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China macht Albanien fit für die EU

Der Smog raubt den Chinesen weiter den Atem. Die Politik bekommt die Luftverschmutzung nur langsam in den Griff, die Menschen verlieren die Geduld. Jetzt steht der Ruf der Regierung auf dem Spiel.

Kümmern wir uns genug um Albanien? Diese Frage hat nichts mit der Gepflogenheit zu tun, in der Vorweihnachtszeit nach Bedürftigen zu schauen, sondern vielmehr mit . Aber dazu gleich.

Dass Albanien arm ist, wird niemand bestreiten. Nur Moldawien ist noch ärmer in Europa. Dass die meisten Deutschen kaum wissen, wo Albanien liegt, ist auch unbestritten. Kosovo-Albaner schwirren uns durch den Kopf. Sie wurden 1998 brutal aus dem Kosovo vertrieben, was später eine Intervention der auslöste. Albanien selbst war stets stabil. Es liegt an der Südküste der Adria, nur 40 Kilometer entfernt von dem Absatz des italienischen Stiefels. Im Süden grenzt es an Griechenland. Das Land wächst mit 3,4 Prozent und kommt laut Internationalem Währungsfond „gut mit seinen Reformen voran“.

Es ist aber noch kein Mitglied der EU, die vergangene Woche entschieden hat, erst wieder im März über den Beginn der Beitrittsgespräche zu beraten. Das Rechtsystem sei noch schwach, die organisierte Kriminalität zu stark und Albanien sei der größte illegale Cannabis-Produzent Europas – in den USA ist das übrigens der am schnellsten wachsende Wirtschaftszweig.

Brüssel ist vorsichtig. EU-Erweiterungen kommen derzeit nicht gut bei den Wählern an. Den meisten Deutschen kann Albanien getrost gestohlen bleiben – selbst in der Vorweihnachtszeit und obwohl Mutter Theresa die berühmteste Albanerin ist.

In Peking, gut 7000 Kilometer entfernt, sieht man das pragmatischer. Das kleine drei Millionen Menschen Land mit alter Geschichte und wunderschönen Hafenstädten gilt als strategisch sehr günstig. So nördlich, dass man über Häfen Osteuropa gut beliefern kann, aber so südlich, dass man mit dem Schiff gerade noch am italienischen Stiefel vorbei, Tunesien erreicht, ohne eine Kurve fahren zu müssen. Und: wer in die Adria will, muss an Albanien vorbei.

Deshalb haben die Chinesen die Konzession für den Flughafen von Tirana erworben, erst einmal bis 2025. Sie überlegen, den Hafen zu erweitern und bauen für 200 Millionen Euro eine neue Straße nach Mazedonien. Für fast 450 Millionen Euro haben sie zwei Ölfelder gekauft, die sie von Shell ausbeuten lassen. Albaniens Bauern bekommen 1,3 Millionen Euro Kredit, um neue Maschinen zu kaufen. Und China ist inzwischen der zweitgrößte Handelspartner Albaniens. Eine Transadriatische Öl- und Gas-Pipeline, an der Shell mit 20 Prozent der größte Investor ist, gibt es inzwischen auch.

Auch wegen der chinesischen Investitionen wird Albanien von Standard & Poor's mit einem B+ bewertet. Die EU hingegen hat in 27 Jahren nur rund eine Milliarde Euro investiert. Das ist schon skurril: Aus Profitstreben und geostrategischer Weitsicht macht Peking Albanien derzeit fit für die EU.

Unser Korrespondent der Bestseller-Autor Frank Sieren („Geldmacht China“), gilt als einer der führenden deutschen China Spezialisten. Er lebt seit über 20 Jahren in Peking.