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Corona in Brasilien: Friedhofsfoto löst Spekulationen aus

Offene Gräber auf dem Friedhof von Vila Formosa in Sao Paulo.
Offene Gräber auf dem Friedhof von Vila Formosa in Sao Paulo.

Lange hatte Präsident Bolsonaro das Coronavirus als "kleine Grippe" verharmlost. Offiziell sind in Brasilien bisher weniger als 400 Menschen dem Virus zum Opfer gefallen. Doch nun wachsen die Zweifel an den offiziellen Statistiken.

Rio de Janeiro (dpa) - Ein Foto sorgt in Brasilien in den Zeiten der Corona-Krise für Besorgnis und Unruhe. Denn das Bild von Dutzenden von offenen Gräbern führt in den Medien zu Spekulationen, dass die Zahl der Opfer des Coronavirus höher sein könnte als die Zahlen der öffentlichen Statistik belegen.

Das Bild zeigt auf dem Friedhof der Vila Formosa in São Paulo dutzende offene Gräber, eines neben dem anderen. Seit dem Beginn der Corona-Krise stieg die Zahl der Beerdigungen auf dem Friedhof, einem der größten Lateinamerikas, nach einem Bericht des Portals «UOL» vom Samstag um 30 Prozent.

Die Zahl der Corona-Infizierten in Brasilien lag offiziell zuletzt bei mehr als 9000, 365 Menschen sind im Zusammenhang mit dem Virus bislang gestorben, die meisten davon im Bundesstaat São Paulo. Er ist mit mehr als 40 Millionen Einwohner der bevölkerungsreichste Bundesstaat des Landes.

Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro fragte in einem Interview mit dem Radiosender «Jovem Pan» jedoch, ob das Foto möglicherweise ein «Fake» sei. Die «Washington Post» hatte es am Donnerstag auf Seite 1 veröffentlicht. Doch nach Medienberichten dürfte die Zahl der Corona-Toten in Brasilien in Wirklichkeit weitaus höher liegen.

Wie die «Folha de S. Paulo» zuletzt berichtete, werden in São Paulo bis zu 40 Tote am Tag begraben, bei denen ein Verdacht auf Covid-19 bestand, das Testergebnis aber nicht mehr rechtzeitig vorlag. So tauchen sie auch nicht in der Statistik des Gesundheitsministeriums in Brasília auf.

In dem «Instituto Adolfo Lutz» in São Paulo, so etwas wie das offizielle Labor des Ministeriums, hatten sich der «Folha» zufolge bis Anfang der Woche 14.000 Proben angesammelt. 1200 kommen jeden Tag dazu, 1000 kann das Institut am Tag bearbeiten. «Was wir im Moment sehen, sind die Zahlen von vor zwei, drei Wochen», sagte Sérgio Cimerman von der Brasilianischen Gesellschaft für Infektologie. «Das macht mir Sorgen, weil wir dann eine Explosion der Fälle in einigen Wochen haben werden, mitten in die Einschränkungen des öffentlichen Lebens hinein.»

Dies würde als Argument dienen, dass die Einschränkungen nicht funktioniert haben. Etwa Präsident Jair Bolsonaro, der zwar in einer Fernsehansprache am Dienstag seinen Ton im Hinblick auf das Coronavirus änderte, nachdem er es wochenlang als «gripezinha» (kleine Grippe) heruntergespielt hatte. Den Inhalt behielt er jedoch weitgehend bei, in dem er sagte, dass er sich Sorgen um das Leben und auch um den Erhalt der Arbeitsplätze mache.