Das hier ist die wahre Rechnung von Frauke Petry

Jetzt diskutieren die Meinungsspalten in Deutschland über den Schießbefehl. Frauke Petry ist mit einem Bauerntrick ein Coup gelungen – was hat sie wirklich vor?

Ein Kommentar von Jan Rübel

AfD-Chefin Frauke Petry hat es geschafft. Bei ihrer „Google“-Namenssuche schob sich als erstes Beiwort monatelang „Ehemann“ nach vorn, doch den gibt es nicht mehr. Nun bringen die Algorithmen „Schießbefehl“ und „Schusswaffen“ mit der 39-Jährigen in Verbindung. Das sind tolle Grundlagen für eine Karriere in Deutschland.

In einem Interview sagte Petry eigentlich nichts neues. „Wir brauchen umfassende Kontrollen, damit nicht weiter so viele unregistrierte Flüchtlinge über Österreich einreisen können.“ Notfalls müssten Polizisten an der Grenze „auch von der Schusswaffe Gebrauch machen. So steht es im Gesetz“, sagte Petry. Und weiter: Kein Polizist wolle auf einen Flüchtling schießen. „Ich will das auch nicht. Aber zur Ultima Ratio gehört der Einsatz von Waffengewalt.“

Das Prinzip der AfD ist, die so genannte Ultima Ratio so oft in den Mund zu nehmen, dass sie eher als gewohnter Alltag daherkommt. Schon die AfD-Politiker Marcus Pretzell und Alexander Gauland sprachen von Grenzsicherung und Schusswaffengebrauch – im November 2015. Damals war die Empörung so groß wie sie schnell zu den Akten gelegt wurde. Das ist heute anders. Wir sind weiter.

Schneller, lauter, frecher

Das Prinzip der AfD verlangt ihr ab, immer eine Schippe draufzulegen. Im Jahrmarkt der Alarmierten und Besorgten muss die AfD die schrillste Bude aufstellen. Die Partei ist neu und Angst ihre Währung. Da muss man auffallen. Weil die Große Koalition sich nun verstärkt Gedanken über die Abweisung von Flüchtenden macht, Merkel am vergangenen Samstag vom „temporären Aufenthaltsstatus“ sprach, musste die AfD wieder mal. Und Petry als Frontfrau sprang.

Wirklich fatal ist, dass nun in Kommentaren und Analysen über Petrys Revolverworte diskutiert wird, als befände sich Deutschland in einem Strafrechtsseminar für angehende Bundespolizisten. Wer sich einlässt auf Petrys Sprüche und darüber sinniert, ob erst Warnschüsse in die Luft fallen sollten, wann eine Gefahr für Leib und Leben bestehe und ob dies auch in der Mittagspause für Grenzer geschehen dürfe – der geht den Rohlingen von der AfD auf den Leim.

Das Prinzip der AfD lautet, die deutsche Sprache zu verhunzen. Der politische Diskurs soll vergiftet werden, das Land sich in einem mentalen Bürgerkriegschaos wähnen. Das ist Halluzination und Delirium zugleich, aber Pretzell, Gauland, Petry und die allseits bereite Beatrix von Storch, die ihr argumentativ herbeieilte („Gegen Kinder ist der Schusswaffeneinsatz richtigerweise nicht zulässig. Frauen sind anders als Kinder verständig“) verordnen ihrem Land eine stete Fliegenpilzkur.

Gift ist Programm

Dem kann man sich entziehen. Aber am besten mit Argumenten, denn im Schreien hat es die AfD zur Meisterschaft gebracht. Jedenfalls jetzt nach dem Verfassungsschutz zu rufen – das ist feiger Unsinn; als ließe sich die Herausforderung durch die AfD wegdelegieren, auf ein paar Amtshuber und ihre Aktenordner, die sie dann anlegen würden. Zum einen könnte die AfD dann von Verschwörungen faseln. Und zum anderen wäre eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz ein willkommener Anlass für alle selbst erklärte Sauberfrauen und –männer, sich nicht auf Debatten mit der – nun offiziell kontaminierten – AfD einzulassen.

Was aber nicht übersehen werden darf: Wir alle tragen das Gift schon in uns. Und was die Grenzen und ihre „Sicherung“ angeht: Dafür wird es schon Gesetze geben.

Bildquelle: dpa

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