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Das große Frühlingserwachen

Der Frühling kommt - und mit ihm ein Aufbruch bei Menschen, Tieren und Pflanzen. Foto: Ralf Hirschberger

Wir lächeln häufiger und zeigen irgendwann mehr Haut. Das kann anregend sein - Frühlingsgefühle kommen auf. Nicht nur der Mensch macht sich auf die Socken, sobald das Licht heller und der Tag länger wird. Auch Pflanzen und Tiere erwachen.

MENSCHEN: «Das Entscheidende ist das Licht. Die Tage werden länger, die Nächte kürzer», sagt der Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (Hormon-Lehre), Helmut Schatz. Das Licht unterdrücke das Schlafhormon Melatonin. Die Menge verringere sich, wenn die Nächte kürzer würden. «Dadurch allein sind Sie schon frischer.» Die Menge des Glückshormons Serotonin geht hoch, ebenso des Dopamins, das das Herz ankurbelt.

«Es sind nicht die Geschlechtshormone, die im Frühling das Turteln bewirken, sondern es ist ein ganzes Potpourri von Ursachen», erklärt Schatz. Hellere Farben, optische Reize, Gerüche. Wenn der Schnee schmelze und Erde vermodertes Gras freigebe, bemerke der Mensch das Neue und Frische - auch wenn die Maiglöckchen noch nicht da sind.

Bei einigen wenigen Zeitgenossen kann von Erwachen allerdings nicht die Rede sein: «Wenn Sie angeblich eine Frühjahrsmüdigkeit haben, kann das oft eine sogenannte larvierte, also verdeckte Depression sein», sagt Schatz. Im Einzelfall könnte es zwar durchaus eine solche Frühjahrsmüdigkeit geben - «aber nur für etwa eine Woche, eventuell infolge eines Melatonin-Überhanges noch aus der dunkleren Zeit».

TIERE: Ein verlässliches Zeichen für den nahenden Frühling ist das Vogelgezwitscher. Die ersten Störche sind wieder im Lande, Kraniche und Gänse sind sicht- und hörbar, wie Julian Heiermann, Zoologe beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu), erläutert. Tiere insgesamt würden jetzt aktiver - «um einen potenziellen Paarungspartner ausfindig zu machen, aber auch, um lästige Konkurrenten loszuwerden». Stichwort Revierkämpfe und Kabbeleien ums Weibchen.

Aber: «Nicht alle Wildtiere haben ihre Paarungszeit im Frühjahr.» Da diese Jahreszeit am günstigsten sei, um Junge zu bekommen, paarten sich manche Tiere etwa im Spätsommer. «Alle Tiere, die kleiner sind, die eine schnellere Entwicklungszeit haben für den Embryo, für den Fötus, die können es sich leisten, sich im zeitigen Frühjahr zu paaren.» So kommen Feldhasen und Vögel im Mai oder Juni zur Welt.

Wie beim Menschen ist die Tageslänge wichtig für das Erwachen. Die Aktivität von Insekten als wechselwarme Tiere werde «maßgeblich» von der Außentemperatur bestimmt, sagt Heiermann. Tiere, die sich im Winter verstecken, hätten zudem eine innere Uhr, etwa der Igel. «Bei denen ist es immer dunkel, egal, wie lang der Tag ist.» Wann es Zeit zum Aufwachen ist, steuern demnach bestimmte Stoffwechselvorgänge.

PFLANZEN: Schneeglöckchen und Krokus kennt wohl jeder. Früh dran im Jahr sind aber zum Beispiel auch das Frühlingshungerblümchen und der Dreifinger-Steinbrech, wie Thomas Janßen erläutert, er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Biologie der Humboldt-Universität in Berlin.

Einerseits sorgen Vorgänge im Inneren der Pflanze dafür, dass sich Blüten bilden. Auf der anderen Seite kommen Umwelteinflüsse wie Licht und Temperatur hinzu. «Viele Pflanzen benötigen eine gewisse Tageslänge, das heißt eine bestimmte Lichtintensität über einen gewissen Zeitraum pro Tag, um blühen zu können.» Das Frühjahr bietet dafür gute Voraussetzungen.

Schneeglöckchen und Krokus gehören zu den mehrjährigen Pflanzen und haben Janßen zufolge ganz besondere Eigenschaften: Sie bilden unter der Erde Speicherorgane, um Stoffe für das rasche Austreiben und die Bildung von Blüten bereitzustellen - daher sprießt diese Farbenpracht besonders früh im Jahr.