Chiphersteller geht auf Roadshow

In der Chipbranche herrscht wieder Aufbruchstimmung. Der Erfurter Halbleiterproduzent X-Fab wagt sich an die Börse. Vorstandschef Rudi De Winter verspricht ein strammes Wachstum von mehr als zehn Prozent im Jahr.

Von Erfurt nach New York, Paris und London: In den nächsten Tagen reist Rudi De Winter um die halbe Welt. Der der Chef des ostdeutschen Chipherstellers X-Fab trifft einen Investor nach dem anderen, um seine Aktien anzupreisen. Wenn er genügend Käufer findet, werden die Papiere dann am 6. April zum ersten Mal an der Euronext in Paris gehandelt.

„Wir sammeln zusätzliches Kapital ein, um das weitere Wachstum zu unterstützen“, erklärte De Winter am Donnerstag im Gespräch mit dem Handelsblatt. Für die nächsten Jahre verspricht der Manager ein jährliches Plus von über zehn Prozent. Das ist wesentlich mehr, als die Analysten für die gesamte Halbleiterbranche vorhersagen. Doch De Winter glaubt an sein Konzept. Als sogenannte Foundry fertigt X-Fab Chips für Anbieter, die sich keine eigene Fabrik leisten können oder wollen. De Winter: „Unser Modell ergattert einen immer größeren Anteil am Chipmarkt.“

Über eine Kapitalerhöhung will De Winter 250 Millionen Euro einsammeln. Zusätzlich werden zwei Großaktionäre Papiere für mindestens 200 Millionen Euro abstoßen. Eine Aktie kostet zwischen acht und 10,50 Euro. Wie viel die Anleger letztlich zahlen werden, hängt von der Nachfrage ab. Im besten Fall wird X-Fab mit 1,3 Milliarden Euro bewertet, am unteren Ende der Preisspanne kommt das Unternehmen auf 1,05 Milliarden. Zum Vergleich: Deutschlands größter Halbleiterhersteller Infineon erreicht eine Marktkapitalisierung von gut 19 Milliarden Euro.

Das Angebot richtet sich auch ausdrücklich an private Investoren. Zehn Prozent der angebotenen Aktien sind für sie reserviert. X-Fab ist der erste deutsche Chiphersteller seit mehr als zehn Jahren, der sich an die Börse wagt. Zuletzt ging der Speicherproduzent Qimonda 2006 an die Wall Street. Der war drei Jahre nach der Emission bereits pleite.

X-Fab-Chef De Winter will die gute Stimmung an den Börsen nutzen, profitiert aber auch von der hervorragenden Branchenkonjunktur. So rechnen die Marktforscher von IC Insights für das laufende Jahr mit einem weltweiten Umsatzplus der Chipindustrie von mindestens fünf Prozent; es könnten aber auch acht Prozent werden, so IC-Insights-Chef Bill McClean. „In jedem Fall wird es ein ordentliches Jahr“, betont der Analyst. Zum Vergleich: Vergangenes Jahr stiegen die Einnahmen um lediglich drei Prozent.

Dass Anschläge die Emission gefährden könnten, glaubt De Winter nicht. Attacken wie die in London vom Dienstag seien zwar traurig. Aber: „Vielleicht ist es gut, dass unser Leben dadurch nicht mehr beeinträchtigt wird.“

So wie bei X-Fab herrscht derzeit überall in der europäischen Chipindustrie Aufbruchstimmung. „Die europäischen Anbieter besitzen Schlüsselkompetenzen in wichtigen Zukunftsthemen“, unterstrich Laith Altimime, Präsident des Branchenverbands Semi Europa, kürzlich im Gespräch mit dem Handelsblatt.


Europäer feiern Erfolge in der Nische

In der Tat: Weil sie mit Volumenherstellern wie Intel oder Samsung nicht mehr mithalten konnten, haben sich die Europäer in den vergangenen Jahren auf einige wenige ausgewählte Bereiche konzentriert. Inzwischen zeigt sich: Aus den vermeintlichen Nischen werden Massenmärkte.

