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Collien Ulmen-Fernandes: Schluss mit den ewigen Rollenklischees!

Mit ihrem ersten eigenen Kinderbuch "Lotti und Otto: Eine Geschichte über Jungssachen und Mädchenkram" kämpft Collien Ulmen-Fernandes gegen die ewigen Rollenklischees.

Schauspielerin, Moderatorin und Autorin Collien Ulmen-Fernandes (36) hat genug: Die 36-Jährige sagt den in unserer Gesellschaft so tief verankerten Rollenbildern den Kampf an. Mit ihrem ersten Kinderbuch "Lotti und Otto: Eine Geschichte über Jungssachen und Mädchenkram", das am 7. September erscheint, kämpft sie für mehr Rollenvielfalt in Kinderbüchern.

Schließlich hätten all diese Geschichten Auswirkungen auf die Kinder: "Bei Mädchen wird das Aussehen sehr stark in den Vordergrund gerückt, Jungs müssen aktive Kämpfer sein." Auch ihre Tochter komme mit "totalen Rollenklischees aus dem Kindergarten". Wie sie und ihr Ehemann Christian Ulmen (42, "jerks.") darauf reagieren, und bei welchem Thema das Paar die klassische Rollenaufteilung vorlebt, erklärt Ulmen-Fernandes im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news.

Wie kommt's, dass Sie jetzt Ihr eigenes Kinderbuch auf den Markt bringen?

Collien Ulmen-Fernandes: Ich lese meiner Tochter jeden Abend vor und dabei ist mir aufgefallen, dass die Rollenbilder in den meisten Kinderbüchern sehr eindimensional sind. In fast allen Büchern ist es die Mutter, die das Abendessen zubereitet und die Kinder zu Bett bringt, während der Vater von der Arbeit nachhause kommt. Superhelden sind fast immer männlich, weibliche Role-Models sind immer schön. Für die Mädchen gibt es Prinzessinnen, während Erfinder, Entdecker, Piraten, Helden mit Superkräften fast immer männlich sind. Bei Mädchen wird das Aussehen sehr stark in den Vordergrund gerückt, Jungs müssen aktive Kämpfer sein. Kinder orientieren sich daran, lernen, wie sie zu sein haben, daher brauchen wir dringend mehr Rollenvielfalt in Kinderbüchern. Das war der Grund für das Thema meines Buches.

Mit Ihrem Buch regen Sie dazu an, tief in der Gesellschaft verankerte Rollenbilder zu hinterfragen. Wann ist Ihnen selbst das erste Mal bewusst geworden, wie sehr wir uns Geschlechterklischees unterwerfen?

Ulmen-Fernandes: Es gab nicht den einen Schlüsselmoment, sondern sehr viele Momente. Ich habe das Gefühl, wir machen gerade eine Rolle rückwärts in die 50er-Jahre. Während meiner Kindheit war das Spielzeug im Laden noch wild durchmischt und nicht dermaßen nach Geschlecht sortiert. In den letzten 15 Jahren ist aber leider ein neuer Trend aufgekommen: Gendermarketing. Seitdem ist alles nach Geschlecht sortiert. Es gibt Spielzeug für Jungen und Spielzeug für Mädchen und die zeigen ganz klar, wo die Reise hingehen soll: Babypuppen, Kinderbügeleisen, Putzsets, Nagellack für die Mädchen, elektronisches Lernen für die Jungs. Der Badezusatz für die Jungs heißt "Siegerbad", das Ausmalbuch "Das brillante Malbuch für Jungs" richtet sich an "clevere Helden", während das identische Buch für Mädchen als "Das wunderschöne Malbuch" an "zauberhafte Prinzessinnen" verkauft wird. Wir lernen also: Mädchen: schön. Junge: brillant.

Welche Rollenklischees finden Sie besonders schlimm?

Ulmen-Fernandes: Ich finde schlimm daran, dass all das Auswirkungen auf die Kinder hat. In einer amerikanischen Studie wurde Kindern eine Geschichte von einem sehr, sehr schlauen Kind erzählt und sie sollten raten, ob es ein Junge oder ein Mädchen ist. Sowohl die Jungs, als auch die Mädchen tippten größtenteils darauf, dass es sich um einen Jungen handeln muss. Mädchen und Jungen unterscheiden sich nicht in ihrer Intelligenz, sind im Schnitt gleich schlau, trotzdem wird Brillanz eher mit Männern in Verbindung gebracht. Mädchen trauen sich weniger zu. In der gleichen Studie wurden die Kinder gefragt, ob sie ein Spiel für sehr kluge Kinder ausprobieren möchten. Die Mädchen lehnten ab, hielten sich nicht für fähig dazu, die Jungs schon. Kein Wunder, wenn bereits auf den Babystramplern für Jungs "Genie" und auf denen für Mädchen "Cutie" steht.

