"Darf man das nicht sagen?" - Lanz-Runde lacht über Grünen-Frau, die findet's "gar nicht lustig"

Katrin Göring-Eckardt hatte zwischenzeitlich bei "Markus Lanz" einen schweren Stand. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)
Katrin Göring-Eckardt hatte zwischenzeitlich bei "Markus Lanz" einen schweren Stand. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Peinlich oder doch ganz schön klug? Die Haltung der deutschen Bundesregierung mit dem Haftbefehl gegenüber Freund Benjamin Netanyahu ist vor allem eines: kompliziert. Um richtige Worte rang Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt bei "Markus Lanz" aber nicht nur beim Umgang mit Israel.

"Peinlich!" Der Rechtswissenschaftler Kai Ambos fand am Donnerstagabend bei Markus Lanz klare Worte für den Auftritt der Bundesregierung, die angesichts der IStGH-Entscheidung gegen Israels Premier Netanyahu und Ex-Verteidigungsminister Galant "herumlavieren" würde. Man hätte sich darauf vorbereiten und entscheiden können, wie man bei einem Haftbefehl gegen einen Freund Deutschlands vorgehen würde. Denn: "Aus Sicht des Völkerrechts war das keine Überraschung." Die Rechtslage wäre ohnehin eindeutig: "Man müsste ihn festnehmen", erklärte der Experte.

Robin Alexander hielte das für fatal. "Dass wir den israelischen Ministerpräsidenten verhaften, wäre eine Schlagzeile", warnte der "Welt"-Journalist vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte im Nationalsozialismus. Er halte es für ein "Zeichen ihrer Klugheit", dass sich die deutsche Bundesregierung und allen voran die grüne Außenministerin Annalena Baerbock abwägend verhalte.

Man habe in Bezug auf Israel eine "besonders verantwortungsvolle Position", ergänzte Baerbocks Parteikollegin Katrin Göring-Eckardt. Außerdem gäbe es die Möglichkeit, dass Israel als Rechtsstaat selbst ein Verfahren anstrebte - und Deutschland somit keine Entscheidung treffen müsste.

Markus Lanz (links) sprach mit seinen Gästen über Israel, die Grünen und die prekäre Lage deutscher Kommunen. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)
Markus Lanz (links) sprach mit seinen Gästen über Israel, die Grünen und die prekäre Lage deutscher Kommunen. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

"Haben Sie gerade Bad Hair Day gesagt?"

So glimpflich kam die Grünen-Politikerin im weiteren Verlauf der Sendung nicht davon. Denn im zweiten Teil stand ihre Partei gehörig unter Beschuss. "Jetzt wird es richtig angenehm für Sie", machte Moderator Lanz keinen Hehl aus seinen Absichten und spöttelte: "Totale Harmonie bei den Grünen. Was ist da los?"

"Tut mir leid, also jetzt für Sie und die Sendung", witzelte die Bundestagsvizepräsidentin. "Auch für Herrn Alexander ist das schlecht", stieg Lanz auf das Geplänkel ein, wurde dann aber gleich ernst: "Schön, dass Sie sich nicht streiten. Es wurde schon genug gestritten..."

"Aber nicht untereinander", unterbrach ihn Göring-Eckardt, und angesprochen auf die "freiwilligen Rücktritte" der Parteivorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour meinte sie: "Das war nicht Streit, das kann man nicht so sagen." Mehr hatte es nicht gebraucht: "War das Erpressung", wurde es Lanz jetzt sichtlich zu bunt, "war das: Ich mache dir ein Angebot - das kenne ich aus Sizilien. Was war das?"

Die Politikerin fand "das gar nicht so lustig." Der Rest der Runde dafür umso mehr. Die beiden hätten Konsequenzen aus Wahlniederlagen gezogen, argumentierte Göring-Eckardt weiter. Die Grünen wollten aus dieser Falle entkommen, schließlich "waren wir zum Schluss auch schuld daran, wenn jemand einen Bad Hair Day hatte."

"Haben Sie gerade Bad Hair Day gesagt?", zeigte auch Alexander sein komödiantisches Talent. "Darf man das nicht sagen?", konterte Göring-Eckardt gespielt naiv. "Es war diskriminierend gegen Resthaarverwaltern wie Herrn Alexander", mischte sich Lanz wieder ein. Und der antwortete sarkastisch: "Es ist heute nicht mein Tag ..."

