Daniel offenbart - 35 Affären in 15 Ehe-Jahren: „Ein schlechtes Gewissen hatte ich nie“

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Eine Affäre wird in monogamen Beziehungen oft als rotes Tuch und schwerwiegender Vertrauensbruch angesehen. Dennoch ist ein Seitensprung keine Seltenheit. Doch wie kommt es überhaupt zu so etwas? Und welche Warnzeichen gibt es? Drei Personen teilen ihre Erfahrungen.

Mehr als jede vierte Frau (26 Prozent) und beinahe jeder vierte Mann (23,9 Prozent) in Deutschland bekennen sich laut einer Playboy-Umfrage zur Untreue in der Partnerschaft. Doch noch immer gilt Fremdgehen als moralischer Fehltritt. Kommt er ans Licht, ist er zudem häufig ein Trennungsgrund. Aber warum gehen dann so viele Menschen dieses Risiko für eine, vielleicht sogar unbedeutende, Affäre ein?

Warum Menschen ihren Partnern fremd gehen

Nicht nur ein anderer Mensch würde verführen, sondern „das Kribbeln der Grenzüberschreitung“, schreibt die amerikanische Paartherapeutin Esther Perel laut „ Neue Zürcher Zeitung “ (NZZ). Sie hat das Buch „Was Liebe aushält – Untreue überdenken“ geschrieben.

Affären würden Türen in andere Welten öffnen, in denen der beige Alltag plötzlich wieder verheißungsvoll bunt schillere. „Betrügerische Liebe spielt sich in einem eigenen Universum ab, das vom Rest der Welt abgeschnitten ist.“ Eben das mache den Reiz aus. Denn: Nur solange sie nicht ans grelle Tageslicht gezerrt würden, werde der Zauber gewahrt, betont Perel.

Daneben würden aber immer auch individuelle Faktoren eine wichtige Rolle spielen. Das zeigen auch drei Fallbeispiele.

Magdalene, 46 Jahre alt: „Eine Affäre empfehle ich allen, besonders Frauen“

„Ich heiratete jung, war noch nicht lange in Zürich und hatte kaum Kontakte“, berichtet Magdalene (Name geändert) der NZZ. „Die meiste Zeit war ich allein zu Hause mit unserem Baby, während mein Mann voll arbeitete. Damals schlief das Baby sehr schlecht, ich war ständig erschöpft. Wir stritten viel, ich fühlte mich von meinem Ehemann als Frau nicht mehr wertgeschätzt.“

Sie sei immer einsamer geworden. „Ich begann, auf Plattformen Inserate zu lesen von Männern, die Frauen suchten. Ziemlich bald verabredete ich mich tagsüber mit einem, den ich beim Chatten spannend fand. Ich organisierte einen Babysitter. Als es zwischen uns funkte, trafen wir uns für Sex in einem Hotel. Er war auch verheiratet.“

Magdalene fand Gefallen an den Affären. „Bald merkte ich, dass ich auswärts holen konnte, was mir in der Ehe fehlte. Da war es um mich geschehen, ich wollte mehr und holte es mir in den darauffolgenden zehn Jahren.“

Niemand hätte davon gewusst, nicht einmal ihre beste Freundin. „Klar hatte ich ein schlechtes Gewissen deswegen, aber überwiegend war der Genuss. Es tat gut, zu merken, dass mein Körper nach der Schwangerschaft noch begehrt war. Im Bett mit diesen Männern fühlte ich mich wieder attraktiv, lernte meinen Körper kennen, lernte, was er mag.“

Zwar hatte sie auch noch Sex mit ihrem Ehemann, aber die emotionale Nähe fehlte – „auch die fand ich außerhalb, verliebte mich fremd.“ Sie trennte sich von ihm. Heute sagt sie: „Selbst wenn die Affären nicht der Grund für meine Trennung von meinem Mann waren, sie spielten eine Rolle. Weil sie der Beweis waren, dass ich bekommen kann, was ich mir wünsche. Indem ich mich über Normen hinwegsetzte, die mir als Mädchen eingetrichtert worden waren, habe ich mich zu einer selbstbewussteren Version meiner selbst entwickelt.“

Abschließend sagt sie: „Es mag unmoralisch klingen, aber eine Affäre empfehle ich allen, besonders Frauen.“

