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Corona-Lage angesichts von Omikron: Das sagen Lauterbach, Wieler und Drosten

Virologe Christian Drosten, RKI-Präsident Lothar Wieler und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (von links). (Bild: Sean Gallup/Getty Images)
Virologe Christian Drosten, RKI-Präsident Lothar Wieler und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (von links). (Bild: Sean Gallup/Getty Images)

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach rechnet mit noch stärker steigenden Corona-Infektionszahlen, setzt aber auf eine Eindämmung durch weitere Alltagsbeschränkungen und mehr Impfungen. Die Strategie sei, die Omikron-Welle zu verlangsamen und zu strecken und in dieser Zeit so viele Menschen wie möglich mit Auffrischimpfungen zu boostern, sagte der SPD-Politiker am Freitag in Berlin.

Die Pandemie komme in Deutschland nun «in schwieriges Fahrwasser». Es müssten mehr Menschen mit Infektionen versorgt werden, Krankenhäuser würden stärker belastet werden. Zugleich zeigten die schon geltenden Beschränkungen Wirkung - etwa mit einer längeren Verdoppelungszeit der Infektionszahlen. Hinzu kämen nun noch verschärfte Zugangsregeln auch für Geimpfte und Genesene mit zusätzlichen Tests (2G plus) in der Gastronomie.

Das Ziel sei jetzt, «aus der sonst zu erwartenden steilen Wand der Infektionszahlen möglichst einen Hügel zu machen oder dass die Wand nicht so hoch ist», sagte Lauterbach. Es sei aber ein Sonderproblem in Deutschland, dass es in der besonders gefährdeten Gruppe älterer Menschen viele Ungeimpfte gebe.

Lauterbach sieht in der Corona-Krise vorerst keinen Anlass für zusätzliche Verschärfungen von Alltagsbeschränkungen. Aus seiner Sicht sei zur jetzigen Zeit «das richtige Maßnahmenpaket am Platz», sagte der SPD-Politiker in Berlin. Sollten die Fallzahlen aber noch deutlich steigen und eine Überlastung der medizinischen Versorgung zu erwarten sein, müsse auch mit anderen Maßnahmen gegengesteuert werden. «An dem Punkt sind wir nicht.» Noch könne man der Welle mit der neuen Omikron-Variante auch mit beschleunigten Auffrischimpfungen Herr werden. Nötig seien aber Kontrollen und flächendeckende Umsetzung bestehender Beschränkungen.

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Der Minister erläuterte, dass die Kapazitäten für PCR-Labortests sich der «Volllast» näherten. Mangel gebe es derzeit nicht. Mit Blick auf Freitestungen aus der Quarantäne habe er nun veranlasst, dass es für Gesundheitspersonal einen Vorrang bei der PCR-Test-Auswertung in den Laboren gebe. Der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, machte deutlich, dass im Fall einer hundertprozentigen Omikron-Welle nicht mehr so wichtig sei, die genaue Virusvariante zu überprüfen. Der Testeinsatz ändere sich generell kontinuierlich, Fachleute wüssten, wie man damit umgehe. Wenn eine Kapazitätsgrenze erreicht sei, dann fokussiere man den Einsatz.

RKI-Präsident Wieler: Mit Omikron «neue Phase der Pandemie»

Deutschland tritt mit der Ausbreitung der Omikron-Variante und den stark steigenden Infektionszahlen nach Ansicht des Präsidenten des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, in eine «neue Phase der Pandemie» ein. «Die reinen Fallzahlen werden weniger entscheidend sein. Wichtiger ist, wie viele Menschen schwer an Covid-19 erkranken und wie stark das Gesundheitssystem dann belastet sein wird», sagte Wieler am Freitag in Berlin.

Er warnte allerdings auch, selbst wenn Infektionen durch Omikron insgesamt milder verliefen, «durch die Masse an Infektionen müssen wir uns leider darauf einstellen, dass auch die Zahl der Hospitalisierungen und der Todesfälle natürlich wieder steigen wird».

Wieler rief die Bevölkerung erneut dazu auf, sich impfen und boostern zu lassen. «Impfungen verhindern nicht unbedingt eine Ansteckung, das ist wahr. Aber sie sind der beste Schutz vor einem schweren Verlauf.» Impfungen würden dabei helfen, einer Überlastung des Gesundheitssystems und aller anderen gesellschaftlichen Systeme vorzubeugen.

Drosten warnt vor zu früher Durchseuchung

Der Virologe Christian Drosten warnt angesichts der sich rasch verbreitenden Omikron-Variante des Coronavirus vor einer zu frühen Durchseuchung in Deutschland. Die Virusvariante sei zwar nach derzeitigem Kenntnisstand milder im Verlauf, weil es aber zu viele Fälle seien, werde dieser Gewinn «wieder ausgelöscht», sagte der Wissenschaftler von der Berliner Charité am Freitag in Berlin. Noch gebe es deutlich zu viele ungeimpfte Menschen in Deutschland, besonders auch in der Gruppe der Über-60-Jährigen. Viele Menschen hätten zudem noch keine Auffrischimpfung erhalten, die aber das wirkungsvollste Mittel im Kampf gegen Omikron sei, so Drosten.

Der Virologe sprach von mehreren «schwierigen Doppelbotschaften» in der derzeitigen Diskussion. So gelte als sicher, dass das Virus selbst die Immunität der Bevölkerung immer wieder «updaten» und irgendwann «laufen» müsse. «Wir wissen aber im Moment nicht, ob wir uns das in Deutschland leisten können angesichts der Impflücken», warnte Drosten. «Da sind wir ein bisschen im Blindflug.»

Er ging davon aus, dass die endemische Lage bis Jahresende weitgehend erreicht sei. Er stellte in Aussicht, dass gegen die Omikron-Variante wahrscheinlich noch einmal bei der Impfung nachgesteuert werden müsse. «Es wird eine angepasste Impfung geben müssen, und wir werden möglicherweise dann ab dem zweiten Quartal große Teile der Bevölkerung, vielleicht sogar alle, noch einmal mit einer Update-Impfung gegen Omikron versehen müssen.» Drosten bekräftigte seinen Appell an Ungeimpfte, sich dringend immunisieren zu lassen.

Im Video: Was ist über die Omikron-Variante bekannt?