Chef kritisiert die Politik - So rettet ein Mittelstands-Unternehmen Deutschland vor zu viel China-Abhängigkeit

Das bayerische Unternehmen Alzchem stellt Produkte her, ohne die Menschen sterben. Oft liefert es als einzige Firma, die nicht in China sitzt, unersetzbare Inhaltsstoffe für Medikamente und Sicherheitstechnik. Trotzdem klagt der Unternehmenschef über die Politik. Ihr Unabhängigkeitskampf gegen China bliebe oft ein Lippenbekenntnis.

Sollte ihr Kopf nach einem Autounfall jemals in einem Airbag gelandet sein oder sollten sie Diabetes-Medikamente einnehmen, verdanken Sie ihr Leben wohl einem deutschen Chemieunternehmen: Alzchem aus dem oberbayerischen Trostberg stellt chemische Produkte her, ohne die diese Produkte unmöglich wären: Treibmittel für Airbags, Inhaltsstoffe für Medikamente, Vorprodukte für Corona-Tests und Düngemittel.

Alzchem stellt diese Produkte nicht als einziges Unternehmen der Welt her, aber als einziges westliches Unternehmen. Weil alle anderen Unternehmen in China sitzen, rettet im Falle eines Konflikts zwischen Westen und China nur Alzchem die Leben von Diabetikern, Autofahrern und Corona-Risikopatienten.

Solange Politiker eine Eskalation des Taiwan-Konflikts fürchten und Deutschland unabhängiger vom übermächtigen Zulieferer aus Fernost machen wollen, sollten sie Alzchem unterstützen, wo sie können. Tun sie aber nicht, sagt Chef Andreas Niedermaier.

Alzchem-Chef fühlt sich von Politik alleingelassen

Ein Beispiel: Für Strom zahle Alzchem „mindestens doppelt oder gar dreifach“ so viel wie die Konkurrenz aus China, sagt Niedermaier. Auch, weil diese den CO2-Preis nicht angemessen berücksichtigen. Einen günstigen Industriestrompreis hat die Politik bislang aber nicht beschlossen.

Niedermaier fühlt sich von der Politik alleingelassen, obwohl er regelmäßig Lobbyarbeit betreibt: „Wenn wir den Politikern in Berlin und Brüssel unsere Probleme schildern, verweisen die meist darauf, dass die Produkte doch auf dem Weltmarkt verfügbar sind. Wie das zum Anspruch der Bundesregierung passt, von China unabhängiger zu werden, weiß ich nicht.“

Subventionen oder nicht? Beides schafft Probleme

Niedermaiers Enttäuschung verdeutlicht ein Dilemma: Günstige Strompreise wird es in der Bundesrepublik auf absehbare Zeit nicht geben, sagt etwa Ifo-Chef Clemens Fuest. Subventionen wie ein Industriestrompreis seien nur sinnvoll, um vorübergehende Krisen zu überbrücken. Sonst schaffe Deutschland eine Dauersubvention, die hier nicht mehr überlebensfähige Firmen künstlich vor dem Ende rettet. Besser den Wandeln begleiten, meint Fuest.

Niedermaier zeigt, dass diese Aussage viele Fälle erklärt, aber eben nicht alle. Seine Firma liefert als einziges West-Unternehmen einen unverzichtbaren Bestandteil eines Diabetes-Medikaments, das Deutsche Ärzte jedes Jahr Millionenfach verschreiben. Ohne Azlchem kann China Deutschland erpressen.

Die Bundesrepublik versucht, die Vorteile beider Lösungen zu vereinen. Wie viel dabei auf dem Spiel steht, verdeutlicht Alzchem.

Alzchem steigert Umsatz und Gewinn

Derzeit steht Alzchem wirtschaftlich gut da. Gewinne und Umsätze wachsen. Viele Firmen kaufen trotz höherer Preise bei den Oberbayern, weil sie Qualität und Zuverlässigkeit schätzen, sagt Niedermaier. Und weil sie sich unabhängiger von China aufstellen wollen.

Um auch wirtschaftlich konkurrieren zu können, hofft Obermaier auf Sonderregeln. Viele Politiker hörten ihm aber gar nicht zu, sagt er der Wirtschaftswoche. „Die meisten sind Dogmaten.“