Chipfabrik-Bau liegt auf Eis - „Reinfall mit Ansage“: So äußern sich Deutschlands Politiker zur Intel-Kehrtwende

Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, spricht mit Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, im Plenarsaal.<span class="copyright">Michael Kappeler/dpa</span>
Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, spricht mit Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, im Plenarsaal.Michael Kappeler/dpa

Intel versprach für ein neues Werk in Magdeburg die modernste Chipfertigung der Welt. Doch jetzt liegt das Projekt vorerst auf Eis. Der klamme Branchenpionier investiert lieber zuhause in den USA. Nun äußern sich die ersten Politiker.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat den verschobenen Baustart als eine rein unternehmerische Entscheidung bezeichnet. Diese habe mit der Konzernpolitik und „Geldbedarfen“ zu tun, sagte Habeck am Rande eines Start-up-Gipfels in Berlin. „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht.“ Die beihilferechtliche Genehmigung der EU-Kommission stehe kurz bevor.

Habeck will weiter Halbleiterproduktion in Europa halten

Laut Habeck ändere sich nichts am Ziel, die Halbleiterproduktion in Europa zu halten beziehungsweise aufbauen zu wollen. „Denn die Strategie ist ja nicht auf ein einziges Unternehmen ausgerichtet, sondern darauf, dass wir Wirtschaftssicherheit bekommen, dass wir in diesem kritischen Industriebereich eine gewisse Kompetenz auch in Europa haben und nicht zu 100 Prozent abhängig sind von südostasiatischen Märkten“, sagte Habeck.

Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) baut weiter fest auf eine Ansiedlung des US-Chipherstellers. „Intel hält, wenn auch mit einer zeitlichen Verzögerung, weiter an dem Projekt fest. Das ist für uns alle eine wichtige Nachricht“, sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. „Die Nachricht kommt für uns nicht völlig überraschend, wir waren in den vergangenen Wochen in einem engen Austausch mit Intel.“

Finanzminister Christian Lindner (FDP) schrieb auf der Online-Plattform X, alle nicht für Intel benötigten Mittel müssten zur Reduzierung offener Finanzfragen im Bundeshaushalt reserviert werden. Die Bundesregierung hatte im vergangenen Jahr staatliche Hilfen von 9,9 Milliarden Euro für die Ansiedlung in Aussicht gestellt. „Wie jetzt konkret mit den reservierten Geldern zu verfahren ist, das werden wir hinter den Kulissen in der Regierung besprechen", sagte Habeck.

Kanzler Scholz spricht sich gegen voreilige Entscheidungen aus

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat eine vorübergehende Verwendung eines Teils der Staatshilfen für Intel zur Schließung von Haushaltslücken nicht ausgeschlossen. Die Bundesregierung wolle zugleich die Halbleiterentwicklung in Deutschland voranbringen und dafür Sorge tragen, „dass wir mit unseren Finanzen gut auskommen“, sagte Scholz im kasachischen Astana in einer ersten Reaktion auf die Verschiebung des Baus der Intel-Halbleiterfabrik in Magdeburg.

Deswegen sei das jetzt Gegenstand „sehr konstruktiver Beratungen“, wie man damit umgehe. „Ich gehe auch davon aus, dass wir da einfach in alle Richtungen unsere Möglichkeiten nutzen. Da gibt es nicht nur schwarz und weiß.“ Scholz sprach sich aber gegen voreilige Entscheidungen aus. „Jetzt gibt es keinen Anlass, von einem Tag auf den anderen zu sagen, wie wir damit einzeln umgehen“, sagte er.

Wagenknecht: „Das ist eine persönliche Pleite für den Kanzler“

Nach der Verzögerung der Intel-Chipfabrik in Magdeburg fordert die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht, die dafür eingeplanten Subventionen für „wirklich innovative Kleinunternehmen“ und Neugründungen einzusetzen. Das Geld solle zudem in Infrastruktur fließen, sagte Wagenknecht in Berlin.

Die von der Bundesregierung für Intel in Aussicht gestellten zehn Milliarden Euro seien „von Anfang an äußerst fragwürdige Subventionen“ gewesen. Es sei megapeinlich, dass das Projekt nicht begonnen werde, meinte die Bundesvorsitzende des Bündnis Sahra Wagenknecht. „Das war ein Reinfall mit Ansage. Dieses Geld darf kein zweites Mal hinterhergeworfen werden.“ Wagenknecht kommentierte auch: „Das ist eine persönliche Pleite für den Kanzler.“

Kellner (Grüne): Intel-Milliarden in Zukunft investieren

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Michael Kellner (Grüne), drängt darauf, die ursprünglich für Intel vorgesehenen Milliarden zu investieren, statt mit ihnen Haushaltslücken zu schließen. „Die frei werdenden Mittel für 2025 sollten in die Zukunft unseres Landes investiert werden“, sagte Kellner dem Nachrichtenportal t-online. “Unser Land braucht dringend Investitionen.”