Daniel, 49 Jahre alt: „Während 15 Jahren meiner Ehe traf ich 35 Frauen, mal für eine Nacht, mal über Monate“

„Das erste Mal fremdgegangen bin ich, als unser erstes Kind ein Jahr alt war“, berichtet der 49-jährige Daniel (Name geändert) der Schweizer Zeitung. „Mir fehlte zuerst der Sex mit meiner Frau, irgendwann die emotionale Nähe.“ Er hätte es auch kommuniziert, aber sie hätte auf den Stress mit Baby, Haushalt, Job verwiesen. „Das war’s dann. Tiefe Gespräche waren leider nie unsere Stärke. So erstellte ich auf Tinder ein Profil, lernte gleichgesinnte Frauen kennen.“

In 15 Ehe-Jahren hätte er 35 Frauen getroffen – „mal für eine Nacht, mal über Monate“. Er meint: „Es ging nicht allein um Geschlechtsverkehr, sonst hätte ich ja auch ins Puff gehen können. Der Reiz war die Zeit davor und danach, die Gespräche, das Kuscheln.“

Ein schlechtes Gewissen hatte er nie. „Die Liebschaften fanden in einer Parallelwelt statt, das war ein hilfreiches Mindset. Fuhr ich zu meinen Affären, wurde ich im Auto vom Familienvater zu diesem anderen Mann, der seine Frau betrügt. Dank diesem Kniff hatte ich nie ein schlechtes Gewissen.“ Zuhause sei er „ein guter Vater“ gewesen. „Ich war ausgeglichener. Ich hatte ja alles: Sex, emotionale Nähe, meine Familie. Dadurch konnte ich ein guter Vater sein, ja vielleicht sogar ein besserer Mensch.“

Seine Frau hätte von seinem Doppelleben nichts bemerkt, dennoch trennten sich die beiden, als die Kinder im Teenageralter waren. Heute ist er mit seiner „längsten Affäre“ liiert. Auch sie war damals vergeben. „Natürlich wissen wir beide genau, worauf wir uns einlassen. Zwar können wir einander nie zu hundert Prozent vertrauen – wissen aber, was der andere braucht, damit es spannend bleibt.“

Johnny, 57 Jahre alt: „Damals hatte ich eine Affäre mit einer jungen verheirateten Mutter“

„Als ich mit 50 zweimal kurz nacheinander arbeitslos wurde, schlitterte ich in eine Midlife-Crisis“, berichtet er. „Plötzlich konnte ich mir im Job keine Bestätigung mehr holen. Mit meiner Frau, mit der ich über zwanzig Jahre verheiratet bin, komme ich gut zurecht, wir haben sogar noch Sex – aber irgendwie prickelt alles nicht mehr so.“

Deshalb suche er seit einem Jahr auf Fremdgehportalen anonym nach Affären. „Ich treffe mich mit Frauen in Bars oder auf Parkplätzen. Es geht mir nicht nur um Sex, sondern um Begegnungen. So wie mit dreißig, als ich als Single ständig neue Frauen kennenlernte. Damals hatte ich eine Affäre mit einer jungen verheirateten Mutter.“

Die Ansprüche an Affären seien tiefer, sagt er. Auch heute noch suche er bevorzugt Frauen, die liiert sind – „das ist weniger riskant“. Denn: „Ich bin mir bewusst, dass Fremdgehen falsch ist. Wenn meine Frau davon erfährt, wird sie zuerst Dinge nach mir werfen und dann die Scheidung einreichen. Mit meinem Verhalten riskiere ich, alles zu verlieren: meine Frau, meine Ehe, die Eigentumswohnung. Aber ich kann nicht anders – ich renne für ein paar Adrenalinkicks mit offenen Augen ins Verderben.“

Die 4 apokalyptischen Reiter einer Paarbeziehung

Neben einer Affäre gibt es noch weitere Warnzeichen, dass etwas in einer Beziehung schiefläuft und sich sogar eine Trennung anbahnt. Bekannt sind die vom US-amerikanischen Paarpsychologen John Gottman definierten „vier apokalyptischen Reiter der Paarbeziehung“:

Kritik: Hier ist nicht gemeint, den Partner auch mal zu kritisieren beziehungsweise sich über etwas zu beschweren. Hier geht es um eine Kritik ad hominem also einen Angriff auf den Kern des Charakters.

