Demenz: In dieser Berliner Demenz-WG zählt nur der Augenblick

Der Krankheit den Schrecken nehmen: Pflegerin Salma kümmert sich liebevoll um die an Demenz erkrankte Marina

Berlin. "Wunderbar! Wunderbar! Wunderbar!", ruft Marina ein ums andere Mal und schickt ein breites Lachen aus. Auch ihre braunen Augen strahlen. Dabei hat die 72-Jährige diesen Blick, der nichts mehr hält. Als ob sie alles wüsste und nichts mehr versteht. Oder umgekehrt? Marinas volle, warme Stimme füllt für einen Augenblick den Raum mit sattem Klang. Durch die weit geöffneten Fenster des Wintergartens tasten ein paar Sonnenstrahlen über die grünen Blätter der Topfpflanzen hin zum riesigen Wohngemeinschaftstisch, an dem leicht zwölf Personen Platz finden, mitsamt Rollstuhl, wenn's sein muss.

Edith, Rosemarie, Jutta, Barbara, Ina und Zaga sitzen schon am Tisch. Inka, die Rastlose, dreht ihre Runden durch die langen Flure der Altbauwohnung. Unablässig vor sich hin summend trägt sie zwei, drei Bücher behutsam hierhin und dorthin, arrangiert sie auf Tischen, Fensterbänken oder auf den Kommoden in den Zimmern ihrer Mitbewohner. Wenn sie das nächste Mal vorbeikommt, räumt sie sie wieder an einen anderen Ort. "Die anderen Bewohner stört das nicht", sagt Pflegerin Michaela, die als Pflegefachkraft das Team leitet. "Manche brauchen durchaus einen Rückzugsraum, doch die Grenze zwischen meins und deins verschwimmt in diesem Stadium."

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Annehmen, was ist: Marina (l.) freut sich über Zuwendung, Mitbewohnerin Barbara sucht Ruhe. Die Pfleger müssen körperliche Zeichen deuten, einfühlsam und geduldig sein Anna Wendt

In ihrem früheren Leben war Inka Buchhändlerin. Jetzt geht die 75-Jährige in ihr gelebtes Leben zurück, Tag für Tag, Runde um Runde. Fremdartig, heiter, entrückt und zart wie ein Engel, dem der Schalk im Nacken sitzt, zieht sie ihre Kreise im vierten Stock auf 360 Qu...

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