So beherrschen europäische Anbieter wie ST Microelectronics und Bosch das Geschäft mit Sensoren, wie sie für das autonome Fahren unerlässlich sind. Infineon aus München und die niederländische NXP wiederum sind weltweit führend bei Halbleitern für das Auto. Elektrofahrzeuge benötigen viele Chips und schieben daher das Geschäft der Konzerne an.

Der Mittelständler X-Fab produziert Chips im Auftrag von mehr als 300 Anbietern und profitiert unmittelbar vom Aufschwung der Branche. Die kleinen elektronischen Bauteile aus den sechs Fabriken von X-Fab werden vor allem in Autos und der Medizintechnik eingesetzt. Die Marge bezogen auf den Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, kurz Ebitda, lag zuletzt bei etwa 20 Prozent. Der Umsatz betrug gut eine halbe Milliarde Euro.
Der mit Abstand größte Auftraggeber ist Melexis, ein Chipdesigner, den Winter selbst in den 90er Jahren gegründet hat und auch lange Zeit führte. Abhängig von Melexis sei X-Fab aber keineswegs, beteuert De Winter.

Gleichwohl, in den Verkaufsunterlagen wird gewarnt. Ein erheblicher Anteil des Umsatzes werde mit einer „relativ begrenzten Anzahl von Kunden“ erwirtschaftet, und einer sei auch noch mit X-Fab verbunden, eben Melexis.
X-Fab-Chef De Winter hat sich darauf spezialisiert, Fabriken zu übernehmen, die andere ausrangieren. Zuletzt hat er südlich von Paris eine sogenannte Fab gekauft. Eine gute Strategie, findet Laith Altimime, Präsident des Branchenverbands Semi Europa: „Auf solchen Linien lässt sich günstig produzieren, das ist ein Wettbewerbsvorteil."

De Winter selbst hält mit zwei Partnern 61 Prozent der Anteile. Die Gruppe hat sich verpflichtet, in den nächsten drei Jahren keine Papiere abzustoßen.

KONTEXT

9 Tipps die Sie bei Neuemissionen beachten sollten

Tipp 1

Ob Twitter, Facebook, Rocket Internet oder Alibaba: IPOs üben immer wieder einen großen Reiz auf Anleger aus. Doch es gibt einiges zu beachten, damit man sich an den Börsenneulingen nicht die Finger verbrennt. Beispielsweise: Wie soll der Emissionserlös, der Gewinn aus den Aktienverkäufen, verwendet werden? Fließt das Geld in das Unternehmen oder werden lediglich die Interessen Dritter befriedigt?

Tipp 2

Wie lange wollen die Altaktionäre ihre Anteile halten? An den Lock-up- oder Haltefristen können Sie gut erkennen, ob das Management an einen langfristigen Erfolg des Unternehmens glaubt oder nur auf einen kurzfristigen Kursgewinn spekuliert.

Tipp 3

Ist die Höhe des Emissionspreises, der Preis für die Aktien, angemessen im Vergleich zu anderen, ähnlichen Unternehmen aus der Branche? Ist das Unternehmen damit fair bewertet oder künstlich hochgespielt?

Tipp 4

Wie sehen die Umsatz- und Gewinnzahlen, die Kennziffern des Unternehmens in der Vergangenheit aus? Aber Vorsicht. In manchen wachstumskräftigen, aber riskanten Branchen (etwa in der Biotechnologie) ist es durchaus üblich, dass Unternehmen jahrelang Verluste einfahren, und trotzdem könnte eine Aktie zu empfehlen sein.

Tipp 5

Gibt es für die Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens tatsächlich einen Bedarf, gibt es genügend Abnehmer? Nicht jede tolle Idee ist bei näherer Betrachtung auch wirklich marktfähig.

