Erfolgsserie “Charité”: Die 2. Staffel macht eine historische Figur zum Protagonisten

Die zweite Staffel der beliebten Serie handelt von der Charité zu der Zeit des NS-Regimes. (Bild: ARD/Julie Vrabelova)
Die zweite Staffel der beliebten Serie handelt von der Charité zu der Zeit des NS-Regimes. (Bild: ARD/Julie Vrabelova)

Ab Dienstag (19. Februar, 20.15 Uhr, ARD) wird die zweite Staffel der deutschen Erfolgsserie “Charité” ausgestrahlt. Das Setting ist diesmal die Zeit des NS-Regimes. Im Zentrum steht die (historische) Figur des Prof. Dr. Ferdinand Sauerbruch – ein ambivalenter historischer Charakter zwischen Genie, Regimetreue, Widerstand und cholerischem Verhalten.

Die zweite Staffel der Serie in der renommierten Berliner Medizin-Institution spielt zur Zeit des Nationalsozialismus und arbeitet sowohl mit fiktiven als auch mit historischen Charakteren. Zu ersterer Kategorie zählen die vom Nationalsozialismus überzeugte Medizinstudentin Anni (gespielt von Mala Emde) und der Oberarzt Dr. Artur Waldhausen (Artjom Gilz), die gemeinsam ein Kind bekommen. Dieses entwickelt jedoch einen Wasserkopf. Anni entscheidet sich aber entgegen den NS-Regelungen nicht dafür, es wegzugeben, sondern es zu verstecken – und beginnt an der Ideologie des Regimes zu zweifeln. Die Hauptfigur der zweiten Staffel ist die historische Figur Prof. Dr. Ferdinand Sauerbruch, eine medizinische Koryphäe, der gemeinhin ein ambivalentes Verhältnis zum NS-Regime attestiert wird.

Volker Herres, Programmdirektor des Ersten Deutschen Fernsehens, erklärte in einer Presseaussendung: “Die Fortsetzung wird in der Zeit des Nationalsozialismus spielen, es wird also auch um Aufarbeitung der Medizinverbrechen der Nazis gehen. Damals arbeitete Ferdinand Sauerbruch, einer der bedeutendsten Chirurgen des 20. Jahrhunderts, an der Charité. Sauerbruch war zunächst bekennender Nationalsozialist, protestierte aber dann entschieden gegen das nationalsozialistische NS-Euthanasie-Programm. In diesem historischen Spektrum wird sich der Inhalt der zweiten Staffel ‘Charité’ bewegen.”

Sauerbruchs Verhältnis zum Nationalsozialismus

Tatsächlich lässt sich Sauerbruchs Verhältnis zum Nationalsozialismus als ambivalent beschreiben. 1933 bekannte er sich in einem “offenen Brief an die Ärzteschaft der Welt” zur Ideologie des Nationalsozialismus. “Er hat sich auf eine schwer verständliche, bisweilen sogar unerträgliche Weise mit den jeweiligen politischen Machthabern arrangiert”, zitiert die “Bild”-Zeitung Prof. Dr. Wolfgang Uwe Eckart (67) vom Institut für Geschichte und Ethik der Medizin an der Uni Heidelberg. Sauerbruch sei definitiv deutsch-national gewesen und habe der “antidemokratischen Gesinnung der Zeit” entsprochen. Er sei jedoch nicht der NSDAP beigetreten und habe sich auch dem Antisemitismus verweigert, so Eckart.

Sauerbruch wird von Ulrich Noethen gespielt. (Bild: ARD/Xiomara Bender)
Sauerbruch wird von Ulrich Noethen gespielt. (Bild: ARD/Xiomara Bender)

Auch Sauerbruchs Verhältnis zu Hitler, den er seit 1923 kannte, war durchaus zweischneidig. Sauerbruch konstatierte Hitler als Grenzfall zwischen “Wahnsinn und Genie” und erklärte 1937, Hitler könne sich “zum wahnsinnigsten Kriminellen der Geschichte” entwickeln. Zwar unterhielt Sauerbruch auch Kontakte zum Widerstand – sein bekanntester Schüler Rudolf Nissen war Jude und 1933 in die Türkei emigriert – es wird ihm aber auch vorgeworfen, versucht zu haben, geflüchtete Ärzte durch regimetreue Mediziner zu ersetzen.

Gegner des Euthanasie-Programms

Geschichtlich belegt – wie es auch in der Serie vorkommt – ist Sauerbruchs Widerstand gegenüber dem Euthanasie-Programm der Nazis. Im Zuge dieses Programms bot er den Regime-Gegnern der “Mittwochsgesellschaft” Raum in seinem Haus. Zu diesen gehörten einige Akteure des Attentatsversuchs auf Hitler, die später hingerichtet wurden. Sauerbach wurde diesbezüglich zwar mehrfach verhört, zu einer Verhaftung kam es jedoch nie.

Rauer Umgangston im OP

Sauerbruch war nicht nur ein Medizin-Genie, das die Unterdruckkammer (einen Vorläufer der eisernen Lunge) entwickelte und damit Tausenden Lungenpatienten das Leben rettete, sondern – das zeigt die Serie deutlich – zumindest im OP auch ein regelrechter Choleriker: Wutausbrüche gegenüber den Kollegen und ein rauer Umgangston waren an der Tagesordnung. Dies ist historisch belegt – durch die Tagebücher von Oberarzt Adolphe Jung, der eng mit Sauerbruch zusammenarbeitete. Die Tagebücher wurden für die Serie erstmals im Detail ausgearbeitet und zeichnen auch menschlich ein ambivalentes Bild des großen Mediziners Sauerbruch.