DAK-Studie: Pflegeheim wird zunehmend zur "Armutsfalle"

Das Pflegeheim entwickelt sich einer DAK-Studie zufolge durch die massiv gestiegenen Kosten in der stationären Versorgung zur "Armutsfalle". Die Belastung der Pflegebedürftigen erreicht trotz der jüngsten Reformschritte bereits in diesem Jahr ein neues Rekordniveau, wie die am Dienstag veröffentlichte Studie ergab. Bis 2026 sei ein Anstieg der Sozialhilfequote in Heimen auf 36 Prozent zu erwarten. Der Sozialverband VdK forderte angesichts dessen dringend weitere Entlastungen für die Pflege zu Hause.

Wie Berechnungen des Bremer Gesundheitsökonomen Heinz Rothgang im Auftrag der Krankenkasse DAK-Gesundheit ergaben, wird der Anteil der Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner, die Sozialhilfe in Anspruch nehmen müssen, bereits im Laufe dieses Jahres wieder auf ein Drittel anwachsen - und das trotz deutlich gestiegener Alterseinkünfte.

Der Vorstandsvorsitzende der DAK-Gesundheit, Andreas Storm, forderte, die Sozialhilfequote in Pflegeheimen auf unter 30 Prozent zu begrenzen. Es gehe um einen "fairen Finanzierungsmix aus Steuern und Beiträgen", um den Finanzbedarf von 14 Milliarden Euro für eine umfassende Pflegereform zu decken. Es müsse, "wie im Koalitionsvertrag angekündigt, dringend geprüft werden, wie die kontinuierlich steigenden Eigenanteile weiter gesenkt werden können".

Einzelne Reformmaßnahmen wie die Einführung von gestaffelten Leistungszuschlägen und das Wohngeld-Plus-Gesetz hätten die finanzielle Belastung der Pflegebedürftigen etwas vermindern können. "Diese Schritte waren wichtig. Sie sind aber nicht ausreichend, um die Kosten durch die enormen Preissteigerungen sowie das Tariftreuegesetz wirksam zu begrenzen", betonte Storm.

Vor Umsetzung der verschiedenen Reformregelungen seit Anfang 2022 erreichte die Quote der Eigenanteile mit 36,8 Prozent ihren höchsten Wert seit Einführung der Pflegeversicherung. Im vergangenen Jahr konnte er den Angaben zufolge durch die Einführung der Leistungszuschläge auf rund 30,5 Prozent reduziert werden. Aber bereits in diesem Jahr werde die Sozialhilfequote trotz einer Rentensteigerung von mehr als sechs Prozent wieder auf 32,5 Prozent ansteigen, bis 2026 dann auf 36 Prozent.

Damit hatten die Reformelemente "nur einen begrenzten, vor allem aber nur einen temporären Effekt", betonte Rothgang. Der Gesundheitsexperte verwies zugleich darauf, dass sich ohne die bisherigen Reformschritte die pflegebedingten Eigenanteile bis 2026 nicht nur verdoppeln, sondern verdreifachen würden. Die Sozialhilfequote läge dann bei 46,4 Prozent.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband forderte einen Ausbau der Pflegeversicherung zu einer Pflegevollversicherung. Diese solle für alle pflegebedingten Kosten aufkommen, Pflegebedürftigen dürften ausschließlich Unterkunft und Verpflegung in Rechnung gestellt werden, erklärte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider.

Der Sozialverband VdK forderte Vorrang für die Pflege von Angehörigen zu Hause. Diese müsse "absolute Priorität auf der politischen Agenda haben", sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ, Mittwochsausgabe). 80 Prozent der über fünf Millionen Pflegebedürftigen würden zu Hause versorgt. "Wir brauchen dringend Hilfe für die Pflege in den eigenen vier Wänden in Form von Hauswirtschaft und Betreuung."

Grünen-Fraktionsvize Maria Klein-Schmeink nannte es "höchste Zeit, die im Koalitionsvertrag vereinbarten Schritte zur Dynamisierung der Leistungen in der Pflege zu gehen, um die häusliche Pflege zu stabilisieren". Pflegende Angehörige könnten sich infolge der Inflation immer weniger professionelle Hilfe leisten, das Pflegegeld sei immer weniger wert.

Die Stiftung Patientenschutz sieht einen "Kosten-Tsunami in der Altenpflege". Stiftungsvorstand Eugen Brysch forderte in der "NOZ" für jeden Betroffenen ab sofort 300 Euro monatlich mehr sowie einen Inflationsausgleich bei den Pflegeleistungen.

cha/mt