Darts-Spielerin Lisa Ashton: Ihr liegt die Darts-Welt zu Füßen

Lisa Ashton scheiterte bei der Darts-Weltmeisterschaft in der ersten Runde. Gefeiert wurde sie trotzdem: Noch nie war eine Frau so kurz davor, einen Mann im Alexandra Palace zu besiegen.

Lisa Ashton begeisterte die Fans im Ally Pally. Bild: Getty Images
Lisa Ashton begeisterte die Fans im Ally Pally. Bild: Getty Images

Die große Diskussion, die die Weltmeisterschaft im Darts im Vorfeld prägte, war das Fehlen der Walk-On-Girls. Jener leicht bekleideten und vollbusigen Damen, die die meist leicht korpulenten und volltätowierten Darts-Stars beim Gang durch das Publikum auf die Bühne begleiteten. “Die Fraktion der politisch Korrekten und Liberalen ist groß”, schimpfte PDC-Boss Barry Hearn. “Es liegt nicht in meiner Macht.”

Eine Petition für den Erhalt der Walk-On-Girls, die wie Hazel O’Sullivan im Darts-Zirkus selbst kleine Stars sind, kam auf 50.000 Unterschriften. Geholfen hat alles nichts.

Überhaupt sind Frauen bei der diesjährigen WM nicht dazu da, um die Männer auf die Bühne zu bringen. Sondern um sie zu besiegen. Mit Frauen-Weltmeisterin Lisa Ashton, Spitzname The Lancashire Rose, und Anastasia Dobromyslova, From Russia With Love, hat der Weltverband erstmals in der WM-Geschichte zwei Frauen einen Platz im wichtigsten Dartsturnier der Welt reserviert. Erstere sorgte dann schon am Eröffnungstag für einen Höhepunkt.

“Glücklicherweise bin das nicht ich”

Unter den über die Verbannung der Walk-On-Girls Empörten waren nicht wenige, die die Männerbastion Darts fallen sahen. Oder das zumindest befürchteten, was auch so eine Debatte im Vorfeld war. Wobei mit Dobromyslova (2009) und Gayl King vor 17 Jahren schon zweimal Frauen an der Weltmeisterschaft teilnahmen, beide waren aber schon in der Qualifikationsrunde ausgeschieden.

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Als Ashton den Gang ans Oche antrat, mischten sich auch einige Pfeife unter den anfeuernden Jubel. Diese waren aber sehr bald nicht mehr zu hören, als der Alexandra Palace Ashton mit Gesängen feierte. Die 48-Jährige war zuvor noch nie im Ally Pally gewesen, als Engländerin hatte sie in London trotzdem so etwas wie ein Heimspiel.

Was half, war, dass Ashton ihren Gegner, den Niederländer Jan Dekker, im ersten Satz an die Wand spielte. 15 Darts brauchte sie für das erste Leg, 15 für das zweite, für das sie 110 auscheckte, zwölf für das Dritte – mit einem 121er-Finish machte sie Satz eins zu. 3:0! London eskalierte, der Druck lag plötzlich in Gänze bei ihrem Kontrahenten.

Und der wurde nervös. “Glücklicherweise bin das nicht ich”, twitterte Michael Smith, der Bully Boy ein bisschen schadenfroh aber auch erleichtert. Dekker fluchte und brüllte und feuerte sich lautstark an, am Ende mit Erfolg. Ashton konnte ihren 107er Average aus dem ersten Durchgang nicht halten, Dekker traf im weiteren Verlauf vor allen die Doppel sicher und gewann mit 3:1. “Das war hart”, schnaufte der Double Dekker, der laut eigener Aussage sehr angetan davon ist, die WM für Frauen zu öffnen. Weniger angetan ist er von der Idee, von einer geschlagen zu werden. “Niemand auf der Welt erwartet, dass ein Mann gegen eine Frau verliert.”

Anastasia Dobromyslova kann am Montag Geschichte schreiben

“Ich bin ein bisschen enttäuscht, aber auch glücklich”, sagte Ashton, deren Ehemann am Donnerstagabend im Publikum saß, deren Töchter Danielle und Lindsey ebenfalls schon bei der Frauen-WM Pfeile warfen: “Ich wollte zeigen, dass wir definitiv keine Angst vor den Männern haben.” Und tatsächlich war es eher anders herum. “Auf der Bühne sind beide nur Spieler. Trotzdem will ein Kerl nicht gegen eine Frau verlieren.”

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Auch wenn es am Ende relativ deutlich wurde: noch nie war eine Frau so nahe dran, bei einer Weltmeisterschaft der PDC einen Sieg zu erringen. Die nächste Chance, diese Geschichte zu schreiben, hat am Montag Anastasia Dobromyslova. Sie trifft auf Ryan Joyce, genannt Relentless, der Unbarmherzige.

“Das Ergebnis ist egal Lisa, du hast dich auf der Bühne selbst stolz gemacht”, huldigte am Ende des Abends der Bully Boy seiner Landsfrau. Das Ally Pally lag ihr ohnehin zu Füßen – und auch ihre Mission, “alle Ladies stolz zu machen” hatte Ashton geschafft. Das wirklich einzige, was an diesem Abend fehlte, waren nicht die Walk-On-Girls, sondern der Sieg.