Beispiel: „Du denkst nie darüber nach, wie sich dein Verhalten auf andere Menschen auswirkt. Ich glaube nicht, dass du so vergesslich bist, du bist einfach nur egoistisch. Du denkst nie an andere! Du denkst nie an mich!“

Verachtung: Das ist noch eine Nummer härter, wenn nämlich einer den anderen regelrecht herabwürdigt beziehungsweise sich selbst moralisch überlegen fühlt. Das zeigt sich in sehr abfälligen Worten, aber auch in Körpersprache wie Augenrollen. Der Partner wird beschimpft, imitiert, verspottet.

Beispiel: „Du bist müde? Ich war den ganzen Tag bei den Kindern, bin wie verrückt herumgerannt und habe mich um alles gekümmert. Alles, was du tust, wenn du nach Hause kommst, ist, dich auf das Sofa zu legen und diese idiotischen Videospiele zu spielen. Ich habe keine Zeit, mich um ein weiteres Kind zu kümmern. Könntest du noch erbärmlicher sein?“

Gottman warnt: „Verachtung ist der wichtigste Prädiktor für eine Scheidung. Sie muss beseitigt werden.“

Abwehrhaltung: Die eigene Reaktion in Schutz nehmen, weil sie angeblich ja nur die Antwort auf das schlechte Verhalten des Partners ist.

Beispiel: „Nein ich habe den Kinderarzt nicht angerufen. Ich war heute einfach zu beschäftigt. Du weißt ja, wie voll mein Terminkalender ist. Warum hast du es nicht einfach gemacht?“

Mauern: Es ist normal, sich in einer Beziehung auch mal zurückzuziehen und seine Ruhe zu brauchen. Hier ist allerdings gemeint, dass sich ein Partner abschottet, abkapselt, beschäftigt tut oder ein zwanghaftes, ablenkendes Verhalten an den Tag legt.

Beispiel: Ein Problem wird angesprochen und der Partner reagiert mit „Dafür habe ich keine Zeit“, verlässt den Raum und spricht nie wieder darüber.

Gegenmittel zu den 4 apokalyptischen Reitern

Doch nicht das Auftreten von Konflikten entscheidet über den Erfolg beziehungsweise das Scheitern einer Beziehung. Ebenso wichtig ist die Art und Weise, wie sie bewältigt werden. Beziehungen können durch Krisen auch wachsen, betonen Experten. In einem ersten Schritt ist es deshalb essentiell, die vier Reiter zu erkennen, in einem zweiten Schritt sollten Sie gegensteuern, betont Gottman.

Sanfter Anstoß statt Kritik: Formulieren Sie Ich-Botschaften und drücken Sie positive Bedürfnisse aus. Beispiel: „Ich fühle mich total ausgelaugt von dem langen Arbeitstag. Könntest du den Anruf beim Kinderarzt übernehmen, das würde mir sehr helfen.“

Wertschätzung statt Verachtung: Schaffen Sie eine wertschätzende Atmosphäre. Erinnern Sie sich an die positiven Qualitäten Ihres Partners und zeigen Sie Dankbarkeit. Beispiel: Im ganzen Stress hat der Partner daran gedacht, den Einkauf zu übernehmen, aber ihr Lieblings-Eis vergessen. Dann lieber für den Einkauf bedanken und nicht Rumnörgeln, weil etwas fehlt.

Verantwortung statt Abwehrhaltung : Die Perspektive des Partners akzeptieren und auch eine Entschuldigung anbieten für eigenes Fehlverhalten. Beispiel: „Sorry ich vergaß, dort anzurufen. Ich hätte dich heute Morgen bitten sollen, weil ich wusste, wie vollgepackt mein Tag ist. Mein Fehler, ich rufe gleich an.“

Kurze Auszeit statt Mauern: Wenn Sie das Gefühl haben, während eines Konflikts zu mauern, um eine kurze Pause bitten. Nehmen Sie sich etwa 20 Minuten Zeit, um etwas alleine zu tun, das Sie beruhigt, zum Beispiel Lesen oder Spazierengehen. Kehren Sie dann zum Gespräch zurück.