich "die Gepäckausgabe verzögern".

"Operative Herausforderungen" nennt das Fraport, der Betreiber des Flughafens. Deshalb könne es sowohl beim Abflug als auch bei der Ankunft zu Wartezeiten kommen. Alle Mitarbeiter im operativen Bereich der Flugzeugabfertigung seien aus der Kurzarbeit zurückgeholt worden und übernähmen Zusatzschichten, versichert die Fraport-Sprecherin. Das reiche aber nicht aus. Deshalb rekrutiere der Flughafen eine Zahl von Mitarbeitern in der Gepäck- und Bodenabfertigung "in einem niedrigen dreistelligen Bereich". Die Gewerkschaft Verdi kritisiert in der "Frankfurter Rundschau" die "kurzsichtige" Personalentlassung Fraports zu Beginn der Corona-Krise.

Vorbote des drohenden Passagieransturms: Der Frankfurter Flughafen empfiehlt seinen Gästen, "mindestens zwei Stunden vor Abflug" da zu sein – hier ein Screenshot vom 5. August.
Vorbote des drohenden Passagieransturms: Der Frankfurter Flughafen empfiehlt seinen Gästen, "mindestens zwei Stunden vor Abflug" da zu sein – hier ein Screenshot vom 5. August.

Auch am Flughafen Köln/Bonn wurden mehrfach Flugzeuge zu spät abgefertigt

Der Flughafen Frankfurt ist kein Einzelfall. Auch der Köln-Bonner Flughafen „Konrad Adenauer“ kämpft mit dem gesteigerten Flugverkehr. Der „Kölner Stadtanzeiger“ zitiert ein internes Schreiben der Airline Eurowings an ihre Mitarbeiter, in dem es heißt: „An den vergangenen Wochenenden verursachte Personalmangel beim Flughafen Köln/Bonn wiederholt erhebliche Verspätungen beim Be- und Entladen unserer Flugzeuge. Das führte zu deutlichen Verspätungen unserer Abflüge ab Köln.“ Die Fluggesellschaft wirft dem Flughafen vor, er habe die Personalkapazität zur Abfertigung der Flugzeuge nicht rechtzeitig an den Bedarf angepasst.

Gegenüber der "Deutschen Presseagentur" verweist der Flughafen auf die nach wie vor schwierige Situation des Luftverkehrs. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Abläufe und Prozesse im gesamten Luftverkehrssystem seien an allen größeren Flughäfen spürbar. In der Folge komme es auch in Köln/Bonn zu zeitaufwendigeren Abläufen im gesamten Abfertigungsprozess. Zwar habe das Flugaufkommen im Juni nur rund 50 Prozent des Vorkrisenniveaus betragen, gleichzeitig habe in Spitzenstunden die Zahl der Flüge sogar über den Werten von 2019 gelegen. Hinzu komme, dass Airlines kurzfristig zusätzliche Flüge anmeldeten. Das erschwere unter anderem eine verlässliche Einsatzplanung.

Der Flughafen arbeite mit Hochdruck daran, den Personaleinsatz spürbar zu verbessern und suche zahlreiche neue Beschäftigte, hatte ein Sprecher nach Klagen der Gewerkschaft Verdi über den Personalmangel mitgeteilt. Es gebe bereits mehr als 100 Bewerbungen. Die Kurzarbeit sei mit Wiederanlaufen des Verkehrs bei den Bodenverkehrsdiensten beendet worden. Laut Verdi mussten Urlaubsrückkehrer stundenlang auf ihr Gepäck warten.

Mit Material der dpa