In Ihrer Ehe sind die Rollen dagegen umgedreht: Sie sind fürs Heimwerken zuständig, Christian Ulmen für den Haushalt, wie Sie selbst in Interviews erklärten. Ist Ihre Ehe Vorbild für das Buch?

Ulmen-Fernandes: Ha ha. Schön wäre es. Wäsche waschen, kochen, Tisch auf- und abdecken ist meine Aufgabe. Meinen Mann bekäme man im Leben nicht dazu, eine Waschmaschine zu bedienen, eher würde er die dreckige Wäsche in den Müll schmeißen und neue, saubere Hemden kaufen, bevor er dieses mysteriöse Gerät bedient. Gekocht hat er tatsächlich mal, aber nur in unserer Kennenlernphase. Kaum habe ich "Ja" gesagt, war das schlagartig vorbei, insofern leben wir, was die Haushaltsarbeiten angeht, eher eine klassische Rollenaufteilung. Haushaltsaufgaben sind nicht so sein Ding, womit wir im deutschen Durchschnitt liegen. Ich habe mal gelesen, dass in nur 15 % der deutschen Haushalte die Männer gleichermaßen die Wäsche waschen, kochen, etc. Ergo: Auch im Jahr 2018 ist der Haushalt immer noch vor allem Aufgabe der Frau. Die Kinderbetreuung teilen wir uns aber hälftig.

Rollenbilder werden bereits im Kindergarten geprägt. Haben Sie das bei Ihrer Tochter auch erlebt?

Ulmen-Fernandes: Absolut. Ich merke, dass meine Tochter mit totalen Rollenklischees aus dem Kindergarten kommt, mir erzählt, dass gewisse Sachen nichts für Mädchen, sondern Jungssachen sind, so wie Roboter, Löwen, Autos, Ninjago, Fußball, Superhelden, Feuerwehr, Skateboarden, Hip Hop, Bauklötze, sagen ihr die Jungs. Ich frage sie, ob sie auch gerne mal einen Roboter hätte und sie ruft laut "Ja". Also schenkten wir ihr einen Roboter. Inzwischen spielt sie fast nur noch mit ihrem Roboter. In ihrem rosa Zimmer. Einmal kam er mit in den Kindergarten, woraufhin die anderen Mädchen auf einmal alle einen Roboter haben wollten. Es hat eben auch sehr viel damit zu tun, was man bei anderen sieht und was einem dadurch als normal vermittelt wird.

Was machen Sie bei der Erziehung Ihrer Tochter anders?

Ulmen-Fernandes: Ich glaube, dass wichtig ist, dass man als Eltern zunächst erst mal ein Bewusstsein dafür entwickelt. Die Gehirne von Mädchen und Jungen sind von Geburt an gleich. Wie sie sich entwickeln, hängt eben auch sehr stark damit zusammen, womit man sie füttert. Leider werden Mädchen seltener Spiele angeboten, die das räumliche Denken fördern. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass man auch Mädchen technische Spielsachen, Spielzeuge, die sich mit einer Fernbedienung bedienen lassen, Spiele, die das räumliche Denken fördern, schenkt. Das machen wir bei unserer Tochter.

Schlägt Ihre Tochter eher nach Ihnen oder nach Ihrem Mann?

Ulmen-Fernandes: Ich würde sagen, sie kommt eher nach mir. Wobei sie Haut- und Haarfarbe eher von ihrem Papa geerbt hat. Kurz nach der Geburt wurde sie auf einmal etwas dunkler und wir dachten, jetzt kommen die indischen Gene durch. Das stellte sich im Nachhinein aber als Neugeborenen-Gelbsucht heraus. (lacht)

Denken Sie über ein Geschwisterchen für Ihre Tochter nach?

Ulmen-Fernandes: Nein. Ich bin froh, dass wir inzwischen aus dem Gröbsten raus sind und man ihr Dinge erklären kann. Es gibt diese Phase, in der die Kinder permanent in Lebensgefahr schweben, da sie noch nicht wissen, dass man die Murmelsammlung von Oma nicht in den Mund nehmen sollte. Ich bin sehr froh, dass diese Phase inzwischen vorbei ist.

Foto(s): imago/Future Image