"Es ist heute nicht mein Tag ...", befand "Resthaarverwalter" Robin Alexander in einem komödiantisch geprägten Moment der Sendung. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)
"Es ist heute nicht mein Tag ...", befand "Resthaarverwalter" Robin Alexander in einem komödiantisch geprägten Moment der Sendung. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Frankfurter OB geht auf Bundespolitik los: "Ich habe nicht das Gefühl, es geht ums Land"

Auch Göring-Eckardt hatte vermutlich schon einmal bessere Tage. "Die Ostdeutschen haben eine Infragestellung ihres Lebens und Lebensentwurfs schon mal erlebt", berichtete der parteilose Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder) René Wilke, "und was die Grünen sagen, kommt ähnlich daher."

Lanz war das offensichtlich "zu wolkig", hatte er sich vom Zusammentreffen zwischen dem Kommunal-Politiker und der Grünen Bundestagsvizepräsidentin viel erhofft. Vor allem viel Kritik zur Ampelregierung im Allgemeinen und den Grünen im Besonderen. Er musste nicht allzu lange warten: Neben dem Mindern der Glaubwürdigkeit und fehlender Sicherheit, "wurden auf faktischer Ebene viele Entscheidungen getroffen, die wir bald im Land schmerzhaft zu spüren bekommen", kritisierte Wilke. Kosten für Bürgergeld, Hilfszahlungen oder die Asyl-Unterkünfte würden an den Kommunen hängenbleiben, denen dann wiederum finanzielle Mittel für Infrastruktur fehlten.

120 Millionen Euro bräuchte er allein in seiner Stadt für Sanierungs- und Baumaßnahmen, er hätte gerade einmal vier Millionen: "Wenn die Kommunen ächzen, dann wird nichts umgesetzt, was Länder und Bund wollen", warnte der OB. Es müssten außerdem eine Reihe von Gesetzesvorhaben und Beschlüsse passieren, beispielsweise der Nachtragshaushalt - seit dem Zerfall der Ampelregierung wäre aber alles blockiert. "Ich habe nicht das Gefühl, es geht ums Land, sondern nur darum, Punkte zu machen", witterte er Wahlkampf von allen Seiten.

"Wenn die Kommunen ächzen, dann wird nichts umgesetzt, was Länder und Bund wollen", warnte der Bürgermeister von Frankfurt (Oder), René Wilke. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)
"Wenn die Kommunen ächzen, dann wird nichts umgesetzt, was Länder und Bund wollen", warnte der Bürgermeister von Frankfurt (Oder), René Wilke. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

"Damit kann Robert Habeck nicht einmal mit der SPD regieren"

Und eines der großen Themen in diesem Wahlkampf ist die Migrationspolitik.

"Es wäre unsinnig anzunehmen, man löste das Thema, wenn man Leute an der Grenze zurückschickt", berief sich Göring-Eckardt auf Angela Merkel. Vielmehr müsste man sich darauf einstellen, dass Menschen hierherkommen und sie dann so schnell wie möglich in Schulen und zu Arbeitsplätzen vermitteln, damit "sie nicht ewig in Lagern bleiben, und dann ein gesellschaftlicher Sprengstoff entsteht". Und dafür müssten Kommunen das "Geld bekommen, damit sie Infrastruktur zur Verfügung stellen".

Mit der Lösung konnte Lanz wenig anfangen: "Die wachsen nicht auf dem Boden, die Erzieherinnen, die Wohnungen wachsen nicht aus dem Boden ..." Noch harscher kritisierte Alexander die Politikerin: "Das, was Sie migrationspolitisch am Parteitag beschlossen haben, damit kann Robert Habeck nicht einmal mit der SPD regieren", redete er sich in Rage, "es ist ein Problem, was Sie innerparteilich in den Griff kriegen müssen, weil Sie die ganze Mitte unter Druck setzen mit dieser zögerlichen Haltung."

Diese politische Mitte müsste Lösungen bereitstellen, forderte Alexander. Während "links und rechts bei der Migrationspolitik sehr laut sind, sind sie bei Wirtschaftsthemen leise". In Letzterem sieht er den wahlentscheidenden Bereich: Glaubt man den Grünen sowie der SPD, dass die Transformation in Richtung Klimaschutz einen Wirtschaftsboom auslöst? Oder hält man es mit Friedrich Merz, der durch Wachstum die notwendigen Mittel für diese Transformation generieren möchte? "Es sind zwei unterschiedliche Konzepte und jeder kann sich eines aussuchen", lautete sein Fazit eines wahrlich intensiven Abends.