Dänemark mietet Gefängniszellen im Kosovo

Der dänische Justizminister Peter Hummelgaard hat eine Haftanstalt im Südosten des Kosovo besucht, in die sein Land bis zu 300 Gefangene schicken will, um die Überfüllung des dänischen Gefängnissystems zu verringern.

In einer Rede an der Seite seiner kosovarischen Amtskollegin Albulena Haxhiu lobte Hummelgaard die nach seinen Worten "fruchtbare Zusammenarbeit" zwischen den beiden Ländern.

"Wir sind jetzt in das Kosovo gekommen, weil wir Hilfe brauchen und die Überkapazitäten in den kosovarischen Haftanstalten nutzen wollen. Das ist eine große Hilfe für Dänemark in einer Zeit, in der die dänischen Strafvollzugs- und Bewährungsdienste sehr, sehr stark unter Druck stehen", sagte er.

Das mit einer Absichtserklärung im Jahr 2021 gestartete, umstrittene Abkommen war erst im Mai vom kosovarischen Parlament gebilligt worden.

Kosovarische Vollzugsbeamte inspizieren die JVA in Gjilan, wo Dänemark die neue Einrichtung mit 300 Zellen betreiben wird, 17. Dezember 2021.
Kosovarische Vollzugsbeamte inspizieren die JVA in Gjilan, wo Dänemark die neue Einrichtung mit 300 Zellen betreiben wird, 17. Dezember 2021. - STR/Copyright 2021 The AP. All rights reserved.

Im Jahr der Unterzeichnung des Abkommens war die Zahl der in Dänemark Inhaftierten laut offiziellen Statistiken seit 2015 um 19 % gestiegen. Sie lag Anfang 2021 bei mehr als 4.000 Insassen und überstieg damit 100 % der Kapazität.

Im Rahmen des Abkommens wird Pristina 300 Plätze des Gjilan-Gefängnisses an Dänemark vermieten. Die Dänen sind dafür für die Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten verantwortlich, um die Haftanstalt an dänische Standards anzupassen. Über zehn Jahre will Dänemark für den Deal mehr als 200 Millionen Euro an das Kosovo zahlen.

In die Zellen im Kosovo sollen nur ausländische Straftäter verlegt werden, die in Dänemark verurteilt wurden. Nach Verbüßung ihrer Strafe sollen sie abgeschoben werden.

Der Direktor der Strafvollzugsbehörde des Kosovo, Ismail Dibrani, erklärte, dass die aus Dänemark verlegten Häftlinge nach Abschluss der dänischen Investitionen die Möglichkeit haben würden, in neuen, eigens errichteten Werkstätten zu arbeiten.

Die Entscheidung, die Häftlinge in das Kosovo-Gefängnis zu verlegen, hat bei der UNO und Menschenrechtsorganisationen Bedenken hervorgerufen.

"Es hat in der Vergangenheit glaubwürdige Anschuldigungen über Misshandlungen gegeben. Das bedeutet nicht, dass dies (im Kosovo) geschehen wird, aber es besteht definitiv ein höheres Risiko als in einem dänischen Gefängnis", sagte Therese Rytter, die juristische Leiterin der dänischen Menschenrechtsgruppe Dignity.

Das US-Außenministerium stellte in einem Bericht aus dem Jahr 2023 fest, dass die kosovarischen Gefängnisse zwar einige internationale Standards erfüllten, dass aber Gewalt unter den Gefangenen, Korruption und die unzureichende Behandlung von Insassen mit geistigen Behinderungen anhaltende Probleme darstellten.

Der UN-Ausschuss gegen Folter erklärte in einem Bericht aus demselben Jahr, er sei besorgt über den Zugang der Häftlinge zu medizinischer Versorgung und Familienbesuchen.

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Das Abkommen zwischen Dänemark und dem Kosovo ähnelt einem im vergangenen Jahr zwischen Albanien und dem Vereinigten Königreich unterzeichneten Abkommen, in dem Hunderte von albanischen Gefangenen in die Gefängnisse ihres Heimatlandes überstellt wurden, als Gegenleistung für die britische Unterstützung bei der Modernisierung des albanischen Gefängnissystems.