Tipp 6

Wie sieht die Konkurrenzsituation aus? Gibt es starke Wettbewerber mit hoher finanzieller Schlagkraft?

Tipp 7

Welchen Eindruck macht das Management auf Sie? Verfügt es über genügend Erfahrung und Kompetenz?

Tipp 8

Wie professionell kommuniziert das Unternehmen nach außen? Sind die Botschaften kompetent, stringent und informativ?

Tipp 9

Verstehen Sie die Geschäftsidee? Wenn nicht, dann sollten Sie auf diese Aktie verzichten und anderen den Vorzug geben/lassen.

Die Quelle

Christine Bortenlänger, Ulrich Kirstein: Börse für Dummies - Machen Sie mehr aus Ihrem Geld. ISBN: 978-3-527-70734-8

Christine Bortenlänger, Ulrich Kirstein: Börse für Dummies - Machen Sie mehr aus Ihrem Geld

KONTEXT

So läuft ein Börsengang ab

1. Auswahl einer Emissionsbank

Hat sich die Führungsebene eines Unternehmens zu einem Börsengang entschlossen, sind diverse Vorbereitungen zu treffen. Zunächst müssen Gespräche mit Banken geführt werden, um einen geeigneten Partner bei der Durchführung des IPO zu finden. Im weiteren Verlauf wird in der Regel eine der Banken zum Konsortialführer bestimmt, oftmals gehören dem Konsortium weitere Banken an, die an der Emission ebenfalls beteiligt werden.

2. Durchführung einer Unternehmensanalyse

Um die geplante Gesellschaft zu analysieren, wird eine Due Diligence-Prüfung durchgeführt. In deren Verlauf wird der Unternehmenswert ermittelt. Die Analyse mündet in der Formulierung eines rechtlich verbindlichen Börsenprospektes, der Voraussetzung für den Handel an der Börse ist.

3. Roadshow

Im Rahmen einer so genannten Roadshow wirbt das Unternehmen auf Basis des Börsenprospektes Investoren für den eigenen Börsengang. Dabei werden die Informationen der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ziel einer Roadshow ist es darüber hinaus, das potenzielle Interesse an den Aktien des eigenen Unternehmens auszuloten.

4. Festlegen eines Emissionspreises

Nach der Roadshow legen die Konsortialbanken eine ihrer Meinung nach angemessene Preisspanne fest, in deren Rahmen die Unternehmensaktien gezeichnet werden sollten. Der Emissionspreis liegt gemeinhin im Rahmen dieser so genannten Bookbuildingspanne und wird in Folge festgelegt. Alternativ kann die Gesellschaft auch einen Festpreis bestimmen.

5. Zuteilung der Aktien

Nach Festlegung des Emissionspreises können die Anteilsscheine den Investoren zugeteilt werden. Dabei werden die Aktien öffentlich zur Zeichnung angeboten. Während dieser vorher festgelegten Zeichnungsfrist legen sich potenzielle Anleger auf eine bestimmte Stückzahl fest. Ist die Nachfrage nach Aktien größer als das Angebot, spricht man davon, dass der Börsengang "überzeichnet" ist. Dann wird bestimmt, wie die Anteilsscheine zugeteilt werden.

6. Erstnotiz

Nach erfolgreicher Zuteilung der Aktien werden die Papiere erstmals an den Börsenparketts gehandelt. Dabei wird ein erster Kurs festgestellt, die so genannte Erstnotiz. Von diesem ersten Börsenkurs ist abhängig, ob die Investoren - in Abhängigkeit von dem gezahlten Emissionspreis - Zeichnungsgewinne oder -verluste einfahren.

7. Regulärer Handel an der Börse

Die Anteilsscheine können nun regulär am Kapitalmarkt gehandelt werden. Allgemeine Informationen zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren können Sie zum Beispiel hier einsehen.

Quelle

www.finanzen.net

www.finanzen.net