„Dann bin ich der Hüter der Verfassung“ - Ein Oberbürgermeister kann der AfD in Sachsen zur Sperrminorität verhelfen
In Sachsen plant Matthias Berger, einziger Vertreter der Freien Wähler im Landtag, eine CDU-Minderheitsregierung zu unterstützen, die von der AfD toleriert wird. Andererseits könnte er die fehlende Stimme zur Sperrminorität für die AfD werden.
In Sachsen könnte Matthias Berger, seit 2008 Oberbürgermeister der Stadt Grimma, zu einem entscheidenden politischen Faktor werden. Er holte als Direktkandidat bei den Landtagswahlen das einzige Mandat für die Freien Wähler.
Laut einem Bericht des „Spiegel“ bevorzuge Berger eine Minderheitsregierung der CDU unter Ministerpräsident Michael Kretschmer mit ihm. Diese könnte dann auch von der AfD toleriert werden. Dazu soll er bereits Gespräche führen. Dabei will er eine Regierungsbeteiligung des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) vermeiden. 2001 kandidierte der parteilose Berger als Wahlvorschlag der CDU als Bürgermeister von Grimma.
Parteipolitik? Berger:"War schon immer egal, wie Leute abgestimmt haben"
Besonders pikant: Berger könnte zum Zünglein an der Waage werden, wenn es um die Sperrminorität der AfD geht. Der rechtsextremen Partei fehlt dazu genau eine Stimme. Darauf angesprochen betont Berger, dass er dies je nach Fall abhängig machen würde, ausschließen wolle er aber nichts. „Dann bin ich halt der Hüter der Verfassung, wenn es im Zweifel auf meine Stimme ankommt."
Berger selbst betont, dass es ihm um die Sache und nicht um Parteipolitik gehe. „Dieses ganze AfD-Bashing ist schlechter Stil. Mir war schon immer egal, wie die Leute rechts oder links von mir abgestimmt haben, weil es um die Sache geht“, so Berger. 2019 ließ er zum Beispiel eine Veranstaltung mit Björn Höcke (AfD) im Rathaus von Grimma zu.
Als Oberbürgermeister der Stadt Grimma sei Berger die Zusammenarbeit mit der AfD gewohnt und könnte sich dies auch auf Landesebene vorstellen. „Wenn ein guter Vorschlag von der AfD kommt, bleibt es ein guter Vorschlag“, sagt Berger dem „Spiegel“.
Freie Wähler verbieten Kooperation mit AfD - Berger hält sich alles offen
Die Freien Wähler dagegen haben sich auf ihrem Parteitag klar positioniert und jegliche Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen. „Wenn er annimmt und uns im Landtag vertreten will, dann muss er die Regeln unserer Partei akzeptieren“, sagte Parteichef Hubert Aiwanger zuletzt und drohte Berger mit Sanktionen.
Berger kontert jedoch, dass er gar nicht Mitglied der Partei sei, daher auch nicht sanktioniert werden könne. „Ich lasse mir nichts vorschreiben“, so Berge.
Ob Berger tatsächlich sein Mandat im Landtag annehmen und seine Pläne umsetzen wird, bleibt unklar. Er wolle diese Entscheidung erst treffen, wenn das Endergebnis der Wahl feststehe. Sollte Berger sich zurückziehen, würde der Freie-Wähler-Landesvorsitzende Thomas Weidinger nachrücken.