Das gescheiterte NPD-Verbot ist ein Festtag für unsere Demokratie

Die NPD bleibt - und das ist gut so! (Bild: Jens Büttner/dpa)
Die NPD bleibt – und das ist gut so! (Bild: Jens Büttner/dpa)

Das Bundesverfassungsgericht weist den Verbotsantrag gegen die rechtsextreme NPD zurück. Die Argumente überzeugen und stärken unsere wehrhafte Grundordnung.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Im Nahen Osten gibt es nach Konflikten ein verlogenes Ritual: „Kein Sieger, keine Besiegten“ heißt es dann, obwohl natürlich immer einer mit blutiger Nase in der Ecke steht. Das heutige Urteil des Bundesverfassungsgericht dagegen schafft genau dieses Kunststück: Es gibt nur Sieger, und keine Besiegten.

Mit fester Stimme und souverän hat Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle die Argumente dafür vorgebracht, warum die NPD nicht verboten wird. Zwar hätten die Richter einstimmig die Auffassung gehabt, dass die NPD verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, es aber am Gewicht fehle, dass ihr Handeln zum Erfolg führt. Notwendig hierfür sei die Überschreitung einer Schwelle zur Bekämpfung der Grundordnung – ein „planvolles Vorgehen“. Anhaltspunkte für eine künftige Veränderung der NPD-Chancen auf einen Erfolg „liegen nicht vor“.

Damit hat sich unsere Gesellschaftsordnung als stark, wehrhaft und souverän erwiesen.

Die Richter schauten genau hin

Keine Frage, die NPD ist die geistige Nachfolgerin der NSDAP unter Adolf Hitler. Sie steht in der Tradition antidemokratischer Politik und der Verhöhnung jeder Menschlichkeit. Sie ist eine Partei menschlicher Loser. Aber ein Verbot wäre falsch gewesen.

Eine Demokratie zeigt ihre Stärke, wenn sie nicht allzu schnell zu den Waffen greift. Die NPD ist schwach und wird schwach bleiben. Dies ist eine grundsätzliche Bestandsaufnahme.

Lesen Sie hier alles zu den Hintergründen des Urteils

Grundsätzlich ist es auch zu begrüßen, dass das oberste Gericht diese Partei gründlich untersucht hat. Die NPD ist ein schlimmes Wesen. Und es ist auch gut, dass keine strategischen oder zeitgebundenen Motive beim Urteil eine Rolle gespielt haben. Die Antragsteller, eben die Bundesländer, stehen nun nicht wie begossene Pudel da. Ihnen ist zu verdanken, dass die NPD gründlich analysiert worden ist und in der Öffentlichkeit als das dasteht, was sie ist: eine gute Adresse für Menschen mit Hassproblemen. Wer sie wählt, leistet einen moralischen Insolvenzantrag.

Dass die NPD nun nach dem gescheiterten Verbot sich als Siegerin feiert und kurzfristig möglicherweise an Zustimmung gewinnt, ist taktischer Natur. Doch Taktik zählt heute nicht, sondern nur Grundsätzliches. Die NPD wird mikroskopisch klein bleiben.

Weglegen geht nicht

Was wäre bei einem Verbot passiert? Die Anhänger würden weiterziehen, die Gemäßigten zur AfD und die noch Fanatischeren würden eine neue Partei gründen, so ist es in Deutschland seit Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Ende der NSDAP schon mehrmals passiert. Ein Verbot würde nichts am Umstand ändern, dass es im Land der Demokratie misstrauende und auf Hierarchien setzende Menschen gibt – insofern sie auf andere Menschen herab spucken und sich dabei toll finden können. Es gab sie und es wird sie weiterhin geben. Mit ihnen gilt es sich auseinanderzusetzen, mit dem von der Demokratie gebotenen Respekt und auf Augenhöhe. Und dazu gehört das Recht, sich in einer Partei zu organisieren.

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Laut Umfragen hat es eine Mehrheit in Deutschland gegeben, die sich für ein Verbot der NPD ausspricht. Es wäre ja auch zu schön: Wer nervt, kommt weg. Funktioniert bloß nicht. Probleme können nicht weg dekretiert werden, man muss sie lösen. Sich an sie heran machen.