Werbung

Covid-19-Simulation: Lockdown bis Ende Januar reicht nicht

Der Saarbrücker Pharmazie-Professor Thorsten Lehr steht vor einem Bildschirm mit einer von ihm entwickelten Simulation der Corona-Entwicklung.
Der Saarbrücker Pharmazie-Professor Thorsten Lehr steht vor einem Bildschirm mit einer von ihm entwickelten Simulation der Corona-Entwicklung.

Die Zahl der Corona-Neuinfektionen geht nicht so weit herunter, wie von Politik und Wissenschaft gewünscht. Ein Experte aus Saarbrücken mahnt eine weitere «Reduktion des Infektionsgeschehens» an und verweist auf seinen «Covid-Simulator».

Saarbrücken (dpa) - Der von Politikern verfolgte Zielwert bei Corona-Neuinfektionen für ein Lockdown-Ende wird nach Berechnungen des Saarbrücker Pharmazie-Professors Thorsten Lehr Ende Januar wohl nicht erreicht.

«Die Chance ist extremst gering bis nicht vorhanden», sagte Lehr der Deutschen Presse-Agentur in Saarbrücken. Er ging davon aus, dass die angestrebte Rate von 50 bei Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner in sieben Tagen frühestens Mitte Februar möglich sei. «Und das wäre eine optimistische Vorhersage.»

Der Professor für Klinische Pharmazie an der Universität des Saarlandes hat mit seinem Forscherteam einen «Covid-Simulator» entwickelt, der das Infektionsgeschehen in Deutschland berechnet und Prognosen liefert: für ganz Deutschland, die einzelnen Bundesländer bis hin auf Landkreisebene. Er kann auch online genutzt werden: In den vergangenen zwei Monaten wurde die Seite fast eine Million Mal aufgerufen, wie er sagte.

Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz lag am Freitag bundesweit laut Robert Koch-Institut bei 146. «Momentan ist eigentlich kein Absinken in Sicht», sagte Lehr. «Es stagniert vielmehr.» Wegen Nachmeldungen aufgrund der Feiertage gebe es immer noch gewisse Unklarheiten bei den Zahlen. Festzustellen sei aber, dass die derzeitigen Maßnahmen «nicht so greifen».

Dabei brauche es auch angesichts der neuen drohenden Virusvarianten, die durch Mutationen entstanden und hochansteckend sind, «dringend eine Reduktion des Infektionsgeschehens», sagte er. Die neuen Mutante zum Beispiel aus Großbritannien könnte den R-Wert sprunghaft um 0,5 nach oben schnellen lassen. «Dann würden viele Maßnahmen auf einen Schlag weggewischt. Und da zeigt sich dann: Je weiter wir unten sind, desto besser können wir die Ausbreitung bremsen.»

Lehr tritt für einen Wert von 25 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche ein, ab dem Lockerungen möglich werden könnten. Die Politik orientiert sich bisher an der Marke von 50.

Eine Rückkehr zum Schulalltag sieht Lehr kritisch. «In den Schulen finden Infektionen statt.» Viele Kinder durchliefen die Krankheit asymptomatisch. «Wir sehen an unseren Daten, dass Schulschließungen einen großen Effekt haben.» Das liege aber nicht nur daran, dass die Institution zumache, sondern auch weil der Weg dorthin in Bus, Bahn oder zu Fuß wegfalle.